Warum ein Campingplatz für Erwachsene polarisiert
Ein Campingplatz in der Schweiz wird zum Adults-Only-Angebot – und weckt damit deutsche Medien. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Die Betreiberinnen setzen auf sinnvolle Differenzierung, nicht auf Ausgrenzung.
Ein Campingplatz mit neuem Adults-Only-Konzept, scheinbar skrupellose neue Betreiber, leidende Familien, die ihre Dauerstellplätze verlieren: Das Schweizer Nachrichtenportal Beobachter hat einen Bericht über den Campingplatz Hobby 3 in Unterseen – Interlaken (Berner Oberland) verfasst, der viele Schlagwörter enthält, die Medien zum Reichweitenmachen brauchen. Er erzählt aber nur die Hälfte der Geschichte. Deutsche Medien haben ihn abgeschrieben und die neuen Betreiberinnen in ein falsches Licht gerückt. Denn Familienunfreundlichkeit ist ihnen kaum vorzuwerfen. Sie haben für den Hobby 3 nur ein Konzept entwickelt, das sich vom direkt benachbarten Campingplatz, der ebenfalls ihrem Unternehmen gehört, abgrenzt und den Bedürfnissen der Campenden gerecht wird.
Deutsche Medien verstärken den Furor
Seinen Anfang nahm der Medienfuror durch die Familie Oeschger, die ihre seit Jahrzehnten gemietete Parzelle auf dem Hobby 3 aufgeben musste, weil die Kinder zu jung sind. "Wir akzeptieren den Entscheid schweren Herzens, kritisieren aber die Kommunikation", sagt Sandra Oeschger gegenüber dem Schweizer Portal Beobachter. Mehr als eine ungünstige Kommunikation bleibt bei sachlicher Betrachtung nicht übrig, wobei auch mit den Oeschgers schon während des Sommers 2025 eine Absprache zum weiteren Vorgehen bestanden haben soll. Während sich bei den Schweizer Journalisten wenigstens die spezifischen Probleme des Einzelfalls herauslesen lassen, pauschalisieren und dramatisieren die deutschen Medien das Thema. Dauermieter müssten ihre Wohnwagen und Vorbauten entsorgen, weil ein Weiterverkauf auf dem Gelände nicht erlaubt sei, berichtet der Münchner Merkur. Die Entscheidung der neuen Besitzer hätte bei vielen Betroffenen für Frust und Enttäuschung gesorgt, schreibt Rosenheim 24. Bei der Schwäbischen Zeitung heißt es: "Diese Neuausrichtung kam für viele Camper total überraschend."
Erster Adults-Only-Campingplatz der Schweiz
Was stimmt: Der ehemalige Hobby 3 in Unterseen – Interlaken wird ab Januar zum Camping Lazy Rancho – Adults Only, dem ersten Campingplatz der Schweiz nur für Erwachsene (Personen älter als 16). Der Name kommt von der Lazy Rancho AG, die den Platz zum Saisonstart im März rückwirkend zum ersten Januar 2025 übernommen hat. Zum Unternehmen gehört schon seit Jahrzehnten der kaum 250 Meter entfernte Campingplatz Lazy Rancho, der ab 2026 den Zusatz "Family und Adventure" tragen wird. Hinter der AG stehen die Schwestern Cheyenne und Virginia Blatter, deren Eltern den Lazy Rancho bis Ende 2024 betrieben haben. "Bereits in den ersten Gesprächen im vergangenen Jahr haben wir erkannt, dass zwei nahezu identische Campingprodukte innerhalb von 250 Metern wenig sinnvoll sind", erklärte Cheyenne. Also haben sich die Schwestern dazu entschieden, für die beiden Plätze unterschiedliche Konzepte zu entwickeln. Aufbauend auf dem Feedback vieler ihrer Gäste und des Verbands Camping Berner Oberland.
Deshalb wird Lazy Rancho, der größere Platz mit dem neuen Spielplatz, familienfreundlichen Mietobjekten und vielen Familienjahresplätzen, zum Lazy Rancho – Family & Adventure. Den etwas kleineren, ehemaligen Hobby 3, mit weniger kindgerechter Infrastruktur und seit jeher eher erwachsener Zielgruppe, bauen die Schwestern zum Adults-Only-Platz um. Sie wollen dort eine Wellness-Oase mit Sauna, Whirlpool, Kältebad und Ruhebereich schaffen. "Familien sollen weiterhin willkommen sein, und der größte Teil des Geländes bleibt bewusst familienorientiert. Gleichzeitig möchten wir Ruhesuchenden erstmals in der Schweiz ein Umfeld anbieten, in dem sie sich erholen können, ohne Kinderlärm oder Bewegungsdynamiken von Familien", erklärt Cheyenne.
Betroffene Familien erhalten Umzugsangebot
Die beiden Betreiberinnen haben demnach keine Familie ohne ein alternatives Angebot vom Hobby 3 verbannt oder herausgeworfen, und um viele Parteien ging es dabei auch nicht. Von insgesamt 38 Jahresgästen seien letztlich fünf Familien betroffen gewesen, schreiben die Blatters. Schon am 21. März hätten sie alle Dauercampenden angeschrieben, um die Kontaktdaten zu aktualisieren und individuelle Lösungen abzustimmen. Zu diesem Zeitpunkt sind ihnen nur zwei Familien mit Kindern auf dem Hobby 3 bekannt gewesen. Weil Kundendaten wenig über Familienstände aussagen, hätte sich erst im Verlauf der Saison gezeigt, dass es fünf sind. Zwei davon nahmen das Umzugsangebot an, eine kündigte freiwillig und zog auf einen anderen Campingplatz, eine andere verkaufte ihre komplette Einheit (Wohnwagen und Vorbau) auf der bestehenden Parzelle. Mit Oeschgers fand sich jedoch keine Lösung, mit der sowohl Betreiber als auch die Campenden zufrieden waren. Also musste die Familie den Campingplatz Hobby3 oder Lazy Rancho – Adults Only verlassen, inklusive gebrauchtem Wohnwagen und Vorbau.
Betreiberinnen erhalten positives Feedback
Das schlechte Echo der Medienberichte und einige Kommentare dazu hat Cheyenne und Virginia Blatter überrascht und betroffen gemacht. Umso wichtiger sei es für die beiden, dass ihre Kunden ihnen sehr positives Feedback widerspiegeln würden. Sie würden viele Anfragen erhalten, sowohl von Familien, die sich auf den neuen Family & Adventure Bereich freuen, als auch von Erwachsenen, die einen ruhigen Campingbereich schätzen. Einige Campende sind sogar auf den Ü16-Platz umgezogen. "Familien mit Kindern sind und bleiben ein zentraler Bestandteil unseres Angebots. Gleichzeitig glauben wir, dass ein Adults-Only-Bereich genauso seine Berechtigung hat – als ergänzendes Angebot, von dem beide Zielgruppen profitieren", erklärt Cheyenne. Die beiden Schwestern haben in Unterseen einen Ort geschaffen, an dem Familien unbeschwert Camping-Ferien machen können, und gleichzeitig Erwachsene Ruhe finden. Übrigens mit einem unglaublichen Ausblick auf das Alpen-Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau.
