Ein besonderer Sommer
Als Anna und Basti ihr Sabbatical im Campingbus antreten wollen, hat ein Virus ganz Europa fest im Griff. Was tun? Alles verschieben? Sie entschließen sich für die Flucht nach vorne: In den Sommermonaten fahren sie durch das südliche Schweden und nach Gotland. Ein guter Entschluss.
Immer an der Ostseeküste Schwedens entlang, jede Nacht an einem anderen Strand stehen. Sonne und Meer, das ist unser Plan, als wir Mitte Juni mit Emil von der Fähre rollen. Emil ist ein VW T5 California Beach, der uns bereits seit fünf Jahren treu durch die Weltgeschichte kutschiert. Schon lange träumen wir davon, eine Auszeit vom Alltag zu nehmen, und endlich ist es so weit.
Sabbatical im Bulli
Wir haben unsere Jobs gekündigt, unsere Wohnung vermietet und ziehen in unseren Bus. Ein Jahr haben wir uns freigenommen, um Europa kennenzulernen. Da wir Anfang Juni starten, bietet sich eine Fahrt in den Norden an. Wir finden eine günstige Fährverbindung von Rostock nach Trelleborg und drücken die Daumen, dass unsere junge Hündin die Fähre genau so mag wie Autofahren. Es stellt sich heraus, dass sie der geborene Reisehund ist und sich auch von einer Fähre nicht beeindrucken lässt.
Schweden erweist sich als perfektes Land, um in unser Sabbatical zu starten, denn obwohl wir keine Campingneulinge sind, haben wir bisher immer nur die üblichen zwei bis drei Urlaubswochen am Stück im Bus verbracht. Hier kommt uns nun die gute Camping-Infrastruktur und vor allem das sogenannte Allemansrätten zugute. Das Jedermannsrecht bedeutet für uns Camper, dass man auf jedem Parkplatz – sofern nicht ausdrücklich verboten – maximal 24 Stunden stehen darf. Rücksicht auf die Natur als oberstes Gebot ist selbstverständlich. In unseren zwei Monaten in Schweden stehen wir daher die meisten Nächte in der freien Natur.
Campen egal wo
Von Trelleborg wenden wir uns zunächst Richtung Osten. Da an vielen Badestränden Hunde im Sommer nicht erlaubt sind, tingeln wir zunächst von Hundestrand zu Hundestrand. Meist übernachten wir direkt auf den Parkplätzen vor Ort, nur wenn die Dusche ruft, fahren wir auf einen der zahlreichen Stellplätze. Unser Tipp: Es gibt unzählige kleine Häfen, die neben Bootsanlegeplätzen ebenso Flächen für Camper anbieten. Der Service umfasst meist neben Toiletten, Duschen sowie Ver- und Entsorgung auch Aufenthaltsräume und Küchen mit Waschmaschine. Ein schöner Stellplatz am Meer ist auf diese Weise garantiert und man bezahlt auch weniger als für einen Campingplatz. Da wir nur 30 Liter Frischwasser und eine tragbare Toilette an Bord haben, fallen Duschen und Entsorgung immer recht gut zusammen.
Die kleinen Städtchen in der Region Skåne laden zum Bummeln ein. Hier sieht Schweden aus wie aus dem Bilderbuch: Kleine, rot oder gelb gestrichene Holzhäuschen mit Rosenspalieren neben den Türen säumen die kopfsteingepflasterten Gassen. Teilweise dienten diese Orte auch als Filmkulisse. So kommen in Ystad die Fans des Kommissars Wallander auf ihre Kosten. Wer eine Zeitreise in die fernere Vergangenheit unternehmen möchte, kann dies bei Ales Stenar tun. Dieses "schwedische Stonehenge" ist eine der größten erhaltenen sogenannten Schiffssetzungen. Das heißt, dass Steine im Umriss eines Schiffes aufgestellt wurden. Datiert wurde das Ganze auf das Jahr 600, der Zweck hat sich bis heute jedoch nicht ganz erschlossen. Eine Art Kalender oder doch eine Grabstätte? Die Diskussion muss ohne uns fortgeführt werden, uns zieht es immer weiter Richtung Osten.
Über eine lange Brücke geht es auf die Insel Öland, bekannt für ihre Windmühlen, wilden Orchideen und fantastische Natur. An der Nordspitze besuchen wir den Trollskogen. In diesem wahrlich magischen Naturreservat erwarten uns knorrige Bäume, die von Wind und Wetter in die abenteuerlichsten Formen gebogen wurden. Auch hier auf Öland können wir wieder Geschichte hautnah erleben.
Wie die meisten anderen Burgen auf der Insel ist Eketorp im Süden der Insel kreisförmig aufgebaut. Das Besondere hier ist aber, dass die Burg und die Häuser darin von Wissenschaftlern wieder rekonstruiert und aufgebaut wurden. So bekommt man ein Gefühl dafür, wie das Leben damals gewesen sein muss. Spannend ist, dass bei der Rekonstruktion die drei verschiedenen Stadien der Besiedlung der Burg nebeneinander dargestellt werden. Da braucht man schon einiges an Vorstellungsvermögen. Die Erwachsenen können im kleinen Museum viel über die lange Geschichte des Ortes lernen. Währenddessen gibt es für Kinder zahlreiche Spielmöglichkeiten, von Burgenbauen bis Bogenschießen.
Kaum runter von der Insel Öland, geht es gleich weiter mit der Zeitreise in die Geschichte. Stensjö by ist ein Bauerndorf, das erstmals im 13. Jahrhundert als einzelner Hof erwähnt wird. Durch Erbteilung wurde das Areal in immer mehr kleine Höfe aufgeteilt. Irgendwann waren die Höfe dann verlassen und alles lag brach. Dank einer Stiftung konnte man schließlich den ursprünglichen Charakter wiederherstellen und hat jetzt ein tolles Anschauungsobjekt historischer Landwirtschaft in Schweden.
Der Hof wird heute auch wieder als Biobetrieb bewirtschaftet und die Besucher können auf Spaziergängen das gesamte Gut erkunden. Dabei geht es, wie in Schweden üblich, auch schon mal quer über eine Kuhweide. Die Kühe sind Gäste gewohnt, doch unsere junge Hündin Ida findet das alles ziemlich aufregend. Praktischerweise dürfen wir mit Emil direkt auf dem kleinen Parkplatz vor dem Dorf stehen, und da dort buchstäblich die Straße endet, wird es eine herrlich ruhige Nacht.
Es zieht uns wieder Richtung Meer. Wieder finden wir eine günstige Fähre und schon sind wir auf der größten Insel in der Ostsee, Gotland. Hier bleiben wir gleich zwei Wochen, so sehr gefällt uns diese steinige, schroffe Insel. Auch hier halten wir uns an den Plan, immer an der Wasserkante entlangzufahren. So landen wir auch auf der kleinen Nachbarinsel Fårö, die mit Gotland durch eine kostenlose Autofähre verbunden ist. Hätte unser Emil ein anderes Fahrwerk, wir hätten wunderbare Offroad-Touren gemacht. So beschränken wir uns darauf, die felsige Landschaft zu erlaufen. Ein Highlight auf Gotland sind definitiv die Raukar, bizarre Felsformationen, die wie Gemälde in der Landschaft stehen.
Zu Besuch bei Astrid-Lindgren
Doch allein die Hauptstadt der Insel, Visby, ist schon eine Reise wert. Das mittelalterliche Stadtbild samt Stadtmauer und Türmen ist noch gut erhalten. Kein Wunder, dass hier jedes Jahr ein riesiges Mittelalterfestival stattfindet. Was wir außerdem noch nicht wussten: Viele Szenen aus den alten Pippi-Langstrumpf-Filmen wurden auf Gotland gedreht. Auch die originale Villa Kunterbunt steht noch, inzwischen jedoch innerhalb eines kleinen Freizeitparks, so dass wir uns an einige andere Drehorte gehalten haben. Mitten in Visby befindet sich etwa die Gasse mit dem Süßigkeitenladen, den Pippi leerkauft. Wir müssen allerdings zugeben, dass wir weder die Gasse noch das Haus wiedererkannt haben.
Ein anderer Abstecher in unsere Kindheit hat sich dafür richtig gelohnt: der Katthult Hof, auf dem Michel aus Lönneberga aufgewachsen ist. Bei Vimmerby steht der Originalhof mit seinen Nebengebäuden und ebenso die Hütte mit den Schnitzfiguren. Etwas weiter gibt es auch die Astrid-Lindgren-Welt, aber mit Hund haben wir uns den Trubel gespart.
Auch am Katthult Hof hätten wir auf dem Parkplatz übernachten dürfen, doch starker Wind treibt uns weiter in den Nationalpark Norra Kvill. Dank vieler gut ausgeschilderter Wanderwege wird uns auch ohne Freizeitparks nicht langweilig. Unser letzter Wander-Stopp, der Tivedens Nationalpark im Herzen Südschwedens, ist wieder wie für Hunde gemacht. Zumindest für Hunde, die gerne klettern, was Ida mit Begeisterung tut. Die Wanderwege gehen direkt über große Felsen und ohne festes Schuhwerk sollte man gar nicht erst loslaufen. Auch in diesem Nationalpark sind Hunde willkommen, solange sie an der Leine geführt werden.
Fazit zum Campingland Schweden
Insgesamt hat sich das Reisen mit Hund in Schweden als unkompliziert erwiesen. Entlang der Küste gibt es jede Menge Hundestrände, die Verbote an Badeplätzen mehr als wettmachen. Das Einzige, worauf sowohl Vier- als auch Zweibeiner achten sollten, ist der Zeckenschutz. Die kleinen Plagegeister sind einfach überall. Von der vielbeschworenen Mückenplage hingegen haben wir nichts bemerkt.
Schließlich führt uns der Weg in Richtung Göteborg, wo wir noch einmal an einem Hafen übernachten. Von dort aus verlassen wir Schweden mit der Fähre Richtung Dänemark. Zwei Monate lang durften wir die Natur bestaunen, uns von Zimtschnecken ernähren und einen besonderen Sommer genießen.
Camping-Tipps Südschweden/Gotland
Im südlichen Schweden ist es nicht besonders schwierig, einen passenden Platz für die Übernachtung zu finden. Hier sind einige persönliche Highlights unserer Tour:
- Krono Camping Saxnäs auf Öland (mit Hunde-Agility-Parcours), www.kcsaxnas.se
- Übernachtungsplatz im Osten von Öland, ideal für die Freunde von Sonnenaufgängen, N56.5536310; E16.6414760
- Stellplatz am Hafen von Hästholmen am Vätternsee. Es lohnt ein Spaziergang zur nahen Eisdiele, www.31ansglassochkok.com
- Übernachtungsplatz auf Gotland mit guter Aussichtslage für wundervolle Sonnenuntergänge, N57.7621646; E18.4140405