Renault Mégane, Peugeot 307 und VW Golf

Der neue Renault im Duell mit Peugeot 307 und VW Golf, jeweils in der 1,6-Liter-Motorisierung.
Ein guter Schluss ziert alles. Das scheint sich zumindest der neue Renault Mégane zu sagen, der gleich zu Beginn seiner Laufbahn größten Wert auf einen markanten Abgang legt: Unter seiner bogenförmig nach außen gewölbten Heckscheibe prangt ein trotziger Kofferraum nebst großflächigen Rückleuchten. Ein solches Heck hat es in der ansonsten so rationalen Kompaktklasse seit Menschengedenken nicht gegeben.
Diese optischen Extravaganzen sind allerdings die einzigen Ausreißer, die sich der neue Herausforderer in der Kompaktklasse leistet. Unter dem mutig geschnittenen Blech des Mégane steckt – bis auf wenige Ausnahmen im Detail – klassenübliche Technik.
Und so steuert der kecke Franzose, in diesem Test angetrieben von einem 113 PS leistenden 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, auch geradewegs ins heiße Zentrum der Kompaktklasse, um es mit dem VW Golf sowie dem neuen starken Peugeot 307 aufzunehmen.
Auf den ersten Blick sind die Chancen des Mégane, nicht nur durch Äußerlichkeiten einen starken Eindruck zu hinterlassen, hervorragend, denn er besitzt den stärksten Motor: Die vergleichbaren 1,6-Liter-Vierzylinder der Konkurrenz leisten lediglich 109 PS (Peugeot) oder 105 PS im Golf, wobei der VW-Kunde im hier eng gestuften Motorenprogramm auch auf den 110-PS-FSI zurückgreifen kann, der sich in vorangegangenen Tests jedoch als die schlechtere Alternative entpuppt hat (siehe Heft 16/2002).
Allerdings kann der Renault seinen nominellen Leistungsvorsprung nicht in bessere Fahrleistungen umsetzen. Selbst der schwächere, etwas rau arbeitende Motor des Golf hält im Test-Trio wacker mit.
Unterm Strich sind sich die Vierzylinder sehr ähnlich: zufrieden stellende Alltagsmotorisierungen mit Durchschnittsverbräuchen zwischen acht und neun Liter/100 km, akzeptablen Fahrleistungen, Kraftreserven für Autobahn und Reise, allerdings ohne spezifischen Reiz.
Nur der Antrieb des Peugeot 307 kann sich einen Sympathievorsprung erarbeiten. Er wirkt subjektiv spritziger und nervt auch bei hohen Dauergeschwindigkeiten nicht durch Dröhngeräusche.
Hinzu kommt, dass das Getriebe des 307 eine exakte und leichtgängige Schaltung besitzt. Die Schaltvorgänge beim Golf gehen nie ganz ohne Hakeln ab, was ein wenig auch für das ansonsten sehr leichtgängige Fünfganggetriebe des Mégane gilt.
Weit größere Unterschiede zwischen den drei Kontrahenten ergeben sich im Karosseriekapitel. Hier kann vor allem der Peugeot Kapital aus seinen stattlichen Abmessungen und seinem fast vanartigen Raumkonzept schlagen.
Viel Platz im Cockpit wie auch im Fond, ein luftiges Raumgefühl und der mit 341 Litern größte Kofferraum (erweiterbar auf 1328 Liter) machen den 307 zum erwachsenen Reisewagen.
Auch die hervorragenden Sitze tragen ihren Anteil zum souveränen Komfort-Eindruck des 307 bei. Im Fond kommt zu den guten Komforteigenschaften der Sitzbank dann noch eine überzeugend großzügige Kniefreiheit hinzu. Dieser überzeugenden Vorstellung kann der neue Mégane trotz seiner extravaganten Karosserieform nicht allzu viel entgegensetzen. Der Raumeindruck ist angenehm, setzt aber keine neuen Standards. Seine Sitze bieten guten Seitenhalt, sind im Vergleich aber ein wenig zu kurz geraten, die Kniefreiheit im Fond ist knapp, und die Mitfahrer sitzen zu hoch auf der umklappbaren Bank. Für ein neues Auto regelrecht enttäuschend ist der kleine (330 Liter) und schlecht zugängliche Kofferraum. Hinter diesem exotischen Rucksack hätte man eine wahre Lasten-Höhle vermutet. Die Funktionalität des Renault ist allerdings gelungen. Klimaanlage und Radio sind im Gegensatz zu 307 und Golf in gut erreichbarer Höhe platziert, die Schalter und Hebel leisten sich keine Ausrutscher in Sachen Bedienung, und das Radio bekommt – dies ganz nebenbei – ein Extra-Lob für den Klang. Ankreiden muss man dem neuen Mégane aber die verzerrte Rücksicht durch das geschwungene Heckfenster, das obendrein durch einen kleinen Wischarm nur auf der Fläche eines kompakten Halbmondes von Wasser und Schmutz befreit wird. Fortschritte macht der Renault in Sachen Qualität – allerdings sind die hauptsächlich im Vergleich mit dem doch arg plastiklastigen Interieur des Mégane-Vorgängers bemerkbar. Ein Softtouch-Armaturenbrett und Softlack-Oberflächen sorgen für ein Mindestmaß an Atmosphäre, wer sich aber im Detail mit der Verarbeitung beschäftigt, entdeckt einige Ansatzpunkte für Modellpflegemaßnahmen der Zukunft. Hier setzt immer noch der VW Golf den Maßstab: Wertig und solide selbst im Detail, geht der nun langsam verglimmende Dauerbrenner zumindest im Qualitätsfach ungeschlagen auf die Zielgerade hin zu seiner Ablösung. Auch die Funktionalität des Golf ist prima: Nahezu selbst erklärende Schalter, eine gute Ergonomie und die hervorragende Übersicht halten den Altmeister dicht an der Konkurrenz. Allerdings ist die Klimaanlage zu tief platziert, die Seriensitze sind schlecht ausgeformt, und die Kniefreiheit im Fond ist mehr als bescheiden. Bescheiden ist auch die Ausstattung. Keine Klimaanlage, kein Radio – hier zeigen sich die französischen Hersteller wesentlich spendabler. Der teure Mégane-Testwagen (19 200 Euro) in der hochwertigen Top-Ausstattungsvariante Luxe Privilège bietet sogar eine Klimaautomatik und Leder-Akzente im Innenraum.
Mit serienmäßigem ESP, Kopf- und Seitenairbags sowie Bremsassistent und optionaler Reifendruckkontrolle ist auch die Sicherheitsausstattung des Renault auf dem neuesten Stand. Überdies zieren ihn bereits jetzt fünf Sterne aus dem Euro-NCAP-Crashtest (siehe Seite 80) – einer Prüfung, die der 307 und der Golf bei vorangegangenen Tests nur mit vier Sternen absolviert haben. Der Mégane setzt durch die sehr wirksamen und standfesten Bremsen ein zusätzliches Highlight. Allerdings sprechen die Bremsen viel zu giftig an, was besonders im Stop-and-go-Verkehr oder beim Rangieren nervt. Auch die Sicherheitsausstattung des 307 ist up to date, die etwas weniger souverän agierenden Bremsen kosten ihn jedoch Punkte. Und selbst der angejahrte Golf muss sich, wenn auch mit kleinen Einbußen, in passiven Sicherheitsangelegenheiten nicht verstecken. Fahrsicher im aktiven Sinne sind ebenfalls alle drei Kontrahenten, allerdings zeigt der Golf hier sein Alter. Wo der Renault wie auch der Peugeot neutral ums Eck fegt, kämpft der VW mit spürbarem Untersteuern, besonders beladen kommen zusätzlich starke Wankbewegungen ins Spiel. Hier gefallen der 307 und erst recht der Mégane durch hohe Neutralität und dynamischeres Handling. Bei der Fahrdynamikprüfung hechtet besonders der Mégane leer geradezu spielerisch durch die Wedelgasse. Aber auch bei zügiger Fahrt über Land blitzt diese Hingabe zur Fahrdynamik immer wieder auf. Wenn da nur nicht die extrem diffuse und übereifrige elektronische Servolenkung des Renault wäre: Mit viel zu starker Servounterstützung und seltsamem Eigenleben um die Mittellage macht die Lenkung das Bemühen der Fahrwerksingenieure um Fahrspaß völlig zunichte. Übrig bleibt da nur der Peugeot. Er lässt durchaus auch immer wieder sportlichen Ehrgeiz erkennen und glänzt dabei mit einer höchst präzisen, optimal abgestimmten Lenkung. Fazit: Der Renault Mégane hat es mit guter passiver Sicherheit, strammer Fahrdynamik und günstigen Festkosten auf alle Fälle ins Oberhaus der Kompaktklasse geschafft. Nachbesserungsbedarf besteht aber für die schlecht abgestimmte Lenkung. Auch das Platzangebot könnte, wie der Vergleich mit dem geräumigen Peugeot 307 zeigt, besser sein. Und der Golf? Der beweist, dass ein guter Abschluss eben doch alles ziert. Mit sympathischer Würde rettet er sich über die Ziellinie.