Concours d´Lemons
Zu jeder Bewegung gibt es ja bekanntlich eine Gegenbewegung. Während wir uns zunächst auf dem mondänen kalifornischen Autotreffen The Quail umgesehen haben, folgt jetzt das Kontrastprogramm.
Denn auf dem Concours d’Lemons in Seaside bei Monterey trifft sich inzwischen zum neunten Mal alles, worüber die elegante Pebble-Beach-Gesellschaft verächtlich die Nase rümpft. Will man meinen.
Doch zwischen verrosteten Motorhauben, vergammelten Innenräumen und eigenwilligen Fahrzeugkonstruktionen stöckelt doch tatsächlich der eine oder andere Hutträger, der gestern noch neben seinem Ferrari einen Champagner schlürfte. Die Lemons sind inzwischen einfach Kult. Und die Fantasie derjenigen, die sich die begehrte Quatsch-Trophäe sichern wollen, ist genauso drüber wie der Preise der versteigerten Autos hier in der Gegend.
Nissan Altima im Mad-Max-Style
Da wäre zum Beispiel Benjamin, der vor sechs Jahren mit seinem Nissan Altima einen Unfall baute und sich dabei die Front zerdellte. Die Reparatur hätte 5.000 Dollar gekostet. „Das war mir zu teuer“, erzählt er. Also fing er an, die japanische Limousine umzubauen. Er ließ sie gezielt verrosten, schraubte Rohre, Hupen, Maschinengewehre aus Plastik und jede Menge Skelette und Totenköpfe dran.
Jeder Filmjunkie erkennt auf den ersten Blick, wovon sich Benjamin inspirieren ließ. „Ich nahm mir Mad Max zum Vorbild.“ Mit dem „Road Warrior“ fährt der Autokünstler nicht nur auf Treffen, sondern jeden Tag zur Arbeit oder in den Urlaub nach Mexiko. Kein Wunder, dass er bei all der Liebe zum Detail direkt eine begehrte Limone abstaubt.
Zwei Autos weiter stehen Anton und Anna aus Großbritannien, die mit dem „Million Mile Lexus“ nach Kalifornien gekommen sind. Den haben sie sich vom amerikanischen Motorjournalisten Matt Farah geborgt. Der hat den LS400 von 1996 vor vier Jahren gekauft. Damaliger Tachostand: 897.000 Meilen. Er erhöhte in selbst auf 970.000 und verleiht ihn jetzt an Freunde.
Eine Millionen Meilen mit einem Lexus LS400
Die Autoblogger Anton und seine Freundin Anna kamen extra aus Großbritannien in die Staaten, um die Aufgabe zu übernehmen. Seit drei Monaten sind sie hier und haben inzwischen 16.000 Meilen im Lexus zurückgelegt: „So viele Kilometer fahre ich normalerweise nicht mal in einem Jahr“, erzählt Anton. Aktueller Stand: 988.697 Meilen – und angeblich ist der Motor im Originalzustand.
Doch zwischen all den exotischen Limonen geht der schlichte Lexus schon fast unter. Der rostige VW Käfer von Autosammler Randy ist da schon auffälliger. Nicht zuletzt, weil ein südafrikanischer Springhase auf dem Dachgepäckträger sitzt. „Meine Kinder nennen ihn Squeezy“, erzählt Randy. Den habe er aber nicht etwa eigenständig erlegt und ausgestopft, sondern auf einem Antiquitätenmarkt gefunden.
Ob Randy sich bei der Gestaltung seines 1960er Käfers genauso viel Mühe gegeben hat wie Benjamin mit seinem Mad-Max-Nissan? „ Nein, die Patina kam von ganz allein, wenn man den Wagen nur lange genug draußen an der Meeresluft stehen lässt“, verrät der Kalifornier seinen Trick.
Das bisschen Rost
Doch obwohl sein Käfer schon recht knusprig ist – Johns Chevy Pickup von 1977 kann hier wohl niemand übertreffen. Auf der beige-gelben Motorhaube sind die braunen Flecken so akkurat angeordnet, dass man meinen könnte, sie stammen von einem Geparden. Über mangelnde Belüftung dürfte sich der V8-Motor jedenfalls nicht beschweren.
Der Concours d’Lemons gehört inzwischen genauso zur Monterey Car Week wie der Concours d’Elegance oder The Quail. Und sind wir doch mal ehrlich: Die meisten sehen sich doch viel lieber abgedrehte Rostlauben an als geschniegelte Ferraris. Wer will denn schon perfekt sein?