Integrierter mit Längsbank-Sitzgruppe

Das "Fachwerk" hat der Eura Mobil Integra Line längst hinter sich gelassen. Neben seiner modernen Aufbautechnik soll die Mittelklassebaureihe nun auch modisch und adrett auftreten. Die neue Integra Line im Supercheck.
Längsbank-Sitzgruppen sind zur Zeit voll angesagt. Auf der CMT im Januar präsentierte auch Eura Mobil sein erstes Modell mit dieser Wohnzimmer-Anordnung, den Integra Line 720 QF. Er steht damit geradezu symbolisch für die Zeitenwende bei dem rheinhessischen Hersteller, der früher vor allem für die solide Aufbau- und Bordtechnik bekannt war – aber keinesfalls dafür, eilig aktuellen Modetrends nachzulaufen. Doch inzwischen soll beides zusammengehen – technische Souveränität und zeitgemäßer Auftritt.
Mit dem komplett neu aufgelegten Top-Modell Integra startete die Neuausrichtung zum Modelljahr 2018. Letzten Sommer folgte die Überarbeitung der Volumenbaureihe Integra Line, die sich seitdem optisch an den edleren, großen Bruder anlehnt. Mit dem neuen 720 QF – "F" für "Face-to-Face" wie manche die Längsbank-Sitzgruppe auch nennen – will man die Welle reiten, die gerade von Frankreich über den deutschen Markt hereinschwappt.
Doch das neue Modell ist nicht einfach ein Integra Line 720 QB mit geänderter Sitzgruppe. Bei näherem Hinsehen überrascht der "QF" mit weiteren Neuerungen, die sich – als Vorgriff auf die nächste Saison – wohl bald in der ganzen Baureihe wiederfinden. Also, auf zum Test der Eura-Mobil-Zukunft, die gerade beginnt.
Wohnen
Was ist denn hier los? Längsbank-Sitzgruppen weiten den Raumeindruck – so weit bekannt. Aber die Eura-Konstrukteure nutzen noch einen weiteren Kniff. Die Küchenzeile gibt sich nicht gleich als solche zu erkennen, wirkt eher wie ein Sideboard, das zur Wohnzimmereinrichtung gehört – clever. Wie das funktioniert, schauen wir uns gleich an. Erst gilt das Augenmerk der Sitzgruppe: Die Platte des zentral platzierten Tischs lässt sich mittig halbiert umklappen – immer noch die fixeste Lösung, um zwischen angemessener Tischfläche und passablem Durchgang hin- und herwechseln zu können.
Die Längssofas sind lang genug für je zwei Personen. Zusammen mit den gedrehten Cockpitsesseln bleibt also noch Platz für Gäste, selbst bei voller Besatzung. Oder andersrum: Die Vordersitze müssen im Normalfall gar nicht gedreht werden, um sich gegenübersitzen zu können. Um aus einer der Längsbänke einen Gurtplatz zu bauen, nimmt man die Polster ab, klappt die darunter versteckte Rückenlehne mit Dreipunktgurt nach oben, schafft durch Abnehmen eines Klappbretts den nötigen Fußraum, legt Sitz- und Lehnenpolster auf und befestigt noch ein separates Nackenkissen.
Zwei Polster muss man zwar noch extra verstauen, doch der Aufwand lohnt, der Sitzkomfort des Umbauplatzes ist dann auch langstreckentauglich. Dennoch stellt sich die Frage, ob man diesen Vorgang bei häufigem Standortwechsel ständig ausführen möchte? Der Integra Line 720 QF qualifiziert sich somit eher als 2+2-Mobil.
Die Küche ist als kompakte Längszeile gestaltet. Eine Glasplatte deckt den Kocher ab. Viel ungewöhnlicher ist aber die Spüle, die sich fast unsichtbar unter einer bündig eingelassenen Platte versteckt, die aus dem gleichen Mineralwerkstoff gefertigt ist wie die Arbeitsplatte und das Spülbecken. Besonders auch: Die Platte klappt über die angrenzende Sitzbank und verlängert mit ihrer eingeformten Abtropffläche geschickt die Küchenzeile. Vervollständigt wird das überraschende Ensemble noch durch einen soliden, aus der Spüle ausziehbaren und durch Verdrehen arretierbaren Wasserhahn. Stau- und Kühlraum sind reichlich und gut zugänglich vorhanden.
Bad und Dusche sind separat rechts und links vor dem Queensbett platziert. Der Waschraum ist eng, wenn die Schiebetür geschlossen ist. Doch um auf dem Thron zu sitzen, reicht es erstaunlich gut. Zum Händewaschen an dem schüsselförmigen Becken muss man dann allerdings die Tür wieder öffnen – aber das funktioniert ganz gut. Schwieriger ist die Sache mit der Dusche gegenüber. Optisch schön gestaltet mit hinterleuchtetem Wandelement, krankt die Nutzung vor allem an der durch den Radkasten beengten Stehfläche. Ringend ums Gleichgewicht, stößt man dabei leicht die Duschtür auf, die lediglich durch ein Magnetband zugehalten wird.
Eng ist auch der Zugang zum Queensbett. Dieses lässt sich zwar nach hinten schieben, wobei sich der Kopfteil aufstellt und der Durchgang breiter wird, doch wenn bereits einer flachliegt, wird es für den zweiten schwierig, am Bad vorbei ins Bett zu kommen – ganz besonders in oberster Position der Betthöhenverstellung. Ansonsten erreicht der Matratzenkomfort gutes Niveau, die Liegemaße sind mit 1,89 mal 1,48 Meter eher durchschnittlich.
Zum Schmökern angenehm ist das aufstellbare Kopfteil des Lattenrosts, die seitlich angebrachten Schirmlampen geben dafür aber nicht hell genug. Im Hubbett finden sich neben solchen Schirmleuchten auch noch Lesespots mit guter Helligkeit. Auch sonst überzeugt das Frontbett mit ansprechendem Zugang und Komfort.
Beladen
Zwei Hänge- und zwei Kleiderschränke nehmen rund ums Queensbett Klamotten auf. Zudem findet sich ein Wäschefach im Bettkasten nach Hochklappen des Lattenrosts am Fußende. Allerdings wäre das Stauvolumen dort noch deutlich größer, könnte man die Ecken rechts und links davon tatsächlich nutzen – das geht nur, solange das Bett abgesenkt bleibt, sonst liegt der Inhalt offen da.
Kleinteile kommen zudem in den drei Stufenfächern unter – das Vierte ist durch den Hydraulikzylinder der Betthöhenverstellung belegt. Als praktischer Vorratskeller stehen zudem die beiden Doppelbodenfächer unter dem vorderen und hinteren Gang bereit. Bleiben noch zwei Hängeschränke über der Sitzgruppe. Die Sitztruhen kann man dagegen als Stauraum abhaken. Hier residieren die Heizung und der Frischwassertank. Für zwei Personen sollte das Schrankvolumen dennoch gut ausreichen – bei Vollbelegung mit vier kann es aber etwas knapp werden.
Als Ausweichquartier für Ersatzkleidung und -schuhe kann auch noch die Heckgarage aushelfen. Selbst mit zwei, drei gestapelten Klappkisten bleibt genügend Platz für Fahrräder, Campingmöbel und Sonnenschirm. Zur Ladungssicherung stehen Zurrschienen mit verschiebbaren Ösen bereit. Zweiräder können allerdings nur durch die rechte, größere Tür verladen werden – und nur, wenn das Queensbett ganz oben ist. Das Hochkurbeln dauert seine Zeit – komfortabler geht’s mit einem Akkuschrauber und einer passenden Nuss. Die Bodenwanne aus isoliertem GfK-Sandwich ist mit zwei Öffnungen ausgestattet – praktisch zum Ablauf des Schmelzwassers von Ski und Schlitten. Zwei Fächer an der Vorderwand dienen als Aufbewahrungsort für Kabeltrommel und Ausgleichskeile.
250 Kilo darf der Garagenboden tragen. Damit hat auch die Hinterachse kein Problem, die beim üppig ausgestatteten Testwagen (ca. 375 kg Extras!) trotzdem noch 675 Kilo verträgt. Insgesamt sind es sogar 855 Kilo Zuladung, allerdings gelten diese Werte für das aufpreispflichtige Maxi-Chassis mit 4,4 Tonnen Gesamtgewicht, das auch höhere Achslasten erlaubt. Bei zurückhaltender Ausstattung sollte es – zumindest als Zwei-Personen-Mobil – auch mit 3,5-Tonnen-Chassis funktionieren.
Technik
An der Eura-Aufbautechnik hat sich in jüngster Zeit nichts Wesentliches verändert. Die holzfreien Sandwichplatten mit GfK-Außen- und -Innenschicht werden nach wie vor durch Verkleben in Alu-Eckprofilen miteinander verbunden. Die Fußbodenplatte über dem flachen Keller mit elf Zentimeter lichter Höhe besteht inzwischen auch aus einer Sandwichplatte mit Schaumkern. Alu-Rahmenfenster, Außenklappen mit Doppeldichtungen und eine breite Aufbautür mit Fenster vervollständigen die rundum solide Konstruktion.
Die GfK-Frontmaske wurde zum Saisonstart an den Look des großen Bruders Integra angepasst – ohne eine gewisse Eigenständigkeit zu verlieren. Die schwarzen Kunststoffteile – Kühlergrill und Scheinwerfergehäuse – werden dabei im modernen RIM-Verfahren hergestellt, das eine filigranere Formgebung und höhere Oberflächengüte ermöglicht.
Eine faustdicke Überraschung entdeckt der Eura-Kenner beim Blick auf die Bordtechnik des neuen 720 QF. Elektrik und Wasseranlage zeigen sich komplett neu organisiert und jeweils zentral an einer Stelle zusammengefasst. Durch eine Außenklappe auf der linken Seite erreicht man die Wasserpumpe mit Vorfilter sowie vier Ventile – zwei für die Entleerung des Frischwassertanks bis Fahrstellung (25 L) oder ganz, zwei weitere für die Warm- und Kaltwasserleitungen. Der Abwassertank ruht in einer abgesenkten Wanne hinter der Hinterachse und ist stets isoliert und beheizt.
Das gilt auch für das serienmäßig elektrisch betätigte Ablassventil – der Schalter ist etwas versteckt, aber leicht zugänglich durch die linke Garagentür erreichbar. Hier ist auch die komplette Bordelektrik – geschützthinter einem abnehmbaren Lochblech übersichtlich angeordnet. Das ganze Installationsbrett lässt sich zudem nach vorn klappen und macht so den Zugang frei zu den – ein oder optional zwei – Gel-Bordbatterien dahinter.
Die guten Voraussetzungen für den Wintereinsatz lassen sich optional noch verfeinern mit Warmwasserheizung und Fußbodenerwärmung im Fahrerhaus.
Lichtcheck
113 Lux im Schnitt in der Sitzgruppe sind zum Fernsehen okay, zum Essen und vor allem zum Lesen aber zu wenig. Die Küche kommt durchschnittlich über 300 Lux, in der Spitze sogar auf 780 – da kann man arbeiten. Das Gesicht im Spiegel wird mit über 300 Lux erhellt. In der Dusche sind es dürftige 67 Lux im Schnitt. Die Lesespots am Hubbett schaffen 260 Lux. Das Schummerlicht hinten kommt gerade mal auf 50.
Fahren
Kompromisse sind keineswegs immer faul, auch wenn das heute mancher glauben machen will. Aber es gibt bessere und schlechtere – auch bei den Sichtverhältnissen von integrierten Reisemobilen. Große, hängende Außenspiegel mit vernünftigen Weitwinkelfeldern – wie im Integra Line – gewähren sehr gute Sicht nach hinten. Zusammen mit einer breiten A-Säule wird der Bereich links vor dem Fahrzeug aber empfindlich verdeckt – was gerade beim Einfahren in Kreuzungen und Kreisverkehre erhöhte Vorsicht fordert. Ansonsten ist die Rundumsicht tadellos.
Wenn die Sonne scheint und der Fahrer geblendet wird, kann das elektrische Verdunkelungsplissee für die Frontscheibe auch zu diesem Zweck herangezogen werden. Allerdings muss man die Augen einige Momente zusammenkneifen, bis das Rollo die passende Position erreicht hat.
Bei Nacht wiederum zeigt sich, wofür man im Exclusiv-Design-Paket, unter anderem, die 1990 Euro extra ausgegeben hat: Die LED-Hauptscheinwerfer nebst Nebel- und Abbiegelicht in gleicher Technik erhellen alles, was man zum sicheren Fahren sehen muss. Insgesamt fährt sich der 720 QF mit den typischen Vor- und Nachteilen der Ducato-Basis. Besonderes Lob verdient er sich für den relativ kurzen Bremsweg, selbst auf etwas feuchter Piste, und den zurückhaltenden Diesel-Konsum mit dem angemessen starken 150-PS-Motor.
Das fiel uns auf
(+) Bequemes, gut zugängliches Hubbett mit Dachhaube und vernünftig hellen Lesespots.(+) Touchscreen-Kontrollbord mit gutem Funktionsumfang. Zentrale Steuerung von Heizung und Co.(+)(-) 230-V-Dosen an der Sitzgruppe schlecht zugänglich, Doppel-USB-Ladebuchse am Queensbett.(+)(-) Insgesamt enger Zugang zum Motorraum. Nach außen geführter Stutzen für Waschwasser.(-) Zum Innenraum nicht vollständig abgedichteter Kassettenschacht der Toilette. Schwierig zu putzen.(-) Durchgang zwischen Bad und Bett sehr eng. Kaum passierbar wenn Bett ganz oben.
Nachgefragt
Jens Heinrichs, Produktmanager bei Eura Mobil, nimmt Stellung ...
... zu den 230-V-Steckdosen, die nur in Fahrposition der Sitzbänke erreichbar sind: Die Platzierung der Steckdosen ist im getesteten Fahrzeug aus der Vorserie tatsächlich ungeschickt. Wir werden das in der demnächst anlaufenden Serienproduktion ändern.
... zum unbequem engen Durchgang zwischen Bett und Bad: Auch hier planen wir eine Anpassung in der Serie. Die kleine Wand neben dem Waschtisch wird um ca. 90 Millimeter gekürzt und der Durchgang entsprechend erweitert.
... zur schwachen Helligkeit der Beleuchtung an der Sitzgruppe und am Queensbett: Wir werden uns die Beleuchtung an den kritisierten Stellen noch mal anschauen und gegebenenfalls nach einer Verbesserungsmöglichkeit suchen.
... zum nicht vollständig abgedichteten Kassettenschacht der Toilette: Wir haben dazu noch keine Beschwerden unserer Kunden erhalten. Eventuell auftretende kleine Undichtigkeiten sammeln sich in der Wanne unter der Kassette.
Preise
Rund 100.000 Euro für einen Integra Line? Viel Geld für einen Mittelklasse-Integrierten. Doch im Testwagen stecken reichlich Extras im Wert von fast 23.000 Euro. Los geht’s eigentlich bei rund 80.000 Euro für den 720 QF in der empfehlenswerten Mondial-Edition (Aufpreis 1990 Euro), die bereits eine ganz Liste von sinnvollen und angenehmen Extras enthält. Dazu wählt man am besten noch das Exclusiv-Design-Paket – alles Weitere lässt sich dann nach Wunsch und Geldbeutel gezielt ergänzen.
Grundpreis: 78.390 Euro(Fiat Ducato 35L, Motor 96 kW/130 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung IITestwagenpreis: 100.880 Euro
Grundinformationen Eura Mobil Integra Line 720 QF
Gurte/Schlafplätze: 4/4Zul. Gesamtgewicht: 4400 kgLänge/Breite/Höhe: 7,42/2,32/2,88 mGrundpreis ab: 77.990 Euro
Eura Mobil Integra-Line-Baureihe
Preise: 73.990–77.990 EuroBasis: Fiat DucatoLänge: 6,99–7,41 mGesamtgewicht: 3500–4500 kgWeitere Modelle: 9Charakter: Der Integra Line stellt mit zehn Modellen das umfangreichste Angebot im Baureihenprogramm von Eura Mobil. Die Mittelklasse-Integrierten mit flachem Doppelboden setzen sämtlich auf den Fiat Ducato als Basis. Vier Grundrisse mit Einzelbetten und vier mit Queensbetten stellen das Hauptkontingent der Auswahl, ergänzt durch ein Modell mit französischem Bett und eine Querbettvariante. Die Fahrzeuge sind zwischen 6,99 und 7,41 Meter lang und setzen auf eine moderne, geklebte, holzfreie Aufbaukonstruktion mit GfK rundum – außen wie innen.
Konkurrenten
Adria Sonic Plus 700 DC Grundpreis: 74.799 EuroBasisfahrzeug: Fiat Ducato, 96 kW/130 PSLänge/Breite/Höhe: 7490/2320/2960 mmLeer-/zul. Gesamtgewicht: 3200/3500 kg(+) Längsbank-Sitzgruppe, breites Queensbett, viel Serienausstattung. (-) Knappe Zuladung als 3,5-Tonner, kleiner AW-Tank, EPS-Isolierung.
Dethleffs Pulse I 7051 DBLGrundpreis: 66.999 EuroBasisfahrzeug: Fiat Ducato, 96 kW/130 PSLänge/Breite/Höhe: 7400/2330/3000 mmLeer-/zul. Gesamtgewicht: 3030/3499 kg(+) Längsbank-Sitzgruppe, breites Queensbett, relativ viel Zuladung, günstiger Preis.(-) Aufbau mit Holz und EPS-Schaum, kleiner AW-Tank.
Rapido 8086 DF Grundpreis: 75.000 EuroBasisfahrzeug: Fiat Ducato, 96 kW/130 PSLänge/Breite/Höhe: 7190/2350/2890 mmLeer-/zul. Gesamtgewicht: 3070/3500 kg(+) Längsbank-Sitzgruppe, Doppelboden, Alko-Tiefrahmen, holzfreier Aufbau mit XPS-Schaum, passable Zuladung. (-) Kurze Längsbänke.