Tourismuscamping statt Dauercamping?

Prerow, Sylt, Trassenheide – was verbindet diese Urlaubsorte? Ganz einfach: Hier wurden und werden DauercamperInnen vor die Tür gesetzt. Profitmaximierung oder andere Gründe? Das steckt dahinter.
"Campingplatz setzt alle DauercamperInnen vor die Tür!" und "Sylt schmeißt DauercamperInnen raus" – solche Schlagzeilen konnte man in den letzten Monaten häufiger lesen. Neuer Trend oder Einzelfälle? CARAVANING hat nachgeforscht.
Einer, der sich mit dem Thema auskennt, ist Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland e.V. (BVCD). Ihn haben wir gefragt, wie er die Entwicklung des Dauercampings in Deutschland beurteilt.
Was hat sich geändert auf den Plätzen?
"Nach unseren Erkenntnissen haben sich die Kapazitäten im Bereich Dauercamping in den letzten 15 Jahren von zirka 300.000 auf 260.000 Standplätze reduziert. Dies hat vor allem zwei Gründe: Unabhängig von der Nutzungsart wurden Stellflächen vergrößert. Außerdem wurden Flächen umgewidmet, um feste Mietunterkünfte aufstellen zu können."
Früher waren DauercamperInnen für viele Campingplätze die sichere Bank, denn sie brachten kalkulierbare Einnahmen: Sie bezahlten im Voraus und für eine lange Periode, während die Einnahmen durch TouristInnen vom Wetter und anderen Umständen abhingen.
Heute hat sich das teilweise geändert, denn, so Günther: "Die Nachfrage im weitaus lukrativeren Tourismuscamping ist gestiegen und durch Mietobjekte können viele Campingplätze auch bei schlechtem Wetter TouristInnen beherbergen."
Hohe Nachfrage nach Tourismuscamping
Mittlerweile ist die Nachfrage im Tourismuscamping also so hoch, dass dies für viele Betriebe mindestens genauso kalkulierbar ist. "Zudem sind die Einnahmen der peripheren Angebote zum Beispiel im Shop oder in der Gastronomie (z.B. bei TagestouristInnen) wesentlich höher", so Günther.
Versuchen daher manche Campingplätze ihre Dauergäste loszuwerden, um die Flächen in lukrativere Touristenplätze oder Flächen für Mietunterkünfte umzuwandeln? Der Verdacht drängt sich in manchen Fällen auf. So zum Beispiel beim Camping Westerland auf Sylt. Dort gibt es 200 Touristen- und 100 Dauercamping-Parzellen. Von diesen 100 fallen nun 35 weg, die frei werdenden Flächen sollen nicht wieder mit Dauercamperplätzen besetzt werden.
Kündigungen erhielten indes auch die 78 DauercamperInnen des Camping Ostseeblick in Trassenheide im Sommer 2022. Laut Betreiberin wurden die Kündigungen aufgrund von Umbaumaßnahmen nötig.
Regenbogencamping Prerow kündigt 428 CamperInnen
Ein Fall, der auch überregional Wellen schlug, betrifft den Regenbogencamping Prerow an der Ostsee. Hier wurde zum Jahresende allen 428 DauercamperInnen gekündigt. Hintergrund ist, dass die Pacht für Teile des Platzes, der in einem Nationalpark liegt, nicht verlängert wurde. Besitzerin des Geländes ist die Stiftung für Umwelt- und Naturschutz MV.
"Uns wird die betroffene Fläche im Areal I ab dem 1. Januar 2023 schlichtweg nicht mehr zur weiteren Nutzung zur Verfügung gestellt", gibt Patrick Voßhall, Mitglied der Geschäftsleitung der Regenbogen AG, die den Platz betreibt, zu Protokoll. "Das Areal wird der Natur überlassen. Deshalb müssen der gesamte Bereich und darunter leider auch die dazugehörigen Dauercampingstellplätze – insgesamt 75 – bis zum 31.12.2022 vollständig geräumt werden."
Warum wurde allen DauercamperInnen gekündigt?
Laut Patrick Voßhall erfolgte dieser Schritt aus zwei Gründen. Zum einen sollen so Änderungen an den Stellplätzen erleichtert werden. Diese werden notwendig, um die Flächen nationalparkkonform zu gestalten, zum Beispiel ohne die Verwendung von Mikroplastik.
Zum anderen erwartet man sich so eine verbindliche Antwort aller DauercamperInnen, ob sie im kommenden Jahr einen Stellplatz nutzen möchten. Die reguläre Fluktuation liegt bei zehn Prozent. Alle DauercamperInnen können sich auf einen neuen oder bestehenden Stellplatz bewerben.
Dennoch ist klar, dass es in Prerow nicht genügend Kapazitäten geben wird, um alle DauercamperInnen unterzubringen, die hier jahrelang ihr Feriendomizil hatten. Als Trostpflaster bietet ihnen die Regenbogen AG auf ihren anderen Ferienanlagen einen zehnprozentigen Rabatt auf den Dauercamper-Stellplatzpreis. Patrick Voßhall: "Hierzu weisen wir dann sogar neue Flächen aus und verzichten auf touristisch nutzbare Stellplätze."
Ist die Zeit des Dauercampings vorbei?
Betrachtet man die Einzelfälle, so kann man nicht davon sprechen, dass Dauercamping in Deutschland generell ein Auslaufmodell ist. Jedoch: Auch Campingplätze müssen wirtschaften und mit dem zunehmenden Campingboom können sie mit Mietunterkünften und teureren Touristenplätzen mehr Geld verdienen. Dass dann vor allem die Dauercampingplätze reduziert werden, liegt auf der Hand.