Adler Stromliniencoupe
Dieses Auto ist eine Sensation. Bisher dachte man, nur zwei der von Adler in den 30er Jahren gebauten Stromlinien- Rennwagen hätten überlebt. Doch nun tauchte ein Dritter auf. Ab Ende Mai kann dieses faszinierende Fahrzeug in einem neuen Oldtimer- Museum in Schramberg besichtigt werden.
Dennoch bringt dieser stumme Zeuge der Automobilgeschichte Oldtimer-Liebhaber und -Experten aus der Fassung – nicht zuletzt deshalb, weil die Spuren seiner Vergangenheit bis heute erhalten blieben. Das Auftauchen dieses Adlers gleicht einer Sensation wie die Entdeckung eines verstaubten Picasso-Gemäldes auf einem Dachboden oder der Fund eines komplett erhaltenen Saurierskeletts.
Aber was genau stellt dieses spektakuläre Stromliniengefährt dar? Dazu blenden wir kurz in die 30er Jahre zurück.
Konkurrenzfähig dank Stromlinienkarosserien
Damals strebte die Firma Adler mit Rekordfahrten und Sporteinsätzen nach internationaler Anerkennung. Eine ganz besondere Rolle spielten dabei die Stromlinienkarosserien, die auch schwächer motorisierte Fahrzeug. auf Strecken mit langen Geraden zu ernsthaften Gegnern werden ließen.
Auf der Basis des frontgetriebenen Adler Trumpf entstanden neben einem recht erfolgreichen Rekordwagen und einem für den Direktor der Adler.Werke, Erwin Kleyer, hergestellten Fahrzeug 1936 sechs Rennsport- Coupés mit fast identischer Karosserie. Der Entwurf dazu stammte von Freiherr Reinhard von Koenig-Fachsenfeld, der dabei auch Erkenntnisse des Aerodynamikers Paul Jaray umsetzte.
Bei Vetter in Bad Cannstatt unweit Stuttgart wurden die Aluminium-Karosserien hergestellt, die auf einem Stahlrohrgerüst ruhen. Von der Seite betrachtet ähnelt die untere Karosseriepartie einem Tragflächenprofil, während der Dachaufbau von oben gesehen eine Tropfenform aufweist. Das vorn abgerundete Dach mit den kleinen, gebogenen Fenstern erinnert den Betrachter an eine Flugzeugkanzel.
Die Adler.Renncoupés waren für den Straßenverkehr zugelassen
Fünf dieser sechs Stromlinien-Wagen, die zunächst von 1,5- beziehungsweise 1,7- Liter-Motoren angetrieben wurden, gingen nachweislich bei Rennen an den Start. Ihre ersten Erfolge feierten sie bei einem 24- Stunden-Rennen für Sport- und Tourenwagen 1936 in Spa, wo sie in der Klasse bis 2.000 ccm die ersten drei Plätze belegten.
Ausgesprochen erfolgreich entwickelte sich für die Adler.Crew das Jahr 1937. Ein von Graf Orssich und Rudolph Sauerwein pilotierter Wagen errang in Le Mans den Klassensieg und schaffte es auf den sechsten Rang im Gesamtklassement. Ein zweites Fahrzeug wurde Neunter.
Doch welches der damals auch von Huschke von Hanstein gefahrenen Rennsport- Coupés haben wir hier nun vor uns? Tatsache ist, dass alle „für den Straßenverkehr zugelassen waren“, so Heinzgerd Schott vom Adler Motor Veteranen Club. Nun kennen wir zwar die Chassisnummer dieses Exemplars, aber die hilft bei der Identifizierung kaum, „weil wegen fehlender Werksunterlagen eine Zuordnung zu einem Kennzeichen nicht möglich ist“, bedauert der Archivar des Clubs. Trotz intensiver Recherchen weist die Historie des Wagens deshalb noch einige Lücken auf.
Die gefundenen Farbreste lassen darauf schließen, dass es sich um eines der vier bei Rennen eingesetzten weißen Exemplare handelt. Die Front erhielt irgendwann einen kleineren Kühllufteinlass – was den 1939 in Rennen eingesetzten Autos zum Verhängnis geworden war. Die geringere Kühlluftzufuhr führte nämlich zu einem Motorexitus wegen Überhitzung. Unser Exemplar bekam 1938 eine Zwei-Liter-Maschine spendiert, worauf eine Plakette im Motorraum hinweist.
In New York umlackiert und als „Eagle“ in der Fachpresse
Was während und direkt nach dem Krieg mit dem Auto geschah, bleibt ungewiss. Auf jeden Fall landete der Adler zu einem unbekannten Zeitpunkt in den USA, wo ihn ein gewisser Joe Gertler in die Finger bekam.
Gertler leitete die Raceway Garage in der New Yorker Bronx. In welchem Zustand sich der Adler befand, als er ihn erwarb, lässt sich leider nicht mehr nachvollziehen. Auf jeden Fall verpasste er ihm andere Scheinwerfer und lackierte ihn dunkelblau, während er für das Dach Hellblau vorsah. Für Front und Heck bastelte er Stoßstangen, von denen einige Teile noch vorhanden sind. 1953 erschien im Fachmagazin Motor Trend sogar ein Beitrag über Gertler und seinen „Eagle“.
Nach dem Tod Gertlers übernahm der Sohn die Verwaltung des Erbes. Der Kontakt zu ihm erwies sich zunächst als viel versprechend, doch dann verlor dieser das Interesse – nichts rührte sich mehr. Zumindest aber war von ihm zu erfahren, dass der Adler bereits 1951 auf das Kennzeichen PV 67 F in New Jersey zugelassen war.
Einige Widersprüche in der Vorbesitzer-Geschichte
In der Aprilausgabe von 1954 schrieb Gertler in der New York Times den Wagen zum Verkauf aus – für 2.500 Dollar. Neuer Besitzer wurde der Oldtimer-Liebhaber Andrew Adler. Ihn begeistert der Gedanke, einen Wagen zu besitzen, der so hieß wie er selbst. Er machte ihn zum Star seiner Sammlung, wo ihn der heutige Besitzer Ende der 70er Jahre erstmals zu Gesicht bekam und sofort Interesse daran bekundete. Doch Andrew Adler wollte sich um nichts in der Welt davon trennen. Vielmehr versuchte er, wenn auch vergeblich, noch einen weiteren Wagen aufzuspüren.
Für Verwirrung sorgt indes ein Amerikaner namens James Lynas, der mal behauptet, das Auto von Gertler besessen zu haben, mal ein anderes Fahrzeug. Kein Wunder, dass es in bisher erschienenen Geschichten über die Stromlinien-Adler immer wieder zu Widersprüchen kam.
Unbestritten jedoch hat der heutige Besitzer den Wagen mit der Chassisnummer 167 673 vor zwei Jahren vom Neffen des mittlerweile verstorbenen Andrew Adler gekauft. Im Gegensatz zu den beiden bisher bekannten Fahzeugen mit den Nummern 167 671 und 168 302 präsentiert er sich noch in unrestauriertem Zustand und zählt damit zu den Höhepunkten der Autosammlung Steim, die seit Mai 2007 in Schramberg im Schwarzwald zu bewundern ist.
Übrigens: Informationen, um Lücken in der Historie zu schließen, sind willkommen. Denn leider können Autos nicht sprechen. Aber davon sprachen wir ja schon.