Alles über Bastei, QEK Junior & Co.

Erst Anfang November hat sich der Tag des Mauerfalls zum 30. Mal gejährt. Wie war das mit Campingurlaub, damals in der DDR, als Urlaubsreisen nicht die Regel waren und man Kollektivurlaub in Gewerkschaftsheimen machte? Ein Rückblick.
Wenn in der „heute show“ Comedian Olaf Schubert mit sächsischem Migrationshintergrund auf das Thema DDR angesprochen wird, hat er oft Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass „wir doch nichts hatten“. Das galt auch für die Freizeit- und Urlaubsgestaltung – für Unterkünfte, Fahrzeuge und Freizeitartikel und erst recht für den Reiseradius.
Wer individuell Kurz- oder Jahresurlaub machen wollte, legte sich daher vor allem in sein eigenes Zelt, einige wenige auch in ihren Wohnwagen. Für das besonders beliebte Urlaubsgebiet Ostsee musste man sich schon zu Jahresbeginn in einer zentralen Vergabestelle anmelden – und guckte am Ende oft nicht aufs Wasser, sondern in die Röhre. Wer einmal das Glück hatte, einen Platz zu ergattern, fand sich für die nächsten Jahre auf einer Warteliste wieder.
Urlaub im Grenzgebiet
Im Küstenstreifen zu campieren hieß zudem Urlaub machen im Grenzgebiet. Da war weniger erlaubt als im Landesinneren (etwa keine Boote für die offene See). Und der Urlauber stand unter ständiger Kontrolle staatlicher und gesellschaftlicher Kräfte. Es bestand ja permanente Fluchtgefahr!
Auch in anderen touristischen Schwerpunktgebieten überstieg die Nachfrage die Kapazitäten der Plätze, ohne dass es dafür eine zentrale Anmeldestelle gegeben hätte. Ansonsten war die Quantität der Plätze nicht das große Problem – aber mit der Qualität haderten viele Zeltler. Die Plätze verfügten über minimalen Komfort, warmes Wasser war weitgehend unbekannt, die Toiletten zum Abgewöhnen, und Stromanschlüsse glichen Lottogewinnen. Wenn vorhanden, dann schnell überlastet und stark störanfällig.
Für ein Campen außerhalb der Landesgrenzen standen nur die Richtungen Ost oder Südost zur Auswahl. Beliebte Reisegebiete waren die Tschechoslowakei (Hohe Tatra, Böhmerwald, Prag), Ungarn (Plattensee, Budapest) sowie Rumänien und Bulgarien (Schwarzes Meer).
Campingurlaub nicht nur Notlösung, sondern Herzensangelegenheit
Ein Campingurlaub war daher für viele eine Freizeitform, die dem Mangel anderer Möglichkeiten entsprang. Unter anderen Umständen wäre mancher lieber ins Hotel gefahren, lieber mit einem Golf statt einem Trabant unterwegs gewesen. Aber wir wissen: „Wir hatten doch...“.
Für nicht wenige war Camping aber keine Notlösung, sondern eine Herzensangelegenheit, unabhängig von wirtschaftlichen und politischen Umständen. Ein richtiger Campingfreund lässt sich bekanntlich nicht von Hotels und Feriendörfern verführen. Das ist heute nicht anders.
Lange Jahre schrieb und sprach man übrigens nur vom Zelten und den Zeltplätzen. Camping hörte sich nach Westen an und wurde nur dort offiziell verwendet, wo auch der Westen im Spiel war: Intercampingplätze für die Westtouristen, Wohnzeltanhänger „Camptourist CT-5/CT-6“ und Wohnwagen „Intercamp HS“ für den Westexport. In der Spät-DDR wurde dann auch offiziell Camping betrieben. Das um so mehr, als sich nicht massenhaft, aber doch sichtbar mehr und mehr feste Wände auf Rädern auf den Campingplätzen breit machten.
Die ersten DDR-Caravans wurden selbst gebaut
Wohnwagen in der DDR, das waren anfänglich fast ausschließlich Eigenbauten. Wer über die notwendigen Beziehungen verfügte, um an das benötigte Material zu kommen, und handwerklich geschickt war, baute sich sein fahrbares Eigenheim selbst. Das waren in der Mehrzahl einfachste fahrbare Hütten. Vereinzelt erreichten sie auch Weststandard, wenn der Eigenbauer über entsprechende Kanäle verfügte.
Keine starken Zugwagen verfügbar
Als dann in den 1970er Jahren eine bescheidene industrielle Serienfertigung einsetzte, mit dem leichten „QEK Junior“ und dem schweren „Bastei“, wurde klar, dass die DDR kein Caravanland werden konnte. Es fehlte an Zugfahrzeugen, die diesen Namen verdienten. Der Trabant mit sein 26 PS durfte nur die leichtesten und dürftig ausgestatteten Wohnwagen ohne Zuladung ziehen und musste dabei meist auf den 4. Gang verzichten, sich über weite Strecken mit Tempo 60 bis 70 begnügen. Ein Wartburg mit 50 PS biss sich am Bastei auch die Zähne aus, kam nur mit den kleinen Hängern gut zurecht. Geeignet für den Zugbetrieb waren nur die Lada-Modelle, allen voran der Lada 2103 mit seinen 75 PS und einem passenden Drehmomentverlauf. Aber von diesen Pkw waren nur wenige in Privathand.
Moskwitsch und Dacia ergänzten das bescheidene brauchbare Zugwagensortiment. Die kleinen Hänger liefen alle ohne Auflaufbremse. Eine solche Hilfe boten nur Bastei und Intercamp. Heizungen gab es ab Ende der 1970er Jahre. Sie wurden aber fast nur in Exportausführungen der beiden genannten Modelle verbaut. Denn: Wenn sie in der DDR was hatten, dann in erster Linie, um damit Devisen zu erwirtschaften. Aber das hat am Ende trotzdem nicht gereicht, wie wir uns dieser Tage mit Freude erinnern.
Statistik: So viele DDR-Anhänger gab es wirklich
Offiziell existiert nur eine Zahl: Laut Statistischem Jahrbuch der DDR für 1990 wurden von 1960 bis 1989 rund 486.000 „Anhänger für Pkw“ produziert. Das waren vor allem Lastenanhänger, die in der Mangel- und Tauschwirtschaft zum Alltag gehörten, eigene, vom Nachbarn oder Verwandten geliehene. Die DDR war – im doppelten Sinne – ein Land mit Haken. Eine Anhängerkupplung wertete einen Pkw auf, nicht wie im Westen ab.
Zählt man die hergestellten Wohnwagen nach den Angaben in „Typenkompass: DDR-Anhänger für Freizeit und Gewerbe“, Motorbuch Verlag 2018 zusammen, kommt man für die 40 Jahre DDR auf rund 85.000 Stück. Für einige eher selten gesehene Modelle sind keine Produktionszahlen genannt. Sie werden zusammen nicht mehr als 5000 Exemplare ausgemacht haben. Hinzu kommen deutlich über 100.000 Klappzeltanhänger unterschiedlicher Modelle. Es liegen keine Zahlen vor, wie viele der produzierten Wohnwagen exportiert wurden.
Mit 33.000 Exemplaren war der für DDR-Verhältnisse schwere „Bastei“ der meistgebaute Wohnwagen, gefolgt vom Leichtgewicht „QEK Junior“ mit 28.000 Exemplaren. Das Spitzenprodukt, der „Intercamp“, lief 5000 Mal vom Band, ging aber vorwiegend in den Westexport, wo er als „Berger Oase“ verkauft wurde. Bis etwa 1970 entstanden Wohnwagen überwiegend als Eigenbauten und Einzelstücke. Zahlen dafür liegen nicht vor.
Zulassungszahlen für Pkw-Anhänger im Allgemeinen und Wohnwagen im Besonderen finden sich weder in DDR-Statistiken, noch hat das KBA in Flensburg dazu Zahlen. Es gilt als sicher, dass praktisch alle jemals in der DDR zugelassenen Anhänger 1989 noch zugelassen waren, so sie nicht total zerstört worden und nicht wieder aufzubauen waren.