Was Sie über den Zusatztank wissen müssen
Blaue Stunde: Geht die Warnlampe im Reisemobil an, muss man umgehend Ad-Blue nachfüllen. Doch so einfach ist das nicht. Was Sie dazu wissen müssen, steht hier.
Spätestens mit dem Modelljahr 2020 müssen sich Reisemobil-Neuwagenkäufer mit einem neuen Betriebsstoff anfreunden. Denn mit der laufenden Umstellung auf Euro-6-d-Temp-Motoren erhält auch das wichtigste Basisfahrzeug der Branche, der Fiat Ducato, eine Abgasreinigung mit SCR-Einspritzung und damit einen Extratank für Ad-Blue. Um den Stickoxid-Ausstoß von Dieselmotoren in den Griff zu bekommen, führt offenbar kein Weg mehr an dieser Technik vorbei.
Was ist Ad-Blue eigentlich?
Ad-Blue ist der Handelsname für eine hochreine, 32,5-prozentige, wässrige Harnstofflösung. Harnstoff ist eine Stickstoffverbindung, die aus Ammoniak und Kohlendioxid, in der Regel auf Basis von Erdgas hergestellt wird und auch in Düngemitteln, Shampoos und Kosmetika eingesetzt wird.
Was bewirkt Ad-Blue?
Eigentlich ist Ad-Blue nur das flüssige Handelsprodukt, aus dem beim Einspritzen in den Abgasstrang unter Hitzeeinwirkung wieder Ammoniak entsteht. Dieses stechend riechende Gas reagiert dann mit den Stickoxiden im Abgas unter den speziellen Bedingungen des sogenannten SCR-Katalysators (SCR = selektive katalytische Reduktion) und wandelt diese zu Wasserdampf und harmlosem molekularem Stickstoffgas (N2) um, dem Hauptbestandteil unserer Atmosphäre (ca. 78 %).
Ist Ad-Blue schädlich?
Ad-Blue ist eine wasserklare, nahezu geruchslose, weitgehend ungefährliche Flüssigkeit. Hautkontakt sollte man dennoch vorsorglich vermeiden – das gilt übrigens noch mehr für Diesel. Verschüttete Ad-Blue-Mengen sollten mit reichlich Wasser abgespült werden – nicht nur auf der Haut, sondern auch auf Metallflächen, wo es die Korrosion fördern kann. Auf Kunststoffteilen hinterlässt abgetrocknetes Ad-Blue unschöne weiße Ränder.
Wo bekomme ich Ad-Blue?
Bei den meisten Tankstellen kann man Ad-Blue inzwischen in Flaschen und Kanistern kaufen. Immer häufiger haben sie auch Zapfsäulen, die aber praktisch nur für Lkw geeignet sind, die größere Mengen benötigen. Es gibt zwar Adapter für die kleineren Pkw- und Transporter-Einfüllstutzen – dennoch geht es dabei kaum ohne Verschütten ab. Erst nach und nach werden Ad-Blue-Säulen für Pkw mit kleineren Zapfpistolen und geringerem Druck installiert. Doch es lohnt, nach solchen Tankstellen zu suchen (www.findadblue.com), denn das Betanken mit dem Kanister ist oft auch recht mühsam und außerdemdeutlich teurer. Während der Liter Ad-Blue aus der Zapfpistole häufig rund 60 Cent kostet, sind es aus der Flasche mindestens das Doppelte, eher das Fünffache und mehr. Kanister haben aber einen Vorteil: Man kann sie auf längere Reisen einfach mitnehmen.
Wie weit reicht der Ad-Blue-Tank?
Das hängt natürlich von der Tankgröße ab – bei den gängigen Basisfahrzeugen finden sich Ad-Blue-Behälter mit rund 15 bis 30 Litern Fassungsvermögen. Außerdem ist es abhängig vom Dieselverbrauch und damit letztlich auch von der Fahrweise, denn nach Expertenmeinung müssen rund fünf Prozent Ad-Blue pro Liter Diesel eingespritzt werden. Das Versprechen mancher Hersteller, die Ad-Blue-Menge würde bis zum nächsten Service reichen – und der Fahrer müsste sich folglich um nichts kümmern –, ist in den seltensten Fällen realistisch.
Kann ich ohne Ad-Blue fahren?
Die Warnmeldungen, die bei niedrigem Ad-Blue-Füllstand im Display erscheinen, sollte man unbedingt ernst nehmen. Andernfalls lässt sich das Fahrzeug nach dem Abstellen nicht wieder starten.
Umgang mit Ad-Blue im Reisemobil
Vor dem Ad-Blue-Nachfüllen sollte man sich unbedingt zunächst in der Bedienungsanleitung des jeweiligen Basisfahrzeugs schlaumachen. Das kann schon alleine die Suche nach der Ad-Blue-Einfüllöffnung erleichtern. Meist findet sie sich zwar in der Nähe des Dieselstutzens, beim Mercedes Sprinter und Renault Master aber auch ein wenig versteckter (siehe Fotos unten). Zudem lässt sich im Manual die Ad-Blue-Tankgröße nachlesen und damit eine ungefähre Reichweite abschätzen.
Wichtig zu beachten sind außerdem die zusätzlichen Hinweise, die Fehlfunktionen des Systems vermeiden. Beispielsweise dürfen die Ad-Blue-Tanks im VW Crafter und MAN TGE nicht einfach komplett aufgefüllt werden, sondern nur die Menge, die das System in einem Untermenü des Kombiinstruments anfordert. Andernfalls erkennt der Sensor den Füllstand nicht korrekt und es kann – trotz vollem Tank – zur Blockade des Motorstarts kommen. Beim Fiat Ducato gibt ein Aufkleber in der Tankklappe vor, nach Aufleuchten der Warnlampe mindestens fünf Liter Ad-Blue einzufüllen, dann die Zündung anzuschalten, zwei Minuten zu warten und erst dann den Motor zu starten. Bei Citroën und Peugeot ist sogar eine fünfminütige Wartezeit vorgeschrieben, in der weder die Fahrertür entriegelt und geöffnet noch der Schlüssel ins Zündschloss gesteckt werden darf. Für einen Vorgang, den man gegebenenfalls halbjährlich wiederholen muss, ganz schön umständlich...
Fiat, Citroën, Peugeot
Ad-Blue einfüllen direkt unter dem Tankstutzen.
Ford
Extra Klappe für Ad-Blue unter dem Diesel-Pendant.
Mercedes
Der Einfüllstutzen findet sich unter der Motorhaube.
Renault
Linke B-Säule für Diesel, rechts der Ad-Blue-Stutzen.
VW, MAN
Ad-Blue wird unterhalb des Diesels eingefüllt.
Sonderfall Integrierter
Saubere Sache, beide Stutzen in der Wand.
Weniger geschickt, Ad-Blue einfüllen von innen.