Vorteile und Nachteile des Minicaravans
Nachhaltiger Wohnwagen und Solidaritätsprojekt: CARAVANING zeigt die Stärken und Schwächen des Minicaravans, der als Corona-Projekt gestartet ist. Auf Basis von CNC-Daten lässt er sich in Lizenz produzieren. Und die Umwelt lacht mit.
Ein Fairtrade-Minicaravan aus lokalem Anbau – aber das muss man wahrscheinlich etwas genauer erklären. Der Kuckoo-Camper entstand aus der Pandemie-Not heraus.
Zwei Werbefachmenschen und Messebauer hatten während des Corona-Lockdowns keine Jobs – dafür viel Zeit und die Idee sich ihren perfekten Urlaubsbegleiter selbst zu bauen. Was daraus geworden ist? Ein Microcamper für EinsteigerInnen, der über die Sozialen Medien schnell viele Fans fand.
CARAVANING hat ihn ausgecheckt:
Vorteile und Nachteile des Kuckoo Bruno
(+) leicht, ohne Anhängerführerschein fahrbar(+) umweltfreundliche Materialien verwendet(+) All-Terrain-Reifen Serie(+) Fenster aus Glas, mit Rollo und Mückenschutz versehen(+) überraschend viel Stauraum im Inneren für die Caravan-Größe
(+)/(-) Matratze besteht aus mehreren Polstern, Polsterkanten sind im Liegen nicht spürbar.
(-) Keine Matratzenunterlüftung oder Lattenrost vorhanden(-) Tischkonstruktion im Inneren eher Ablage-, keine Arbeitsfläche, da etwas wackelig(-) Unbehandeltes Holz im Inneren könnte mit der Zeit Patina ansetzen(-) Keine Gasanlage oder Heizung serienmäßig an Bord(-) Kein WC an Bord
Nachhaltigkeit und multifunktionales Konzept
Nachhaltigkeit steckt im Bruno selbst: Der Korpus besteht aus verleimten Birkensperrholz. Er wird mit sechs Rändelschrauben auf dem Chassis befestigt und gilt darum als Ladung.
Wird der Wohnaufbau abgeschraubt, kann man das Chassis auch für anderweitige Transportaufgaben nutzen. Unterflurstaufächer und eine Deichselbox sind mit dem Chassis verbunden und bleiben montiert, wenn sich Bruno und Räder trennen.
Die Achse ist auf eine zulässige Gesamtmasse von 1.300 Kilogramm ausgelagert, kann aber auf 750 Kilogramm abgelastet werden. Dann braucht man für Bruno keinen Anhängerführerschein.
Sämtliche Frästeile des Wohnaufbaus werden miteinander verzapft und schließlich verschraubt. Die Truhen in Heck und Bug sowie die Quertraversen am Dach sind Teil des Stabilitätspaktes und damit unveränderbar: Der Caravan trägt sich durch die eigenen eingebauten Möbel.
Nachdem alle Schraubenlöcher verspachtelt sind, werden die Kanten mit dichtendem und stabilisierendem Glasfasergewebe belegt und der gesamte Korpus mit wasserdichtem Epoxidharz aus dem Bootsbau versiegelt. Die endgültige Schutzschicht bildet eine PU-Beschichtung, die gespritzt und gerollt und somit ohne spezielle Lackierausrüstung aufgebracht werden kann.
Der Innenraum und die Wohnausstattung
Betritt beziehungsweise besteigt man den Bruno-Innenraum durch die Seitenklappe, befindet man sich direkt im muckeligen Schlaf- und Wohnraum. Das angenehme Wohnklima im Inneren wird geprägt durch den Holzaufbau und die unbehandelten Holzmöbelklappen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die filzartige Beschichtung der Innenwände. Hier wirkt alles sehr gemütlich.
Der Boden des Wohnanhängers ist gleichzeitig Schlafstätte. Eine 6-teilige Matratze lässt sich hier aufklappen, damit ein 1,40 mal 2,00 Meter großes Bett entsteht. Trotz verschiedener Polster, sind die Kanten bei der ersten Liegeprobe kaum zu spüren. Etwas nachteilig könnte sich auswirken, dass weder Lattenrost noch eine sonstige Matratzenunterlüftung im Bruno vorhanden ist. Eventuell muss man einfach häufiger die Matratze wieder zusammenklappen, um Feuchtigkeit zu vermeiden.
Klappt man die Matratzen zusammen, kann man daraus ein Sofa bauen. So bietet der kleine Caravan auch bei Regenwetter einen trockenen Sitzplatz. Drei Schränke mit Klappe und Magnetverschluss sorgen für Stauraum. Daneben lassen sich in den offenen Regalen passgenau Ikea-Boxen unterbringen – beispielsweise für Kleinkram und Wäsche.
Eine Außenküche hat Bruno ebenfalls an Bord. Zieht man ein Schubladenelement am Heck seitlich heraus, entsteht eine Kochgelegenheit für draußen.
Die Schublade ist 1,17 Meter lang und 33 Zentimeter breit und bietet genügend Stauraum für einen Gaskocher, Küchenutensilien oder eine Kühlbox, die man noch nachrüsten kann. In der Tür ist Platz für Gewürzdosen und Tassen.
Preis und Ausstattung
Der Anhänger hat Stahlfelgen und serienmäßig Yokohama All-Terrain-Reifen. Die drei Ausstellfenster bestehen aus Echtglas, haben Jalousien und Moskitonetze. Eine Zwangsentlüftung ist ebenfalls eingebaut.
Ein Landstromanschluss, 230-Volt- und 12-Volt-Steckdosen, sowie Außen- und Innenleuchte sind Serie. Natürlich lässt sich Bruno technisch und optisch weiter aufrüsten. Beispielsweise mit einem Aluminium Dachträger, einer Seitenleiter, einer Markise, Dachfenster und einem Fahrradträger auf der Deichsel.
Für einen noch sportlicheren Look kann man 16-Zoll-Reifen und schwarze Alufelgen wählen. Außerdem kann man sich für den ganz individuellen Bruno die Außenhaut mit Dekormotiven (Farbstreifen, Wald, Berg) und in einer Wunschfarbe lackieren lassen: Von Rehbraun über Himbeerrot bis Türkisgrün stehen zahlreiche Farbtöne zur Auswahl.
Kleinserie und Handarbeit schlagen sich freilich auch auf den Preis nieder: Mit 16.930 Euro ist der "Squaredrop" kein Schnäppchen. Doch wenn man bedenkt, dass der Platz quasi dem eines VW-Busses ohne Fahrerhaus entspricht, geht es schon wieder: Bruno ist 4,45 m lang, 1,85 m hoch und 1,94 m breit. In der Grundausstattung wiegt er rund 530 Kilogramm.
Technische Daten Kuckoo Bruno
Länge/Breite/Höhe: 4,45/1,94/1,85 MeterLeergewicht inklusive Modulbox: 530 kgzulässiges Gesamtgewicht: 750 – 1.300 kgGrundpreis: 16.930 Euro plus TÜV, Papiere, Überführung (250 Euro)Bettenmaß: 1,40 x 2,00 Meter
Die Geschichte hinter Bruno
Peter Schneewolf und Markus Gärtner sind als Geschäftsführer einer Werbeagentur im schwäbischen Löchgau Teil des Ökosystems Messe- und Veranstaltungsbau. Sie konnten sich aber im ersten Lockdown durch den temporären Umstieg auf die Herstellung von Trennscheiben, Desinfektionsmittel-Spendern und anderen akut begehrten Produkten gut über Wasser halten. Mehr Zeit für Kreativität blieb trotzdem, und so keimten bereits im Sommer 2020 die Idee und der Wille, einen Minicaravan zu entwickeln. Zusätzlich Öl ins Feuer der Begeisterung kippte Grafiker und Bulli-Fan Dani Blum, der bereits privat einen Teardrop-Caravan gebaut hatte.
Im Laufe des Entstehungsprozesses reifte ein weiterer Entschluss: Design (Dani), Konstruktion (Peter) und Materialien (Markus) wurden so gewählt, dass die Bauteile des Minicaravan-Aufbaus auf handelsüblichen 5-Achs-Fräsen und mit Standardwerkzeugen produziert werden können – mit Equipment also, das bei den meisten Messebauern ohnehin vorhanden ist, aber aktuell eben nicht zum Einsatz kommt.
Sogar das gebremste Chassis lassen Schneewolf, Gärtner und Blum, die zwischenzeitlich gemeinsam die Kuckoo Camper GmbH leiten, bei einem Fahrzeugbauer in der Umgebung fertigen, der es aus bewährten Komponenten zusammenfügt. Damit ist das Fahrwerk Stand heute auch die einzige Sache, für die man noch Logistik braucht. Denn weil Kleincaravans quasi beim Kunden gebaut und verkauft werden können, muss kein Material durch die Gegend speditiert werden. "Wir können drei Chassis auf eines laden, das macht die Abholung auf Achse effizienter", relativiert Peter Schneewolf diesen Umstand.
Das Geschäftsmodell von Kuckoo Camper sieht vor, dass interessierte Firmen die Lizenz zur Nutzung von CNC-Daten erwerben. Auch Workshops und Unterstützung bei Einkauf und Marketing dürfen künftige Produzenten von den Werbern aus Löchgau erwarten. Zwei Partner haben bereits eingeloggt. Darüber, wo es Bruno gibt und wie er sich entwickelt, hält die Website kuckoo-camper.de auf dem Laufenden.