Machen lassen oder selbermachen?

Beim Wechsel von Winter- auf Sommerreifen stellen sich viele die Frage: Machen lassen oder selbermachen? Wir probieren aus, ob der Rädertausch beim Reisemobil allein mit dem Bordwerkzeug klappt.
Was am Pkw für viele eine Standardprozedur in der Heimgarage ist, stellt beim bis zu 3,5-Tonnen-schweren Wohnmobil schon eine etwas kniffligere Aufgabe dar. Wie funktioniert der Reifenwechsel beim Reisemobil in Eigenregie? Unser Erfahrungsbericht plus Tipps und Fazit.
Tipps und Tricks für verschiedene Basisfahrzeuge
Ford Transit mit Flachrahmen
- Das Bordwerkzeug befindet sich unter einer Klappe am Beifahrer-Einstieg.
- Je nach Wagenheberart ist die Aufnahme vorne am Hilfsrahmen oder an der Rahmenverstärkung in der Bildmitte.
- An der Hinterachse wird der Wagenheber unter der Aufnahme der Blattfeder angesetzt – wenn er denn flach genug ist.
- Alternativ empfiehlt Ford die Anbringung an der Blattfeder hinter der Hinterachse.
Mercedes Sprinter mit Alko-SLC-Chassis
- Das Bordwerkzeug befindet sich im Beifahrerfußraum. Ein Wagenheber ist bei unserem Hymer mit SLC-Chassis aber nicht dabei.
- Vorne bringt man einen Wagenheber am hinteren Ende des Achshilfsrahmens in Stellung.
- An der Hinterachse des SLC-Chassis ist der zylindrische Aufnahmepunkt relativ leicht zu finden.
Fiat Ducato mit Original-Rahmen
- Das Bordwerkzeug reist meist in den Sitzkonsolen oder in der Heckgarage mit. Für den Notfall ist alles im Acht-Kilo-Köfferchen.
- Einen Rangierwagenheber setzt man am besten an der vorderen Aufnahme der Hinterachs-Blattfeder an.
- Vorne muss der Dorn des Bordwagenhebers in die runde Öffnung des Sockels hinter dem Radkasten. Hier werden auch andere Heber angesetzt.
- Für den Original-Wagenheber ist dafür an der Hinterachse ein Aufnahmeloch am vorderen Auge der Längsblattfeder vorgesehen.
Haben Sie ihn auch schon gesucht? Den Punkt, an dem man den Wagenheber gefahrlos ansetzen kann. Der ist bei Reisemobilen mit ihren unterschiedlichen Basisfahrzeugen, Rahmenvarianten und Verlängerungen oft gar nicht so einfach zu finden. Selbst mit Hilfe der Bedienungsanleitung wird das mitunter nicht ganz klar.
Wie bei dem Teilintegrierten auf Basis Ford Transit, der gerade vor uns steht. Die Anleitung empfiehlt, den Wagenheber bei Fahrzeugen unter 3,7 Tonnen Gesamtgewicht direkt an der Blattfeder hinter der Hinterachse anzusetzen. Dafür hat der Scherenwagenheber eine spezielle Aufnahmeschale.
Sinnvoller erscheint der laut Anleitung beschriebene Aufnahmepunkt für schwerere Transit mit Heckantrieb: den Wagenheber direkt unter die Achse setzen. An der Vorderachse gibt es ebenfalls zwei mögliche Punkte. Zum einen eine Mutter am hinteren Ende des Hilfsrahmens der Vorderachse, die in ein Loch des Scherenwagenhebers passt. Andere Hebehilfen wie Rangier- oder Hydraulikstempelheber sollen dagegen an einer Rahmenverstärkung kurz hinter der Vorderachse angesetzt werden.
Wo sitzt das Bordwerkzeug?
Das Bordwerkzeug findet sich beim Transit übrigens hinter einer Klappe in der Einstiegsstufe auf der Beifahrerseite.
Beim Mercedes Sprinter versteckt sich das Bordwerkzeug dagegen im Fußraum des Beifahrers. Im Falle unseres Hymer-B-MC-Dauertestwagens mit Alko-SLC-Chassis ist es allerdings nicht gerade üppig sortiert. Einen Wagenheber sucht man vergeblich. Da kein Reserverad an Bord ist, soll ein Reifendruckkompressor mit Dichtmittel bei einer Panne weiterhelfen.
Die Fahrzeuganleitung beschreibt genau und bebildert, wo der Wagenheber angesetzt werden soll, und gibt auf den gleichen Seiten Auskunft über die Anzugsmomente der Radbolzen. An der Vorderachse ist die Aufnahme die hinterste Mutter des Hilfsrahmens und an der Hinterachse ein angeschweißtes Rohrstück kurz vor der Achse. Beides ist dank der Beschreibung leicht zu finden. Beim Serienrahmen liegt der hintere Ansatzpunkt, wie beim Fiat Ducato, an der vorderen Aufnahme der Blattfedern.
Ein Tipp für alle, die bei ihrem Sprinter zum ersten Mal von Winter- auf Sommerräder und dabei von Stahl- auf Serien-Alufelgen wechseln. Die Radschrauben beider Originalfelgen sind unterschiedlich lang. Man muss sich also vor dem Wechsel einen zweiten Satz längerer Schrauben für die Leichtmetallfelgen besorgen.
So klappt der Reifenwechsel beim Fiat Ducato
Auch beim Fiat Ducato findet man sich mit Hilfe der Bedienungsanleitung gut zurecht und die Aufnahmen für den Bordwagenheber zügig. An der Vorderachse befindet sich kurz hinter dem Radhaus eine viereckige Stütze mit einem Loch in der Mitte, in das der Dorn des Original-Scherenwagenhebers hineingreift. An der Hinterachse ist das entsprechende Loch an der vorderen Aufnahme der Blattfeder platziert. Benutzt man statt des Serienhebers einen Rangierwagenheber, bleibt die vordere Aufnahme identisch. Hinten kann das Werkzeug direkt unter dem vorderen Blattfederauge angesetzt werden. Falls der Wagenheber einen Metallteller hat, hilft ein Gummipuffer, um das lackierte Blech vor Schäden und Korrosion zu schützen.
Bei Fahrzeugen mit Alko-Chassis liegt die hintere Wagenheberaufnahme kurz vor der Hinterachse und entspricht der beschriebenen Variante für das SLC-Chassis am Mercedes.
Das Bordwerkzeug des Ducato ist in einem schwarzen Köfferchen untergebracht. In unseren Weinsberg- und Malibu-Dauertestwagen ( Manni und Winnie) ist dieser in der Beifahrersitzkonsole jeweils gut erreichbar verstaut. Um ihn zu entnehmen, muss die Klappe der Sitzkonsole allerdings komplett entfernt werden. Bei anderen Herstellern, die zum Beispiel die Batterie oder den Elektroblock in den Konsolen installieren, ist das Bordwerkzeug meist im Heckstauraum zu finden.
Der acht Kilogramm schwere Koffer enthält alles Wichtige für den Notfalleinsatz. Ist kein Ersatzrad an Bord, kann man den Werkzeugkoffer – bis auf die Abschlepp-Öse – aber auch aus dem Fahrzeug nehmen, um so etwas Gewicht zu sparen. Reist ein Reserverad mit, schadet es nicht, den Radwechsel aber einmal zu Hause zu üben.
Scherenwagenheber, ein Rohr und ein Würfel
Dafür finden sich drei Teile im Fiat-Bordwerkzeug. Ein Scherenwagenheber mit einer Tragkraft von 2400 Kilogramm. Ein langes Rohr, das vorne die passende Mutter für die Radbolzen aufweist. Am anderen Ende ist ein Würfel mit Löchern angebracht. Hier steckt man das dritte Teil, eine Metallstange hinein, als Hebel, um die oft festsitzenden Radschrauben zu lösen. Vor Beginn des Radwechsels muss das Fahrzeug auf einem ebenen, festen Untergrund stehen. Dann die Handbremse ziehen und den ersten oder den Rückwärtsgang einlegen, um das Mobil vor dem Wegrollen zu sichern.
Dann werden die Radschrauben minimal gelockert. Das erfordert viel Kraft und ist wegen des ungünstigen Winkels, in dem man den Radschlüssel ansetzen muss, keine ganz einfache Aufgabe. Ein Radkreuz, bei dem man mit dem Fuß nachhelfen kann, oder ein Teleskop-Radschlüssel wären praktischer.
Wie lange hält ein Wagenheber?
Hat man es geschafft, die Schrauben zu lösen, geht es an das Aufbocken des Fahrzeugs. Hierzu wird der Scherenwagenheber ebenfalls mit dem Radschlüssel hochgeschraubt. Das funktioniert ganz gut. Es dauert ein bisschen, aber der Kraftaufwand hält sich in Grenzen. Aber Obacht: Der Scherenwagenheber ist nicht für den Dauereinsatz dimensioniert. Nach unseren Erfahrungen ist mitunter schon nach vier, fünf Radwechseln das Gewinde hin. Wer Platz und Zuladung übrig hat, schafft sich für unterwegs besser einen kleinen Hydraulikstempelheber an.
Hat das Rad vom Boden abgehoben, können die Radschrauben ganz herausgedreht werden – dabei die Felge mit dem Fuß oder einer Hand weiter auf die Radnabe drücken, damit es nicht plötzlich herunterfällt.
Besonderheit beim Ducato sind die zwei Zentrierbolzen am Lochkreis. Die Stahlfelgen haben zwei entsprechende Löcher und passen deshalb, anders als Alufelgen, nur in einer Position auf die Nabe. Egal ob Stahl oder Leichtmetall, die Räder haben typischerweise ein Gewicht von rund 30 Kilogramm – deutlich mehr als ein Pkw-Rad. Ist das neue Rad dran, die Schrauben gut handfest an- und nach dem Ablassen festziehen. Das funktioniert mit dem Bordwerkzeug problemlos. Das richtige Anzugsmoment sollte man dann noch nach Herstellerangabe mit einem Drehmomentschlüssel überprüfen (lassen).