Renault Kadjar im Fahrbericht
Mit dem Kadjar, der französischen Variante des Nissan Qashqai, will Renault ab Mitte Juni bei den SUVs mitmischen. Was der SUV kann, zeigt die erste Probefahrt.
Schick, sparsam und gut ausstaffiert – mit dem Kadjar erweitert Renault seine Marke im boomenden SUV-Segment und stellt dem kleinen Capture einen großen Bruder zur Seite, der kräftig punkten dürfte. Ob das wohl abgesprochen war? Wir fragen noch mal nach, aber kein Zweifel: 19.990 Euro kostet Renaults‘ kleiner SUV mindestens. Und der Plattformspender Nissan Qashqai. Ebenfalls 19.990 Euro. Beide motorisiert mit dem kleinen 1,2-Liter Turbobenziner.
Markenbrüder mit gleicher Technik und gleichem Preis. Was soll das? Als Unterscheidungkriterium bietet sich die Optik des 4.449 Millimeter langen Renault Kadjar an. Ohne jetzt zu viel über Design zu fabulieren, müssen wir zugeben, dass er sich erstaunlich stark von seinem sieben Zentimeter kürzeren Bruder absetzt. Besonders die steile Schnauze mit großem Rhombus und in den Scheinwerfern auslaufenden Chromlinien ist großes Kino. Auch das Heck mit seinen LED-Rückleuchten und markant geformter Klappe kann sich sehen lassen. Dass laut Renault über 90 Prozent der Außenhülle neu bzw. anders als beim Qashqai sind, klingt realistisch.
SUV mit frischer Optik und ordentlich Platz
Innen erfreut der Renault Kadjar mit virtuellen und scharf darstellenden Instrumenten, die sich vielfach einstellen lassen. Durchaus gelungen und wie die Optik ein gutes Mittel, um sich vom Nissan zu differenzieren. Das Cockpit selbst – im wohlgemerkt teuren Bose-Topmodell – wirkt hochwertig. Die typischen Eigenarten der verstreuten Tasten für Tempomat, Spurhalteassistent oder anderen Assistenten finden sich allerdings auch im Kadjar.
Ebenso an Bord: das neue R-Link 2-Infotainment, das sich der nur 1,6 Meter hohe Renault Kadjar aus dem neuen Espace stibitzt. Eine clevere Idee, denn das System arbeitet schnell, verständlich, beherrscht Wisch- und Scrollfunktionen und ist webfähig. Ebenfalls an Bord: jede Menge Assistenzssteme zum Spurhalten, Einparken, Notbremsen oder Verkehrszeichenerkennung. Nur ACC ist (noch) nicht zu haben.
Renault Kadjar in 10,1 Sekunden auf 100 km/h
Sowohl vorn wie hinten kommen auch Passagiere über 185 cm bequem unter – einzig größere Ablagen in den Türen fehlen. Das Ladevolumen des Renault Kadjar liegt auf Klassenniveau: 472 bis 1.478 Liter. Der Nissan nimmt mit 430 bis 1.585 Liter nur wenig mehr mit. Vom Qashqai erbt der Kadjar das clevere Ladebodensystem. So lassen sich die Elemente auch vertikal aufstellen – das hilft beim Fixieren von kleinen Gepäckstücken. Ebenfalls gelungen: die Gepäckraumabdeckung passt unter den Ladeboden.
Als Kraftquellen dienen zunächst die bekannten Downsizing-Aggregate von Renault. Ziemlich schwach auf der Brust: Die eingangs erwähnte günstigste Kadjar.Variante mit 1,2 Liter großem Turbobenziner. Der Vierzylinder leistet nominell zwar 130 PS, wirkt in der Realität aber zugeschnürt (0-100 km/h: 10,1 s). Immerhin: Er arbeitet leise und kultiviert. Erst nächstes Jahr dürfte ein Aggregat aus dem Hause Nissan mit rund 160 PS für mehr Fahrspaß bei den Benzinern sorgen.
Renault Kadjar verbraucht 3,8 l/100 km
Die stimmigeren Varianten sind da sicher die bekannten und ausgereiften Diesel. Schon der dCi 110 (ab 25.290 Euro) ist mit seinem Drehmoment von 260 Nm deutlich potenter als der Benziner (205 Nm ab 2.000 Touren). Gegen Aufpreis von 2.000 Euro montieren die Arbeiter im spanischen Palenica auch ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe an den kultivieren Selbstzünder, der auch in der Realität recht sparsam sein dürfte (NEFZ-Verbrauch 3.8 l/100 km).
Auf Allradantrieb müssen die beiden Basismotorsierungen allerdings verzichten. Den spendiert Renault nur dem Topmodell, dem 130 PS starken dCi 130. Und selbst dem nur gegen Zuzahlung von 2.000 Euro. Damit steigt der Preis des Renault Kadjar auf 29.890 Euro. Wie schon aus dem Nissan bekannt, kann der Fahrer per Drehrad zwischen drei Modi (2WD, variabel, starr) wählen. Danke einer anständigen Bodenfreiheit von 20 Zentimetern muss der Allradler vor rauen Fahrten nicht zurückschrecken.
Das Beste zum Schluss
Dass der leise dCi 130 mit seinem Drehmoment von 320 Nm mächtigen Druck und Laune macht, war klar. Überraschen kann uns der Renault Kadjar mit einem gediegen abgestimmten und komfortablen Fahrwerk, das nur auf Querfugen etwas stuckert, seine Insassen aber sonst lediglich mit sanften Aufbaubewegungen behelligt.
Passend dazu ist die Lenkung maßvoll indirekt. Mit ihr wird der Renault Kadjar zum gemütlichen SUV aufgewertet. Ja – aufgewertet. Denn erzwungene Sportlichkeit wirkt andernorts oft nur aufgesetzt statt gekonnt umgesetzt. Ein gutes Beispiel: der Qashqai. So ähneln sich die beiden SUV zwar im Preis und Technik – sind ansonsten aber so unterschiedlich, dass beide ihre Käufer finden werden.