Ökomobil aus dem Schwarzwald

Für eine Überraschung sorgte auf dem Caravan Salon 2020 der neue Hersteller Holzmobil aus dem südwestdeutschen Furtwangen: Ein Alkovenmobil, bei dem nicht nur die Möbel, sondern auch praktisch der komplette Aufbau aus Holz gebaut ist.
Natürlich, ökologisch, nachhaltig lauten Schlagworte unserer Zeit. Doch alle gängigen Reisemobilhersteller setzen – zumindest bei der Aufbautechnik – vor allem auf Metalle und Kunststoffe in unterschiedlichster Form. Die meisten sind gerade bestrebt, Holz als Werkstoff weitgehend zu vermeiden. Der Grund ist klar: Wenn Holz feucht wird, fängt es an zu faulen und wird instabil.
Zimmermann mit einer Leidenschaft fürs Camping
Doch Stefan Offenburger, Chef der Zimmerei Offenburger mit fast hundertjähriger Tradition und gleichzeitig passionierter Camper wollte sich damit nicht zufriedengeben. Er war sich sicher, dass man aus seinem Lieblingswerkstoff nicht nur stehende, sondern auch rollende Häuser bauen könnte, die dauerhaft stabil und dicht sind.
So nahm er das Projekt in Angriff und entwarf, konstruierte und baute schließlich ein Alkovenmobil ganz nach seinen persönlichen Vorstellungen und Wünschen. Noch während der Entstehungsphase wurde schon klar, dass auch andere Reisemobilfans sich für so ein Ökomobil interessieren und so gründete er gemeinsam mit seinem Sohn Oliver die Marke Holzmobil, die sich nun anschickt eine Kleinserienproduktion aufzulegen.
Ein Allrad-Mobil in Puzzle-Optik
Als Basisfahrzeug wählte Offenburger einen MAN TGE 4x4 mit 4,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, um auf jeden Fall genügend Zuladung an Bord zu haben. Das Erstlingswerk soll leer rund 3700 Kilogramm wiegen. Eine 3,5-Tonnen-Zulassung ist also damit ausgeschlossen. Allerdings ist das nächste Projekt, ein Teilintegrierter, der unter der führerscheinrelevanten Grenze bleiben soll, bereits in Planung. Bei der Wahl des Basisfahrzeugs sind übrigens verschiedenste Kombinationen denkbar.
Die Kabine ruht auf einem Hilfsrahmen aus Stahl und kann so prinzipiell mit unterschiedlichsten Fahrgestellen verbunden werden. Der Rahmen, in dem auch die Bordtechnikleitungen verlegt sind, ist nach unten mit Alublechen verkleidet. So ist der hölzerne Kabinenboden in diesem neuralgischen Bereich geschützt. An den Wänden trägt der Aufbau dagegen seine Öko-Außenhaut aus zertifiziertem Okume-Holz ganz offen zur Schau.
Die Seitenwand ist aus einzelnen Bahnen zusammengesetzt, die durch aufwendige Schwalbenschwanz-Verzahnungen miteinander verbunden sind – sie verleihen dem Aufbau ganz nebenbei eine originelle Puzzle-Optik. Versiegelt ist das Holz mit einem klaren Bootslack-Überzug – was Schiffe dicht hält, die ständig im Wasser liegen, sollte auch als Regenschutz für eine Reisemobilwand ausreichen. Ähnlich wie bei Holzbooten ist auf Dauer aber sicherlich etwas mehr Pflege und Wartung nötig, als bei herkömmlichen Aufbauten. Als Dämmschicht kommen Platten aus Holzfasern zum Einsatz, die zusammen mit einer dünnen Sperrholz-Innenschicht zu einem "Öko-Sandwich" verleimt werden.
Das Dach wollte Offenburger dagegen diffusionsoffen gestalten, damit Wasserdampf von selbst abziehen kann. Darum ist die Außenseite nicht lackiert, sondern mit einem wasserdichten Textilgewebe belegt, das nur punktuell fixiert ist, und so die Dampfdiffusion nicht behindert. Wer hier Dichtigkeitsbedenken hegt, sollte auch nicht mit dem geschlossenen Cabrio-Verdeck durch den Regen fahren – da funktioniert es ja auch. Rundum sind die Aufbaukanten zudem mit passgenauen Alu-Riffelblechleisten belegt, um diese besonders exponierten Stellen zusätzlich zu schützen gegen Stöße, etwa durch Äste oder Ähnliches.
Besonderes Flair an Bord des Holzmobils
Der erste Eindruck, wenn man den Aufbau betritt, wird bestimmt von der Nase. Denn der Duft von echten Hölzern, die nur mit gesundheitlich unbedenklichen Öko-Ölen behandelt wurden, ist sofort präsent. Lacke und Klebstoffe, die Lösungsmittel ausdünsten, sind hier generell tabu.
Ansonsten wird der Raum geprägt von den gekonnt kombinierten Hölzern, die sich in bester Schreinermanier zu eleganten Möbeln zusammenfügen. Die Fronten sind in Erle gehalten. Tisch- und Küchenarbeitsplatte aus massiver Buche ziehen die Blicke auf sich, da ihre Maserung durch eine spezielle Behandlung besonders kontrastreich hervorgehoben wird. Die taubenblau lasierte Fichten-Wand neben der Küche setzte nochmals einen Kontrapunkt. Stilsicheres Detail: die Relings aus Edelstahlseilen an den Ablageborden.
Der Grundriss zeichnet sich durch ein offenes Raumgefühl aus. Die Sitzgruppe besteht aus den drehbaren Cockpitsitzen und zwei weiteren, drehbaren Einzelsesseln, die sich um den geschickt erweiterbaren Tisch gruppieren.
Verblüffend breit ist der Gang, der zum Heckbett führt. Öffnet man die Türen rechts und links, schließen sie gleichzeitig den Gang nach vorn und hinten ab. Toilettenraum und Dusche verbinden sich so zu einem großzügigen Raumbad. Um die edel vertäfelte Duschkabine zu nutzen, muss man noch eine Bodenplatte entnehmen, unter der die Duschtasse zum Vorschein kommt. Die Betten erreichen 2,0 mal 1,4 Meter im Heck und 2,0 mal 1,3 Meter vorn im Alkoven.
Moderne Technik? Aber gerne!
Stefan Offenburger geht gerne mit seinen beiden Enkeln auf Tour. Während der Fahrt nehmen sie auf den hinteren beiden Einzelsitzen ihre Gurtplätze ein. Damit ihnen nicht langweilig wird, gibt es hier rechts und links jeweils einen integrierten Monitor nebst Beschallung für das Entertainment unterwegs. In einem Fach unter dem Alkoven hat Sohn Oliver Offenburger – hauptberuflich IT-Unternehmer – die entsprechende Multimedia- und Vernetzungstechnik eingebaut. Ähnliches gilt für die per Touchscreen und App steuerbare, umfangreiche Beleuchtungsausstattung im Fahrzeug.
Besonderheit der Küche auf der Fahrerseite sind der Induktionskocher mit zwei Platten und der Kompressorkühlschrank in Schubladenform. Das Holzmobil ist gasfrei konzipiert. Dafür finden sich auf dem Dach nicht nur zwei 350 Watt-Solarmodule, sondern in der Heckgarage zudem Lithium-Ionen-Batterien mit 400 Ah-Kapazität, ein 150 A-Netz- und ein 60 A-Solarlader sowie ein Wechselrichter mit 3000 Watt. Warmes Wasser erzeugt ein ebenfalls strombetriebener Boiler, für den Wintereinsatz kommt eine Diesel-Warmluftheizung zum Einsatz. Die Bordtechnikausstattung komplettieren Frisch- und Abwassertanks mit je 60 Liter – größere Reservoirs sind aber wahlweise auch möglich.
Für das 7,70 Meter lange Alkovenmobil auf MAN TGE-Basis mit der beschriebenen Ausstattung möchte Holzmobil rund 150.000 Euro haben. Wer sich ein ähnliches Fahrzeug mit individuellen Anpassungen bauen lassen möchte, muss allerdings noch etwas drauflegen. Andererseits ist auch noch eine mehr standardisierte Basisversion mit etwas weniger Ausstattung im Gespräch, die dann günstiger angeboten werden könnte.
Holzmobil (2021): Daten und Preis
Basis: MAN TGE 4x4, 177 PSLänge/Breite/Höhe: 7,70/2,14/3,25 Metermax. Gesamtgewicht: 4,5 tSitz-/Schlafplätze: 4/4Grundpreis: ca. 150.000 Euro
Baureihe: Bislang gibt es nur ein erstes Alkovenmodell mit Querdoppelbett und Garage im Heck. Weitere Aufteilungen auch nach Kundenwunsch sind möglich. Als nächstes Projekt soll ein Teilintegrierter entstehen, der mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht auskommen soll.