Wild und grün
Grün in 40 Schattierungen, Kleeblätter und Regenfälle, Pubs und Musik, Klippen und Meer: Für echte Fans ist Irland nicht nur eine Insel. Für echte Fans ist Irland eine Passion. Wegfahren kann man vielleicht wieder – aber loskommen? Nein, eigentlich nicht. Und wozu auch?
Links oben auf der Europa-Karte findet sich ein Land, das unglaublich viel Charme hat – auch wenn der manchmal herb zu sein scheint. Das spürt man speziell im Norden und Nordwesten Irlands, hier zeigt sich die keltische Nation von einer ganz besonders ehrlichen Seite, eine Reise entlang der Küste erlaubt tiefe Einblicke.
Ab nach Irland
Klar: Irland geht auch mit dem Flieger! Günstig nach Dublin oder gleich in den Westen, zack, zack in den Mietwagen, allabendlich suchend nach einem B&B. Hab ich schon gemacht, oft und immer mit Freude. Und doch wird die Reise ein gutes Stück intensiver, eindrücklicher, rollt man im Camper an. Denn mit dem kommt man in jene Ecken, in denen Naturgewalten oder landschaftliche Monumentalitäten fröhliche Urstände feiern, auf dass man am liebsten an Ort und Stelle den Sonnenuntergang erleben möchte.
Doch wir greifen vor, wir müssen ja erst einmal auf die Insel – und das setzt Planung voraus, wobei die Anreise mit der Fähre nach Nordengland und quer durch Schottland mit anschließendem Sprung über die Irische See Unterhaltungswert mit Entspannung kombiniert. Also entern wir in Amsterdam die DFDS-Fähre, rollen in Newcastle von Bord, nehmen die 280 Kilometer bis zum schottischen Hafenstädtchen Cairnryan unter die Räder – und stehen zwei Stunden später in Larne, und damit in Nordirland.
Wirklich relevant ist diese Information nicht, wäre da nicht der leidige Brexit. Immerhin erwuchs zwischen Nordirland, zu Großbritannien gehörend, und der Republik Irland kein neuer Grenzzaun, und es bleibt zu hoffen, dass das so bleibt. Vielleicht auch deshalb plant aktuell so manch einer noch eine Irland-Reise, sobald das wieder geht. Frei nach dem Motto: Besuchen Sie Europa, solange es noch geht. Welch ein Trauerspiel!
Kompakte Camper sind hier Trumpf
Lassen wir das, genießen wir lieber die Causeway Coastal Route, die eigentlich schon in Belfast beginnt. Doch da wir nun schon mal in Larne sind, starten wir von hier aus Richtung Norden, immer am Wasser entlang – mit einem Bulli ist das ein ganz besonderes Vergnügen, kann man doch auch die ganz kleinen Pisten unter die Räder nehmen, die für "normale" Wohnmobile euphemistisch als "unsuitable", als "ungeeignet", bezeichnet werden. Hört sich drollig an, sollte jedoch beherzigt werden, schon manch einer hat sich in einer engen Kehre verkeilt. Und wenn dann noch Bauer Seamus mit dem Trecker um die Ecke bohnert, wird es lustig.
Mit einem kompakten Camper indes setzt man lässig zurück, notfalls hunderte kurvige Meter den Berg rauf, denn der Landwirt und sein Gespann haben Vorrang. Und wieder einmal freut man sich über die Talente eines handlichen Fernweh-Bullis, der alles vereint, was man unterwegs so braucht – vom Bett bis zur Küche. Und gemütlich ist er obendrein, was einen Kaffeestopp zum Beispiel an einem hoch über den Klippen gelegenen Parkplatz zu einem sehr angenehmen Vergnügen macht. Dort wird der Bulli zum "Zimmer mit Aussicht".
Wunderschöne Ecken soweit das Auge reicht
Entlang der Küste finden sich zahllose verführerische Ecken, aber auch muntere Städtchen wie Ballycastle, es gilt als Sprungbrett zur Vogelinsel Rathlin Island. Zudem bewegt man sich hier mitten im Kinoland: Fans von "Game of Thrones" werden sowohl die Höhlen von Cushendun, die Dark Hedges – diese 300 Jahre alte Baumallee wirkt selbst bei Sonnenschein unwirklich –, oder den noch immer von Fischern genutzten Hafen von Ballintoy wiedererkennen. Apropos Fischer: Die bauten sich einst eine Hängebrücke zur winzigen Insel Carrick, der Lachse wegen; heute ist die Brücke eine modernisierte Touristenattraktion.
Touristen finden sich natürlich auch rund um Bushmills, auch wegen der Whiskey-Destille gleichen Namens. Zudem liegt ganz in der Nähe die wohl bekannteste Treppe der Welt, der Giant’s Causeway; wer keinen Trubel mag, der kommt abends. Dann parkt man umsonst und kann das Wunderwerk des Riesen Fionn mac Cumhaill, auch Finn McCool genannt, im Sonnenuntergang genießen: Der gewaltige Ire habe einst diese Treppe nach Schottland gebaut, die indes gleich von seinem Widersacher Benandonner zerstört wurde. Eine Unesco-Weltnaturerbestätte ist sie gleichwohl, abends färben sich die 40 000 achteckigen Säulen rötlich, entstanden sind sie mal eben vor fast 60 Millionen Jahren.
Nicht ganz so alt und doch einen Besuch wert: Dunluce Castle, eine der größten Ruinen in Irland, erhebt sich gut 30 Meter über die donnernden Wellen – die Küche freilich ist schon im 17. Jahrhundert ins Meer gestürzt. "So will es zumindest die Sage", meint Bertha Huey, die nebenan historische Gewänder für Besucher bereithält. Für ein paar Pfund darf man sich eine Weile als Burgfräulein oder Ritter fühlen. Junge Mädchen – gerade wird die kleine Imogen verkleidet – lieben vor allem rosafarbene Prinzessinenkleidchen. "Wie sollte es auch anders sein? Aber die Mädels haben ihren Spaß", meint Bertha schmunzelnd.
Von Nordirland in den Norden Irlands
Allmählich verlässt man nun Nordirland, um in den Norden Irlands zu reisen. Nein, ehrlich: Der zu Großbritannien gehörende Teil der Insel umfasst sechs historische Grafschaften der Provinz Ulster, drei – Cavan und Monaghan im Hinterland sowie Donegal im hohen Nordwesten – gehören zur Republik, womit ein weiteres Brexit-Debakel angesprochen wäre. Denn besagte EU-Grenze quer durch die Insel würde Donegal quasi zu einer Enklave machen, mit einem schmalen Korridor als einzigem Zugang.
Die Natur freilich, die schert sich nicht im geringsten um Grenzen – und hier in Donegal gibt sie sich gleich noch wilder, verwegener, vor allem auf Inishowen, der größten Halbinsel Irlands. Malin Head samt Leuchtturm markiert den nördlichsten Punkt dieses grünen Juwels im Atlantik, leicht westlich warnt seit über 200 Jahren der "Fanad Head" die Schiffe, in diesem Leuchtturm kann man zudem übernachten.
Wer mehr über das Leben in früheren Zeiten wissen möchte, der sollte zum Glencolmcille Folk Village fahren, eine alte Schule, Wohnhäuser und natürlich ein Pub warten auf Besuch. "Am besten kommt man am späten Vormittag, vor den Reisebussen", verrät Mayryo Gara, während sie die Theke wienert. "Dann ist auch im Teehaus nicht so viel los", fügt Kevin McGinle hinzu, der derweil die Schwelle fegt. "Wer nur zum Tee kommt, der zahlt auch keinen Eintritt." Wobei der mit sechs Euro ohnedies nicht teuer ist.
Unbezahlbar hingegen: die Natur hier im Westen, Connemara ist eine landschaftliche Legende, der Burren eine unwirkliche Karstlandschaft wie von einem anderen Stern. Und doch hat sich in den letzten Jahren auch manches geändert, deutlich wird das im einst so beschaulichen, heute sehr touristisierten Doolin: Wer es gelassener mag, der biegt jetzt ins Landesinnere ab, der "Wild Atlantic Way" würde noch weit in den Süden führen, er und sein Pendant im Norden gelten zu Recht als Krönung europäischer Küstenstraßen. Doch auch im Hinterland warten Schätze wie Clonmacnoise, die einzigartige Klosterruine liegt nahe der geographischen Mitte der Insel.
Etwas weiter rollt man bei Armagh nach Nordirland. Entfernungen werden nun wieder in Meilen angegeben, Preise in Pfund, ansonsten spürt man wenig Unterschiede. Und auch Belfast hat sich längst zu einer hippen Stadt entwickelt. Dass die "Murals", jene martialischen Wandgemälde des Bürgerkriegs, zu Touristenattraktionen werden, das ist sicherlich ein gutes Zeichen.
Ein Zeichen jedenfalls, das uns noch lange, nachdem der Fährhafen Larne am Horizont in der Irischen See versunken ist, begleitet. Irland – ganz Irland – hat eine lange Geschichte mit Höhen und Tiefen, überrascht aber auch immer wieder mit seiner erquickenden Lebensfreude, mit seiner positiven Sichtweise, wie mir in der jungen Northbound Brewery oder bei der traditionellen Cider-Fabrikation von MacIvor klar wird. Die beiden Adressen sind ein schlagender Beweis, dass es hier mehr gibt als Whiskey und Stout – Irland ist doch immer wieder für eine Überraschung gut, auch nach mehreren Jahrzehnten noch!
Die 40 Grün-Schattierungen, die Regenbögen, die Pubs und die Klippen und das Meer, die gibt es obendrauf. Echte Fans wissen das schon lange. Und wer noch kein Fan ist, der sollte die Chance nutzen, einer zu werden!
Reise-Infos Irland
Anreise/Fähren: DFDS bietet täglich Fahrten von Amsterdam/IJmuiden nach Newcastle upon Tyne, von dort fährt man 280 Kilometer bis zum Fährhafen im schottischen Cairnryan, ab hier geht es mit P&O nach Larne in Irland (Ijmuiden–Newcastle: ab 174 Euro, www.dfdsseaways.de; Cairnryan–Larne: ab 120 Euro, www.poferries.com. Die Preise für mehrere Personen oder für ein Wohnmobil liegen teils deutlich höher.) Zwischen Cherbourg und Dublin existiert auch eine Direktverbindung. Für die Anreise muss man rund zwei Tage einrechnen, die gefahrene Route ab dem Kraichgau selbst lag bei rund 1300 Kilometern.
Reisezeit: Mai bis September, doch Regensachen sollten immer griffbereit liegen, das satte Grün der Insel verdankt sich den Niederschlägen!
Einreisebestimmungen/Brexit-Folgen: Ab Ende September soll für EU-Bürger, die nach Großbritannien reisen, ein Reisepass vorgeschrieben sein; aktuell reicht der Personalausweis, wie es in der Republik Irland auch künftig der Fall sein wird. Der nationale Führerschein wird anerkannt, indes wird die "Grüne Versicherungskarte" benötigt. Auch sollte, obwohl die europäische Gesundheitskarte akzeptiert wird, eine Reisekrankenversicherung im Gepäck sein. Zudem kosten die neuen Formalitäten Zeit.
Bezahlen: In Irland zahlt man mit dem Euro, in Nordirland mit Britischem Pfund, der Kurs liegt aktuell bei rund 1,20 Euro für ein Pfund.
Übernachten/Camping: Camper haben die Wahl zwischen rund 100 offiziell anerkannten Anlagen und diversen Stellplätzen. Eine Alternative der besonderen Art und deshalb hier erwähnt: Urlaub im 200 Jahre alten Leuchtturm "Fanad Lighthouse" (www.fanadlighthouse.com).
Essen und Trinken: Immer und überall – Fish‘n‘ Chips! Beispielsweise im "Flash in the Pan" in Bushmills (77 Main Street, Bushmills BT57 8QB). Unbedingt erleben: ein Pub, jedes hat seinen eigenen Charme. Legendär: "Crown Liquor Saloon" von 1826 (46 Great Victoria St, Belfast BT2 7BA, www.nicholsonspubs.co.uk); bodenständig-unterhaltsam: O‘Flaherty‘s (41 Upper Main Street, Buncrana).
Allgemeine Auskünfte: Tourism Ireland, Gutleutstraße 32, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069-9231850, www.ireland.com
Campingplatz-Tipps für Irland
Cut Thorn Farm
Adresse: Gibside/OS Field No 4847, Burnopfield Tyne & Wear, NE16 6AA. GPS: 54°55’13’N, 1°42’57’WLeicht südwestlich von Newcastle gelegen, befindet sich diese Campinganlage mitten im Grünen, neben einem Landwirtschaftsbetrieb. Die Stellplätze verteilen sich im Wiesengelände – Zelte, Aufstelldächer oder Markisen sollten sturmsicher sein! Die tolle Aussicht macht vergessen, dass es bis zur Autobahn nur zehn Minuten sind, hier ist der ideale Platz, um Northumberland oder Newcastle zu entdecken. Gar nicht oft genug erwähnen kann man zudem das phantastische "Beamish Museum", das die Lebens- und Arbeitsbedingungen des 19. und 20. Jahrhunderts in Nordostengland zeigt. Das außerhalb der Stadt gelegene Museum kann mit verschiedenen Läden, Werkstätten oder historischen Straßen- und Dampfbahnen aufwarten. Preis pro Nacht inkl. zwei Erwachsenen und Strom: ab ca. 23,00 Euro. Saison: 1. Januar–31. Dezember. Als besonderes Highlight kann die Farm mit den "West Wood Yurts" (http://gibsideyurts.co.uk) aufwarten, die Platz für vier oder mehr Personen bieten. Für Kinder sind die im Gibside Parc gelegenen Jurten eine Sensation.
Wohnmobilstellplatz Varyag Memorial
Adresse: Lendalfoot/A77, Lenadalfoot, KA26 0JG GPS 55°9’47’’N, 4°56’56’’WKnapp 30 Kilometer nördlich des schottischen Fährhafens von Cairnryan findet sich dieser gebührenfreie Stellplatz für rund vier Reisemobile auf einem Parkplatz nahe des Denkmals, das an die Geschichte der Warjag erinnert, eines kaiserlich russischen Kreuzers. Toller Blick auf den Meeresarm "Firth of Clyde". Befestigter Untergrund mit Rasen, maximaler Aufenthalt: 1 Nacht, ganzjährig.
Glenarm Marina
Adresse: Coast Road, Glenarm, BT44 0AU GPS 54°58’6’N, 5°57’9’’WEine Viertelstunde nördlich des nordirischen Fährhafens von Larne findet sich dieser gebührenfreie Stellplatz für ein knappes Dutzend Reisemobile auf einem Parkplatz. Maximaler Aufenthalt: 2 Nächte, ganzjährig nutzbar.
Park & Ride for Giant’s Causeway
Adresse: Dundarave Road, Bushmills, BT57 8SD GPS 55°12’27N, 6°31’23’WGebührenfreier Stellplatz für 20 Mobile in Bushmills auf einem Parkplatz, WC vorhanden, ganzjährig. Ideal für Besuche des Giant‘s Causeway und der Destille Old Bushmills (2, Distillery Road, Bushmills, Co. Antrim, BT57 8XH, www.bushmills.com). Im Sommer ist der Stellplatz oft stark frequentiert, eine zeitige Anreise ist daher sinnvoll!
Buncrana Motorhome Aires De Service
Adresse: Railway Road,Burncrana, BT57 8SD GPS 55°7’42N, 7°27’28’WGebührenfreier Stellplatz für ein knappes Dutzend Mobile in Buncrana auf einem Parkplatz, asphaltierter Untergrund, ganzjährig nutzbar. Die Kleinstadt hat einen ganz eigenen Charme – fußläufig, es sind rund tausend Schritt, vom Stellplatz findet sich zudem das O’Flaherty’s (41 Upper Main Street, Buncrana, Telefon +353 74 936 1305), ein bodenständig-unterhaltsames Pub, wie es nicht typischer für Irland sein könnte.
Stellplatz Lake Melvin
Adresse: An der R281,Buckode GPS 54°25’34N, 8°11’4’WGebührenfreier Stellplatz für fünf Mobile außerhalb von Buckode in Seenähe, ganzjährig nutzbar.
Belleek Park Caravan and Camping
Adresse: An der R314, Ballina, F26 CP57 GPS 54°8’2"N, 9°9’31"WDie Anlage von Joe & Phil Lenahan liegt leicht außerhalb des quirligen Städtchens Ballina, Irlands "Lachshauptstadt". Ruhige, komfortable Anlage, mit Hecken und Bäumen aufgelockerte, ebene Parzellen. Preis pro Nacht inkl. zwei Erwachsenen und Strom: 26,00/30,00 Euro (Neben-/Hauptsaison). Saison: 1. März–31. Oktober (1. November–28. Februar auf Anfrage).
Ballyconneely Bay
Adresse: Ballyconneely GPS 53°25’14N, 10°9’8’WGebührenfreier Stellplatz für fünf Mobile in der Nähe des Strands, ganzjährig nutzbar.
Fanad Halbinsel Adresse: Teach Solais Fhánada, Fanad Head Lighthouse GPS 55°16’35’’N, 7°37’49’’WDer "Fanad Head" ist eines der beliebtesten Fotomotive der Region, er liegt ganz im Norden der Fanad Halbinsel am "Wild Atlantic Way", Irlands spektakulärer Küstenstraße, die sich an der Westküste in den Süden zieht. Der Leuchtturm ist mehr als 200 Jahre alt und steht für Besichtigungen offen. Zudem kann man hier in den Ferienwohnungen übernachten.