Saab 9-5 2.0 Turbo

Die schwedische Firma Saab hat ein neues Spitzenmodell: mit traditionellem Styling zwar, aber innovativen und außergewöhnlichen Ausstattungs- und Technik-Details.
Wie spricht man eine Modellbezeichnung aus, über deren korrekte Schreibweise sich schon die Schriftgelehrten des Herstellers nicht einig sind? 95 prangt als Typenschild am Heck, 9-5 steht in allen gedruckten Unterlagen, und Projektleiter Ole Granlund bereichert die Verwirrung um eine dritte Variante: „Eigentlich müßte zwischen der Neun und der Fünf ein Punkt stehen.“ Um endlich auf den Punkt zu kommen: Man sagt „neunfünf“ – eine Zahlenkombination, über die in der Entwicklungsphase schon intern geulkt wurde („working nine to five“), die sich aber ganz ernsthaft an die Firmentradition als Flugzeughersteller anlehnt. Die Typziffern des ersten Saab-Personenwagens (92) wurden von einer Flugzeugserie übernommen.
Später folgten legendäre Modelle wie Saab 96 und 99. Zurück zu den Wurzeln also – schließlich macht sich Saab den 95 quasi selbst zum eine Milliarde Mark teuren Geburtstagsgeschenk (siehe 50jähriges Saab-Jubiläum Seite 176). Ein pikantes Präsent, denn am 95 hängt das Schicksal der Marke. Die mißliche Lage des kleinen Unternehmens, das in den letzten Jahren nur noch zwischen 80 000 und 100 000 Autos per annum verkaufte, kennt keiner besser als der amerikanische Saab-Chef Robert Hendry, seit Herbst letzten Jahres am Ruder des General Motors- Beiboots: „Mit Hilfe der 95-Limousine und des 1998 folgenden Kombis müssen wir spätestens 1999 jährlich 130 000 Einheiten erreichen und profitabel werden, sonst verliert GM die Geduld und stößt Saab wieder ab.“ In das seichte Fahrwasser hatte ausgerechnet der Mutterkonzern GM die Wikinger gelotst, als 1993 die Markteinführung des mit zahlreichen GM- und Opel-Teilen bestückten 900 forciert wurde, obwohl das Auto nicht ausreichend erprobt war.
Die Folge: Qualitätsprobleme, wie man sie bei Saab bis dahin nicht kannte, immense Gewährleistungskosten und ein noch schwieriger zu reparierender Image-Schaden. „Das“, so Hendry, „wird nicht noch einmal passieren.“ Der als Trouble-Shooter geholte ehemalige Vauxhall-Sanierer hat von GM-Boß Jack Smith „alle Freiheiten, um Saab wieder nach vorn zu bringen“, und die nutzt er auch. Seine erste Amtshandlung im Herbst 1996: Er stellte den Serienanlauf ein halbes Jahr zurück, um die Qualität zu sichern. Das scheint gelungen zu sein. Denn trotz vieler GMKomponenten (Bodengruppe, V6-Motor, Getriebe, Nebenaggregate), auf welche die Schweden aus Kostengründen zurückgreifen müssen, wirkt der 95 nicht wie ein Opel im Saabspelz, sondern wertvoll und gediegen. Die im Innenraum verwendeten Materialien machen eine hochwertigen Eindruck, die Türen schließen satt, und die steife Karosserie läßt selbst auf holprigen Straßen keine Klappergeräusche aufkommen.