Winterreifenpflicht

War bisher bei Eis und Schnee nur eine "angemessene Bereifung" gefordert, so schreibt der Gesetzgeber nun erstmals Winterreifen konkret vor. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur künftigen Regelung.
Warum jetzt eine Neuregelung?
Die seit 2006 laut Paragraf 2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO) geltende Vorschrift, wonach "bei Fahrzeugen die Ausrüstung - insbesondere geeignete Bereifung - an die Wetterverhältnisse anzupassen" ist, wurde im Sommer vom Oberlandesgericht Oldenburg als verfassungswidrig eingestuft. Der Grund: Der Passus sei zu vage und verstoße somit gegen das Bestimmtheitsgebot.
Was beinhaltet die Neufassung der kritisierten Formulierung?
Es wird eine konkrete Winterreifenpflicht verankert. Damit sind M+S-Pneus, Alljahresreifen und mit Schneeflocke gekennzeichnete Reifen gemeint. In Abstimmung mit dem Deutschen Wetterdienst sind darüber hinaus die Wetterverhältnisse in der Verordnung definiert - Schneeglätte und Glatteis -, bei denen Winterreifen opportun sind.
Ist ein bestimmter Zeitraum für die Winterreifenpflicht festgelegt?
Nein, dafür sind die Wetterverhältnisse in Deutschland zu unterschiedlich.
Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht?
In harmlosen Fällen kostet das 20 Euro Verwarnungsgeld, bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer drohen 40 Euro und ein Punkt im Verkehrssünderregister. Kommt es zu einem Unfall, ist mit deutlich höheren Bußgeldern zu rechnen.
Welche technischen Vorgaben müssen Winterreifen erfüllen?
Derzeit wird auf internationaler Ebene an einer verbindlichen Kennzeichnung gearbeitet. Mit der EU-Verordnung Nr. 661/2009 wurden bereits im vorigen Jahr gewisse Anforderungen an Reifen festgelegt. Im Nachgang dazu werden nun detaillierte Verfahren, Prüfungen und Kriterien festgelegt, um zu einer einheitlichen Kennzeichnung für Winterreifen zu gelangen. Eine entsprechende EU-Richtlinie zu ihrer einheitlichen Typisierung wird für 2012 erwartet. Dann könnte hierzulande auch eine Ausrüstungspflicht eingeführt werden, für die der Fahrzeughalter verantwortlich ist. Das wäre vor allem für das Transportgewerbe relevant - Unternehmer könnten sich nicht mehr hinter einer Vorschrift verstecken, die derzeit nur den Fahrer betrifft.
Wann tritt die Neuregelung in Kraft?
Sobald die entsprechende Verordnung im Gesetzblatt veröffentlicht ist, wohl im November. Bis dahin hat die alte Vorschrift Gültigkeit - andere Gerichte können bislang bei möglichen Klagen anders urteilen als die Oldenburger Richter.
Was ist mit dem Versicherungsschutz?
Die Haftpflichtversicherung übernimmt den Schaden des Unfallopfers, auch wenn der Verursacher mit Sommerreifen unterwegs war. Ähnliches gilt für die Vollkaskoversicherung. Hätte der Fahrer vor oder während der Fahrt erkennen müssen, dass Sommerreifen angesichts der Straßenverhältnisse völlig ungeeignet sind, kann die Versicherungsleistung aus der Vollkasko jedoch anteilig gekürzt werden.