Titus bewährt sich als schicke Land-Jacht

An der Côte d'Azur tummeln sich die Schönen und Reichen. Wird der Chausson-Dauertester dem Chic der französischen Riviera gerecht?
"Hoppla, das ist ja in der Bucht von St. Tropez" – erst kurz nach der Buchung des Campingplatzes fällt mir auf, wo genau wir hinfahren. Als promobil-Redakteurin war ich schon häufig auf aufregenden Roadtrips mit unterschiedlichsten Fahrzeugen. In diesem Sommer wollten mein Partner und ich vor allem eines: Chillen.
So ging's für einen gemütlichen Strandurlaub am Mittelmeer auf den Camping des Mures mit direktem Strandzugang. Ganz unverhofft landen wir im "Golfe de Saint Tropez" – standesgemäß im französischen Dauertest-Wohnmobil, Chausson 640 Titanium Ultimate, Codename: Titus. Ist er "très chique" genug für die französische Riviera?
Radio rumpelt, Transit fährt zuverlässig
Nach einer Zwischenübernachtung im Rhone-Tal fahren wir entlang der Route du Soleil immer der Sonne hinterher. Plötzlich mischen sich Pinienbäume in die Botanik, dann irgendwann Palmen und die Architektur bekommt einen mediterranen Anstrich. Wir sind in der Provence.
Wäre schön, wenn ein bisschen französische Musik die Urlaubsstimmung unterstützen könnte. Der Radioempfang ist allerdings unterirdisch und stört jede Rhythmik und Melodie. Lustigerweise habe ich "Joe le Taxi" auf meinem Handy heruntergeladen und dank Bluetooth säuseln wir auf den letzten Kilometern diesen Klassiker mit. Auf französischen Straßen darf man ja zum Glück nicht so schnell fahren, sodass wir nicht gegen die lauten Motorgeräusche anbrüllen müssen. Ab 120/130 km/h kommt recht viel Geräusch aus Titus Motorraum.
Der Ford Transit ist ein zuverlässiger Urlaubsuntersatz. Das Basisfahrzeug erfreut sich seit zwei Modelljahren einer immer größeren Beliebtheit, weil der Fiat Ducato teilweise unter Lieferschwierigkeiten in der Pandemie litt. So bauen immer mehr Hersteller auf den Transporter des Ford-Konzerns. Für mich persönlich stehen sich die beiden Fahrzeuge in nichts nach. Nur die Automatik im Ford fährt teilweise etwas hochtourig – und typisch amerikanisches Fahrzeug: Der Transit ist durstig.
Packt der Kühlschrank Temperaturen über 35 Grad?
Unter trockene Kehlen hätten wir während der Woche Strandurlaub in St. Tropez sicherlich ebenfalls gelitten, hätte Titus nicht einen so großen Kühlschrank. Dort konnten wir Hefe-, Saft- und sprudelhaltige Getränke "en masse" kühlen. So waren wir bei bis zu 38 Grad nicht ständig auf Kaltgetränke aus kostspieligen Beach Clubs angewiesen. Der Kühlschrank lief stets auf Hochtouren und hielt alles kalt. Nur das Eisfach packte es bei Spitzentemperaturen tagsüber nicht, Eiswürfel ein- oder komplette Wasserflaschen durchzufrieren – letzteres an den Strand mitzunehmen ist mein favorisierter Beach-Life-Hack.
Dann gibt's noch diesen Life-Hack, von dem ich im Internet gelesen habe: Man kann angeblich einen kompletten Raum kühlen, indem man an einen der höchsten Punkte eine durchgefrorene Wasserflasche stellt. Heiße Luft steigt auf, kühlt sich ab und... naja, soweit die Theorie. Im Dauertester hat das in den schwitzigen Hochsommernächten nicht funktioniert. Doch in diesem Fall scheiterten sogar Isomatten auf der Frontscheibe, Verrammel-Aktionen tagsüber und Luft-Durchzug nachts.
Lag's an den hohen Temperaturen, dass wir außer Kaffee kaum gekocht haben und uns die zwei Kochstellen reichten? Spaghetti und Ramen gab's seltener als geplant. Dafür mehr Couscous-Salat, kalte Fertig-Gazpacho – und köstliche Pizza aus dem Platzrestaurant. Danke an die tapferen Bäcker am Steinofen!
Schick, praktisch und wohnlich obendrein
Steht an der französischen Riviera ein Restaurantbesuch an, darf man ein wenig mehr Kleingeld einplanen als gewohnt. Nicht umsonst treffen sich hier die Schönen und Reichen: Die Strände sind gepflegt, die Beach-Bars superhip. Pittoreske Orte wie Port Grimaud, das Venedig der Côte d'Azur, und Sainte-Maxime locken mit netten Boutiquen und Eisdielen. Das Hinterland bietet aussichtsreiche Wanderwege und traditionsreiche Weingüter. Kein Wunder steht im türkisfarbenen Wasser der Bucht eine schicke und mehrstöckige Millionärsjacht neben der anderen.
Ob wir uns arm gefühlt haben, mit unserer bescheidenen Landjacht, mit normalsterblichem Budget? Keineswegs. Der Chausson 640 bot uns richtig viel Schick. Der Grundriss ähnelt einem stylishen Tiny Home, die Beleuchtung und das Design sind modern. Auf Knopfdruck fährt elektrisch ein Bett vom Dach, das Raumbad im Heck fand ich fast so geräumig wie in einem Luxusliner. Die Bordtechnik lief einwandfrei und die Ausstattung halte ich für die Preisklasse angemessen – den einzigen offenen Wunsch, den ich in diesen Temperaturen hatte, war der nach einer Klimaanlage.
Über die Schlucht von Verdon und Fleurville an der Saône ging's nach 10 Tagen Am-Strand-Lümmeln schließlich zurück ins verregnete Deutschland. Dort angekommen hab ich mich – zumindest am ersten Tag – richtig gefreut, als es mich leicht fröstelte und ich einen Pulli anziehen musste.
Vorteile und Nachteile des Chausson 640
Hier listet Sophia Pfisterer auf, was ihr persönlich im Chausson 640 Titanium Ultimate gut oder nicht so gut gefallen hat. Hier können Sie alle promobil-Testergebnisse und Meinungen zum Testfahrzeug nachlesen.
Betten
(+) große Liegefläche im Hubbett(+) einfache Bedienung des Hubbetts(+) USB-Anschlüsse in Fahrerhaus-Decke
(-) Matratze könnte dicker sein
Sitzgruppe
(+) Längsbänke bieten guten Sitz-, Chill- und Schläfchen-Komfort(+) Tisch ausgeklappt etwas wackelig
(-) Steckdose an ungeschickter Stelle im Fußraum
Küche
(+) zwei Kochstellen waren trotz anfänglicher Zweifel ausreichend(+) Küchenrollenhalter und Gewürzregal sehr praktisch(+) viel Stauraum(+) viel Ablagefläche(+) großer Kühlschrank für zwei Personen
(-) zu wenig 230-Volt-Steckdosen
Sanitär
(+) Waschbecken sehr groß und praktisch(+) viele Verstau- und Ablagemöglichkeiten(+) supergeräumiger Waschraum
(-) Toilettendeckel-Scharnier sitzt sehr locker und fällt in den Rücken, wenn Fahrzeug schief steht(-) Schiebetür ist schwergängig und laut, wenn man sie nachts "zuschmeißt"(-) Lichtschalter an unintuitiver Stelle platziert
Möbelbau
(+) leichtgängige Schubladen(+) keine scharfen Möbelkanten(+) tolles Wohnraumkonzept(+) modern und stylisch(+) schönes Ambi/Nacht-Licht(+) Verdunklung im Fahrerhaus gut durchdacht
(-) verspiegelte Kleiderschranktür ist ungeschickt platziert, der vorhandene Riss im Spiegel vergrößerte sich weiter bei Benutzung(-) Handtuchhalter im Bad ging kaputt: Schrauben waren schon wackelig, sind bei erster Benutzung ausgerissen
Stauräume und Zuladung
(+) riesiger Kleiderschrank mit vielen Verstaumöglichkeiten, Schubladen und Fächern(+) Zugangsklappe zur Heckgarage sehr praktisch(+) reichlich Stauraum und Zuladung für zwei Personen
(-) obere Fächer der Heckgarage an der Fahrerseite für kleine Personen nicht erreichbar, genauso wie das obere Türschloss
Bordtechnik
(+) sehr gute Zugänglichkeit zu Motoröl, Adblue und Wischwasser(+) gute Wasserversorgung: Füllstand des Frischwassertank von außen gut einsehbar, praktischer Einfüllstutzen für Frischwasser und leichtgängige Entsorgungs-Mechanik(+) sehr guter Zugang zu Sicherungskasten(+) Außendusch- und Außengas-Anschluss sind super
(-) extrem laute Wasserpumpe(-) ungenaue Frischwasseranzeige am Kontrollpanel und fehlende Abwasseranzeige(-) Kontrollpanel leuchtet nachts sehr hell, kann nicht ausgeschalt werden und stört Schlaf
Fahren
(+) Fahrerhaussitze sehr bequem(+) viele Ablageflächen im Cockpit(+) gute Sitzposition und Übersicht nach vorne(+) Motorisierung für Urlaubstempo ausreichend
(+)/(-) Tempomat, aber kein ACC
(-) Totwinkel-Spiegel nicht einstellbar und sehr klein(-) sehr laut ab 120 km/h(-) Radio hat fast nie richtig funktioniert (weder UKW noch DAB)(-) nerviger und erschreckender Warnton, wenn Adblue zuneige geht
Preis und Ausstattung
(+) Für das, was die Titanium-Ultimate-Ausstattung bietet, finde ich den Preis angemessen.
(-) Für heiße Sommer würde ich auf jeden Fall eine Klimaanlage nachrüsten.