Polen, Slowakei und Tschechien

Nicht so weit fahren und trotzdem viel Neues erleben – das war unsere Motivation für einen Trip in Richtung Osten. Und tatsächlich haben Polen, die Slowakei und die Tschechische Republik eine ganze Reihe positiver Überraschungen zu bieten.
Big Ben heißt unser Reisefahrzeug, ein Steyr von 1993, der zum Wohnmobil umgebaut wurde. Nach mehr als einem halben Jahr Arbeit am Gelände-Lkw steht der erste richtige Urlaub an. Da wir den Fast-Oldtimer aber noch nicht so gut kennen, wollen wir uns nicht zu weit vom Heimatland entfernen. Reizvoll erscheinen uns dafür die östlichen Nachbarländer.
Bevor es über die polnische Grenze geht, besuchen wir in Sachsen bei Görlitz die Kulturinsel Einsiedel, wo es auch einen Campingbereich gibt. Was einen eher langweilig klingenden Namen hat, entpuppt sich als ungewöhnlichster Freizeitpark, den wir bisher kennengelernt haben. Er kommt ohne elektrische Fahrgeschäfte aus, bietet aber jede Menge verrückte Holzbauten, die teilweise unterirdisch, teilweise über Irrwege und Gittergänge verbunden sind. Ein perfektes Ziel für Kinder und kindgebliebene Erwachsene.
Wir müssen uns am Nachmittag förmlich losreißen und erreichen Polen mit seinen ausgedehnten Wiesen und Feldern, dazwischen viele kleine Seen. In der Nähe soll ein Klettergebiet sein, das uns reizt, und mitten darin ein Campingplatz. Ein Anruf bestätigt: Es ist Platz für ein großes Wohnmobil vorhanden.
Big Ben kämpft sich tapfer einen schmalen Forstweg hoch. Die Bäume stehen immer enger und kratzen schon am Aufbau entlang, als wir endlich auf dem Campingplatz Tabor Pod Krzywa¸ ankommen. Der Betreiber schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und lacht. "Ihr kommt mit einem Laster!", ruft er uns in gutem Deutsch entgegen. "Damit habe ich nicht gerechnet, aber jetzt weiß ich, dass auch Lkw hier hochkommen." Auch wir sind erstaunt: Big Ben passt nicht auf die Zeltwiese. Wir dürfen uns aber auf dem Parkplatz daneben häuslich einrichten.
Der Platz selbst liegt vollkommen abgeschieden und idyllisch mitten im Wald. Zum Klettergebiet gehen wir kaum eine Viertelstunde. Die Voraussetzungen zum Wandern und Mountainbiken sind ebenfalls ideal. So werden aus zwei geplanten Nächten ein paar mehr. Wir haben uns in diesen naturnahen und liebevoll betriebenen Platz verliebt, den wir dank Wasserfilter, Solaranlage und genügend Gasvorrat lange auskosten können.
Felsenstadt in Adersbach-Weckelsdorf
Dann überqueren wir die tschechische Grenze. Wir wollen die Felsenstadt in Adersbach-Weckelsdorf sehen. Sie liegt in einem Naturschutzgebiet und besteht aus unzähligen Felsnadeln, die wie Hochhäuser in den Himmel ragen. Dazwischen führen Wanderwege durch die Naturkulisse aus Felsriesen, Bächen und Bäumen. Immer wieder staunen wir und bleiben mit offenen Mündern stehen, so unglaublich erscheint uns das Ganze.
Am Abend übernachten wir wieder auf polnischer Seite und suchen uns einen privaten Stellplatz mit Badesee aus. Obwohl es zunehmend sommerlich wird, ist der Platz bis auf eine weitere Gruppe leer. Wir können uns auf der großen Wiese mit Blick auf den See großzügig ausbreiten, baden, genießen die Sonne und füllen unseren Wasservorrat auf, bevor es weiter nach Ustron´ geht.
Dort liegt der Campingplatz direkt am Flussufer der Weichsel, des längsten Flusses Polens, und ist ein Ausgangspunkt für Ausflüge in die Stadt und zum Bikepark Palenica. Während uns der Bikepark schon wegen vieler Sicherheitsmängel enttäuscht, bleibt uns der Kurort Ustron´ wegen eines tollen Restaurants in Erinnerung. Dann wagen wir uns in die Großstadt, genauer gesagt nach Krakau.
Während unser Mobil etwas außerhalb auf einem Stellplatz bleibt, spazieren wir durch die Straßen und bewundern die wirklich schöne Stadt. Als wir aber auf dem großen Platz vor der Marienbasilika entlang der Marktstände schlendern, verdunkelt sich plötzlich der Himmel. Ein Sturm zieht auf. Während andere Touristen filmen, wie es die Stände beinahe davonträgt, packen wir mit an, um die Auslagen zu retten, und ernten am Ende aufrichtigen Dank. Erst nachdem wir das Unwetter in einer liebevoll dekorierten Pizzeria ausgesessen haben, können wir auch der Burg Wawel, der ehemaligen Residenz der polnischen Könige, einen Besuch abstatten.
Ein Tag in einer Großstadt reicht uns für eine ganze Weile. Deshalb führt uns unser Weg anschließend in Krakaus Umland. Der Campingplatz Brandysówka liegt in einem hübschen Tal umgeben von Wald, Wiesen, Kletterfelsen und einem glasklaren Bächlein mit Miniwasserfall. Beide Kinder finden schnell Gleichgesinnte und wir genießen für ein paar Tage das Camping- und Kletterleben auf dem großen Platz.
Bikepark Kasina in Polen
Unser letzter Stopp in Polen ist der Bikepark Kasina. Auf Anfrage erlaubt man uns, auf dem Parkplatz zu übernachten. So sind wir morgens gleich am Start. Hier finden wir alles, was das Herz eines Mountainbikers begehrt: tolle und gut ausgeschilderte Abfahrten in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, einen guten und sicheren Lift mit Bikehalterung, ein Restaurant und einen Kinderspielplatz mit angrenzendem Pumptrack. Mit Adrenalin im Blut und einem Lächeln im Gesicht geht es in das nächste Reiseland.
Unsere erste Nacht in der Slowakei verbringen wir vor den Toren des Museum Orava. Der Parkplatz dort gilt als inoffizieller Stellplatz. Solange man niemanden stört, darf man hier übernachten. Für das Freilichtmuseum wurden Häuser im ganzen Land demontiert und hier wieder originalgetreu aufgebaut. So entstand mitten im Wald ein idyllisches Museumsdorf, das verschiedene Epochen und soziale Schichten der slowakischen Vergangenheit veranschaulicht. Ein Infoheft auf Deutsch und eine App erleichtern uns die Zeitreise.
Nach so vielen Spaziergängen wird es Zeit, auch einmal einen Herzenswunsch der Kinder zu erfüllen. Wir steuern das Freizeitbad Tatralandia an. Hätten wir den Kindern erzählt, sie müssten an einem Tag hunderte von Treppenstufen laufen, hätten sie sich beschwert. Hier fliegen sie aber die Treppen nur so hinauf, um möglichst schnell eine der fast 30 Wasserrutschen zu erobern. Ein permanentes Auf und Ab, das erst endet, als wir alle völlig erschöpft sind.
Naturschutzgebiet Slovenský raj
Seinem Namen alle Ehre macht das Naturschutzgebiet Slovenský raj, was übersetzt slowakisches Paradies bedeutet. Für mich wird es zum persönlichen Highlight der Reise. Ganz in der Nähe unseres Campingplatzes beginnen einige der unzähligen wunderschönen Wanderstrecken. Zu viele, um sie alle erkunden zu können. Deshalb entscheiden wir uns zunächst für die Wanderung am Suchá Belá.
Dabei durchqueren und überqueren wir immer wieder den gleichnamigen Bach inmitten einer zauberhaft idyllischen Schlucht. Mit Hilfe von zahlreichen Leitern und Stegen klettern und wandern wir an Wasserfällen entlang oder auf künstlich angelegten Wegen über dem Suchá Belá bis hoch zu seiner Quelle. Selten sind die Kinder mit solcher Begeisterung so lange bergauf gewandert. Da wir recht früh aufbrachen, sehen wir kaum andere Wanderer und können den Zauber des Waldes einfangen. Man muss aber erwähnen, dass Kinder, die schwieriges Gelände nicht gewohnt sind, hier Hilfe und Aufmerksamkeit brauchen, sonst wird es schnell gefährlich.
Auch einen zweiten Wanderweg erleben wir auf diese Weise. Da der Slovenský raj im Bärengebiet liegt, sollte man nicht bei Dunkelheit im Wald unterwegs sein. Wir sehen zwar keine Anzeichen von Bären, sind aber zutiefst beeindruckt von dem Gebiet und können es jedem begeisterten Wanderer nur ans Herz legen.
Nach einigen Tagen Wandern, Klettern und Radfahren im Slovenský raj müssen wir dann doch langsam Richtung Westen aufbrechen. Weil uns aber die Slowakei und ihre Wälder so gut gefallen, machen wir nochmal Halt für eine Wanderung in Súl'ov-Hradná.
Dort gibt es einen tollen Waldlehrpfad, der zu einer Ruine auf einer Bergkuppe führt und mit atemberaubenden Aussichten auf das Umland für den etwas steilen Anstieg belohnt.
Stadtrundgang durch Prag
Für Tschechien bleibt nun weniger Zeit als geplant. So müssen wir auf längere Aufenthalte verzichten. Wir übernachten mal frei an einem See und steuern dann auf Prag zu. Unser Mobil parken wir auf dem Campingplatz Matyáš in Vrané außerhalb der tschechischen Hauptstadt. Der Stadtbesuch erschlägt uns ein wenig. Prag ist architektonisch toll, aber teilweise drängen sich Touristen so, dass man sich kaum bewegen kann. Menschenmassen sind gar nicht unser Ding und zu allem Überfluss bricht wieder einmal ein Unwetter über uns herein. Wir gehen essen und setzen unseren Stadtrundgang danach immerhin auf etwas weniger überfüllten Straßen fort.
Vollgepackt mit tausend Eindrücken unserer letzten Etappe kommen wir erst spät zum Campingplatz zurück und wollen noch gar nicht an die bevorstehende Heimreise denken. Insgesamt haben wir unzählige Impressionen gesammelt und viele Orte wegen ihrer wilden Schönheit ins Herz geschlossen. Auch unser Expeditionsmobil Big Ben hat auf dieser Tour seine Feuerprobe bestanden.
Reise-Tipps für die Osteuropa-Tour
Polen: Dort ist der Zloty die Landeswährung, die man problemlos an Bankautomaten abheben kann. Auch ist die Bezahlung mit Karte in den meisten Geschäften und auf Campingplätzen möglich. Viele Autobahnen sind mautpflichtig. Fahrzeuge bis 3,5 t müssen nur auf Teilstrecken der Autobahnen A1, A2 und A4 eine Gebühr entrichten, die an den Mautstationen bezahlt werden kann, oder man nutzt das elektronische Bezahlsystem Via-Toll. Gespanne und Fahrzeuge über 3,5 t müssen auf mehreren Autobahnen, Schnellstraßen und Landesstraßen eine streckenabhängige Maut mit Via-Toll entrichten. Eine Via-Toll-Box kann man an verschiedenen Verkaufsstellen erhalten und aufladen. Am Ende der Nutzung wird sie am besten wieder im Land abgegeben. Viele Nebenstraßen sind für Fahrzeuge über 3,5 t gesperrt.
Slowakei: Hier ist der Euro Zahlungsmittel. Auch die Slowakei erhebt eine Autobahnmaut. Die Vignette für Fahrzeuge bis 3,5 t kann online gekauft werden. Fahrzeuge über 3,5 t müssen am elektronischen Mautsystem teilnehmen und mit einer On-Board-Unit (OBU) von Skytoll ausgestattet werden.
Tschechien: In Tschechien muss Geld gewechselt werden. Man bezahlt mit Tschechischen Kronen. Diese erhält man problemlos bei Abhebung an Bankautomaten, und auch die Kartenzahlung ist weit verbreitet. Autobahnen und Schnellstraßen sind bis auf wenige Ausnahmen für Fahrzeuge bis 3,5 t vignettenpflichtig. Für Fahrzeuge über 3,5 t wird eine streckenabhängige Maut erhoben. Für Fahrzeuge über 3,5 t benötigt man eine On-Board-Unit (OBU), es handelt sich hier um die Premid-Box.
Campingplatz-Tipps für Polen, Slowakei und Tschechien
1. Polen
2. Slowakei
3. Tschechien