Von Zürich über Avignon bis nach Andalusien

Bevor die Sommer-Saison richtig losgeht und bevor viele Campingplätze geöffnet haben, lohnt es sich trotzdem eine Tour in den Mittelmeerraum zu wagen. Leser Thomas Garner fuhr mit seinem QEK-Gespann von Deutschland über Frankreich bis nach Andalusien.
Angefangen hatte alles damit, dass ein runder Geburtstag vor der Tür stand. Ich wollte um alles in der Welt keine große Feier mit vielen Leuten, die man die meiste Zeit des Jahres gar nicht sehen will. Da kam es mir in den Sinn, für drei Monate wegzufahren – einfach weg! Doch wohin? Ich erinnerte mich an das Buch von Hape Kerkeling – „Ich bin dann mal weg!“ Allerdings: Zu Fuß erschien mir das doch ein bisschen weit. Also mal den alten Schulatlas gewälzt, die Route grob festgelegt und mit meinen Interessen abgeglichen. Da wären: gutes Essen, Kunst und Kultur, Natur und Landschaft und vor allem leckerer Wein. Meine Route sollte über die Schweiz und das Rhône-Tal Richtung Barcelona führen. Von dort aus Richtung Westen nach Santiago de Compostela und weiter in die andalusische Sherry-Region.
Anfang Februar geht es los. Problemlos lotst mich mein Navi an Zürich und Lausanne vorbei, bis ich hinter Genf einen Lkw-Parkplatz suche, um zu nächtigen. Pech gehabt. Bei einem halben Meter Schneehöhe ist kein Platz befahrbar. Also fahre ich notgedrungen bis kurz vor Lyon. Der nächste Morgen entschädigt mit milden Temperaturen und Sonnenschein. Leicht bergab rollt das Gespann nun zügig Richtung Süden. Entlang der Strecke wecken die ersten blühenden Mandelbäume in ihrem zartrosa Kleid Frühlingsgefühle. Zwischen Avignon und Perpignan kann ich immer wieder das Mittelmeer sehen, traumhaft.
Von Perpignan nach Port Barcarés
Vor Perpignan steuere ich Port Barcarès an. Ich habe Glück, denn einer der vielen Campingplätze hat geöffnet. Barcarès ist kein Ort für Individualreisende. Hier reiht sich Platz an Platz, und der Ort liegt im Februar in einem Dornröschenschlaf. Die meisten Geschäfte haben geschlossen, lediglich der Supermarkt hat offen, das genügt für zwei autofreie Tage.
Wer von Perpignan kommend die Grenze nach Spanien überquert, fährt zunächst über eine lange Brücke, die ein tiefes Tal überspannt. Am Ende dieser Brücke kommt die Mautstation. Wenn sich die Schranke dann hebt, will man Gas geben … und wird ausgebremst von einem Grenzbeamten. Den Pass, Besichtigung des Nummernschildes, Aufenthaltsdauer – und Tschüss.
Von jetzt an gibt es keinen Halt mehr! Vor Barcelona verlasse ich die Küste und biege ab nach Westen. Bei Fayón hat ein Deutscher einen vor allem für Hobbyfischer errichteten Campingplatz aufgebaut. Traumhafte Lage direkt am aufgestauten Ebro. Es gibt alles, was das Fischerherz begehrt einschließlich Mietbooten. Der Platz ist umgeben von Oliven- und Mandelplantagen. In Fayón erhält man das zum Leben Notwendigste, für alles Weitere muss man nach Fraga. Lediglich die Straße ab Mequinenza ist eine Herausforderung. Schotter, steil und kurvig. Gott sei Dank hat mein Suzuki Allrad und der QEK wiegt wenig.
In Santiago geht die Sonne später auf
Für den nächsten Tag ist Haro das Etappenziel. Auf der eher langweiligen Strecke wechseln sich langgezogene Steigungen mit fast ebenso langem Gefälle ab. Unter dem Strich schaffe ich es, meinen Suzuki unter sieben Liter Super zu halten. Haro ist das Zentrum des Weinbaugebietes Rioja. Viele Bodegas empfangen aber nur angemeldete Gruppen. Am nächsten Tag geht es weiter nach Leon, wo der Campingplatz noch geschlossen ist. Da es noch früh am Tag ist, fahre ich nach Santiago weiter. Spätabends komme ich an. Der nächste Tag beginnt mit leichter Verwirrung. Da Santiago so weit westlich liegt, geht die Sonne ungewohnt spät auf. Erst ab etwa halb neun bricht der Tag an. Dementsprechend spät beginnt auch das Geschäftsleben. Und zwischen 13 und 17 Uhr ist Siesta. Dafür kann man dann bis 22 Uhr einkaufen. Und die Sonne geht erst kurz vor 21 Uhr unter.
Also erlaufe ich in den nächsten Tagen Santiago. Will man in der Kirche an das Grab des Heiligen Jakobus, darf man zahlen. Einer der schönsten Orte ist die Markthalle, in deren Mitte ein großer Brunnen steht. Jeweils an den Seiten stehen vier gleich große Hallen, in denen die Händler frische Spezialitäten feilbieten.
Mitte Februar breche ich auf nach Portugal ins Portweingebiet. Der Campingplatz auf Höhe Porto hat geschlossen, deshalb fahre ich bis Guarda. Am nächsten Tag sehe ich mir Évora an, eine Studentenstadt, die mit historischen Bauten wie dem Castel Branco und ihrer Kirche beeindruckt. Auf der Fahrt nach Olhao im Süden Portugals durchquere ich große Korkeichenwälder. Olhao vorgelagert ist das Naturschutzgebiet Ria Formosa. Ebenso sehenswert ist das Hinterland. Immer wieder entdeckt man handbemalte Fliesen mit Ornamenten aus maurischer Tradition.
Faszinierend ist es, das Temperaturempfinden der Menschen auf dem Campingplatz zu beobachten: Portugiesen mit langer Hose und Anorak, Franzosen und Deutsche mit T-Shirt und Sandalen, Engländer mit kurzer Hose, Finnen mit freiem Oberkörper und Badelatschen.
Am nächsten Tag überquere ich die Grenze nach Spanien und erreiche El Puerto de Santa Maria. Kein schöner Anblick sind die riesigen Gewächshäuser bis kurz vor Sevilla. El Puerto de Santa Maria mit seinem Stadtschloss gehört zum Sherry-Dreieck. Jerez und Sanlucar sind die weiteren Eckpunkte. Bei der Sherry-Verkostung lernt man alle Variationen von leicht und trocken bis zu süß und schwer kennen.
Vom Campingplatz zur Alhambra
Weiter führt meine Route nach Granada. Auf dem Campingplatz empfiehlt man mir, möglichst zeitig bei der Alhambra zu sein, da um diese Zeit noch nicht so viele Besucher dort sind und man keine vorbestellten Eintrittskarten benötigt. Ab Mittag sieht das schon anders aus. Die Alhambra besteht aus drei eigenständigen Schlossanlagen. Der älteste Teil wurde von den Mauren erbaut und war eine reine militärische Anlage. Der nachfolgend von Karl V. erbaute Teil – auch der größte – wurde als repräsentative Anlage erbaut. Die zahlreichen Becken und Teiche werden alle zentral versorgt und sind so untereinander vernetzt, dass keine Pumpe erforderlich ist. Wer die Alhambra zu Fuß verlässt und den Berg hinabläuft, kommt an das ursprüngliche Eingangstor, den Eingang zur Karawanserei – hier versorgte man früher die Transporttiere. Die Ware wurde im ersten Stock feilgeboten. Heute nennt man das wohl Speditionsunternehmen.
Am nächsten Morgen traue ich meinen Augen nicht. Über Nacht hat es geschneit. Durch den Schneematsch fahre ich weiter nach Córdoba. Nach der Rückeroberung der Stadt von den Mauren wurden fast die ganzen maurischen Mauerdurchbrüche geschlossen. Aus heutiger Sicht eine architektonische Todsünde. Aber genau dies zieht heute die Touristen an. Auch Córdoba verfügt über eine Hofreitschule, die nur nicht so bekannt ist wie jene in Andalusien.
Valencia ist das nächste Ziel. Der Weg führt zunächst zum Campingplatz in Cullera. Er ist schön angelegt, verliert aber durch entlang der Küstenlinie vorgebaute Hochhäuser. Solche oder ähnliche Bausünden werde ich an der Mittelmeerküste noch öfter sehen. Der nächste Tag ist Valencia gewidmet. Wegen der Größe der Stadt empfiehlt sich der Touristenbus. Beeindruckend sind die vielen großen Brunnen.
Bei Sitges kurz vor Barcelona kann man der Kellerei Freixenet einen Besuch abstatten, zumal wenn es in Strömen regnet. Da das Betriebsareal sehr weitläufig ist, wird ein Teil der Führung im Zug absolviert.
Ausflug zum Dalí-Museum in Figures
Zwischen Figueres und Cadaqués erreiche ich Roses. Der moderne Teil des Hafens ist so gebaut, dass man vom Apartment direkt auf sein Boot steigen kann. Natürlich will ich nicht nur Hafen und Landschaft sehen, sondern auch etwas über den Künstler Dalí erfahren, der in dieser Region lebte. Einen guten Einblick in seine Gedankenwelt gibt das Dalí-Museum in Figueres. Im rückwärtigen Gebäudeteil verbirgt sich eine Schmuckausstellung. Auch auf diesem Gebiet war Dalí ein begnadeter Künstler. Am nächsten Tag fahre ich nach Cadaqués. Die Straßen sind schmal und kurvig, aber die vielen Ausblicke und der verträumte Ort, wo Dalí seine Künstlerwerkstatt hatte, entschädigen für vieles.
Es ist fast Mitte März, als ich in Südfrankreich die Camargue ansteuere. Der Mistral wühlt das Meer auf. Hier will ich eine Woche auf einem der vielen Campingplätze von Saintes-Maries-de-la-Mer bleiben. Dort ist die kleine Kirche ein Wallfahrtsort, wo die heilige Sara verehrt wird, die Schutzpatronin der Sinti und Roma. Natürlich will ich auch Flamingos sehen. Leider hatte ich im Naturschutzgebiet bei Olhao kein Glück, also besuche ich den ornithologischen Park in der Camargue. Tage später sehe ich auch einzelne Exemplare und kleine Gruppen in freier Wildbahn. Am Weg liegen ebenfalls die Meersalzproduktion bei Aigues-Mortes – mit kleinem Museum – und ein großer Weinerzeuger.
Über Saint-Tropez und Nizza führt der Weg nach Monaco. Gleich nach der Ortseinfahrt werde ich von einem freundlichen Polizisten angehalten, der mir unmissverständlich klarmacht, dass ich mit meinem Gespann nicht erwünscht bin. Nicht so schlimm, denke ich, schließlich will ich in Menton auf den Campingplatz, doch dort brüllt mir der Betreiber noch vor dem Öffnen der Autotür entgegen, dass der Platz geschlossen ist. Also weiter.
Die folgenden Kilometer gehen an die Nerven: Schritttempo bis San Remo. Der dortige Campingplatz liegt sehr schön am Meer. Es ist zwar der teuerste auf meiner gesamten Reise, aber Service und Umfeld rechtfertigen den Preis. Die alte Bahnlinie bei San Remo wurde für Radfahrer umgebaut – eine herrliche Strecke direkt am Meer entlang. Von San Remo führt der Weg über Genua zum Lago Maggiore und von dort aus über den San-Bernadino-Pass. Die Heimat rückt näher. Zwar gestaltet sich der Passanstieg etwas mühsam, aber irgendwann im Tunnel merke ich doch, dass mein Gespann schneller wird. Und von da an geht es mit beständigen 100 km/h in Richtung Bodensee.
Das Gespann
Suzuki Swift 4x4 Preiswerter Kleinwagen in der Anschaffung. Ideal für bis zu zwei Reisende. Der Allradantrieb bewährt sich im Gespannbetrieb und im Winter, da ich in einer hügeligen Landschaft in Süddeutschland wohne.
QEK 500 Produziert im April 1990, also kurz nach der Wende, vom VEB Qualitäts- und Edelstahlkombinat Leipzig. Höchstzulässiges Gesamtgewicht 500 kg; Eigengewicht 380 kg, Auflaufbremse. Klein, wendig und mit allem ausgestattet, was man benötigt: Schlafstätte, Essbereich, Küche und Kleiderschrank. Offiziell für zwei Erwachsene und zwei Kinder ausgebaut, dann ist jedoch das Vorzelt zwingend. Beide Fahrzeuge passen gut zueinander, da der QEK nur bis 80 km/h gefahren werden darf. Inoffiziell ist mehr drin, da der QEK sehr gut gefedert und fahrstabil ist.
Wo waren Sie unterwegs?
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