Seat Ibiza
Weg mit den Babyspeck-Rudimenten des Seat Ibiza: Ex-Lamborghini- Designer Luc Donckerwolke diktiert der vierten Generation des kleinen Spaniers straffere Linien ins Blech. Fahrbericht des 105 PS starken TDI.
Discostimmung im Amnesia, ekstatisches Partyvolk im Fieber wabernder Bässe und treibender Beats – soweit die gängigen Ibiza-Assoziationen. Von denen der gleichnamige Seat allerdings nur einen Hauch aufnimmt. Marketingseitig zur Emotion verdonnert, distanziert sich der von Ex-Lamborghini-Designer Luc Donckerwolke gezeichnete Spanier so gut es geht vom Cleverle-Image des Skoda Fabia sowie der fast schon zu perfekt wirkenden Ausgeglichenheit des VW Polo. Breitere Spur, längerer Radstand Um diese Distanz zu unterstreichen, darf der Ibiza als Erster an die neuen Kleinwagen-Module des VW-Konzerns ran – ohne Experimente, aber mit breiterer Spur, längerem Radstand, größeren Rädern und überarbeiteten Fahrwerksdetails. Seat bleibt seinem Anspruch treu und erfüllt das Dynamik- Versprechen, ohne Zartfühlende zu verprellen. Das Fahrwerk der Standard-Version – wie üblich mit Verbundlenkerachse hinten – spricht nun williger an als bisher und verkneift sich lähmendes Untersteuern ebenso wie zickiges Lastwechselschwenken. Überdies schützt das in allen Varianten serienmäßige elektronische Stabilitätsprogramm vor Überraschungen.
Noch schwungvoller läuft die Sache in der Sportvariante: Die
Fahrerhandflächen registrieren perforiertes Leder am Lenkrad, der
Körper zupackenden Seitenhalt der Sitze, und selbst weniger
Sensible bemerken die transparentere Umsetzung von Lenkbefehlen
sowie den höher angesiedelten Grenzbereich.
Das ESP muss erst spät eingreifen
Indikator für eine gelungene mechanische Abstimmung des Fahrwerks. Es zeigt sich ebenso überraschungsfrei wie der Rest des Ibiza. Die Ingenieure haben die vierte Generation gezielt weiterentwickelt statt revolutioniert: bekömmlicherer Federungskomfort, etwas mehr Platz vorn und hinten durch abgesenkte Sitzhöhe und vergrößerte Karosserie, rund einen Zentner niedrigeres Gewicht plus Feinschliff bei der Materialanmutung und Montagepräzision.
Darum, dass Letzteres nicht nur im Prospekt steht, kümmert sich Vorstandschef Erich Schmitt höchstpersönlich. Teil für Teil will er die vermeintliche Kluft zwischen Kosten und Qualität auf eine Minimalfuge reduzieren.
Und der Test-Ibiza bestätigt: kein Knistern, keine störenden
Spalten und keine Spur mehr vom speckig glänzenden Hartplastik, das
nicht nur Qualitäts-Junkies aufstieß. Wesentliche Flächen im
Griffbereich tragen weiche Oberflächen, der Rest zeigt sich
zumindest augenfreundlich genarbt. Die neu strukturierten, klar
gegliederten Bedienfelder von Klimaautomatik und Stereoanlage
tragen modisches Glanzschwarz. Ebenfalls neu: die Andockstation
fürs Tom Tom-Navigationsgerät auf dem Armaturenträger (50 Euro
Aufpreis) sowie ein optionaler iPod-Anschluss, der kompletten
Titelzugriff ermöglicht. Zugriff auf das maximale Kofferraumvolumen
gibt es nach Aufstellen der Sitzflächen und Umklappen der
Rückenlehnen (ab Version Stylance geteilt), wobei eine Stufe
bleibt.
Drei- und Vierzylinder zum Marktstart
Weitergehende Variabilität ist ebenso Fehlanzeige wie technische
Feinkost unter der Motorhaube. Dort arbeiten ab Markteinführung
bekannte Drei- und Vierzylinder; Doppelkupplungsgetriebe und
Öko-Zutaten kommen später. So brummt der 1,9 Liter große
Pumpe-Düse-Zweiventiler inbrünstig, schiebt mit der Macht von 240
Newtonmeter Drehmoment, pfeift auf feinsinnige Laufkultur ebenso
wie auf homogene Kraftentfaltung. Fans werden ihn wegen seines
hemdsärmeligen TDI-Charmes dennoch mögen, selbst wenn das Gros der
im Schnitt etwa 35 Jahre alten Ibiza-Interessenten eher zu den
leistungsschwächeren Varianten greifen dürfte. Los geht es mit dem
Viertürer ab 14. Juni für 12.190 Euro, der Zweitürer folgt im
Spätsommer zu Preisen ab 11.490 Euro. Olé!