Auf Asterix’ Spuren kreuz und quer durch Frankreich

Vor genau 50 Jahren, 1970 also, erschien mit dem Asterix-Album zur "Tour de France" ein Meilenstein der Comicliteratur. Und schon damals wären wir der Spur der unbesiegbaren Gallier gerne gefolgt. Höchste Zeit, es tatsächlich zu tun. On y va!
"Ganz Gallien ist von den Römern besetzt!" Jeder kennt den klassischen Vorspann eines echten Asterix-Abenteuers, und so startet auch die Geschichte des Bandes "Tour de Gaule", der sein Debüt vor 50 Jahren feierte. Unter Kennern genießt die "Tour de France", wie sie bei uns heißt, höchstes Ansehen.
Die Reise, die unser Held gemeinsam mit seinem dicksten Kumpel und dem erstmals auftauchenden Maskottchen, später Idefix genannt, unternimmt, basiert auf einer Wette. Denn Lucius Nichtsalsverdrus, Cäsars Sonderbeauftragter, lässt das gallische Dorf hinter eine Palisade sperren, auf dass dieses samt den unbeugsamen Galliern vergessen würde von der Welt. Doch die denken gar nicht daran, und schon reisen unsere Protagonisten durch ganz Gallien, um aus jeder Region eine besondere Spezialität als Beweis mitzubringen.
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Mit dem Bulli durch das abwechslungsreiche Frankreich
Soweit die historische Basis, der wir ganz modern im VW California Ocean folgten. Überhaupt ist ein Campingbus das perfekte Gefährt für solch eine Tour, wollen wir doch nicht sklavisch an die Originalroute gefesselt sein, sondern auch den ein oder anderen Abstecher unternehmen, gerne auch auf kleineren Seitenstraßen. Denn Frankreich hat derart viele Facetten, die zu entdecken sich lohnt, dass ein flexibles, flinkes Fahrzeug Sinn macht. Dass unser Fernweh-Bulli (noch) nicht schwimmen kann, das macht nichts: Wenn im Comic einige Etappen übers Wasser bewältigt werden, kreuzen wir über Land.
Und so rollen wir frohen Mutes aus der Bretagne – keine Sorge, wir kommen ja wieder – und zunächst nach Rouen, um gleich mal ein normannisches Kleinod zu entdecken, obgleich es hier zunächst keine Spezerei zu erwerben gilt. Das ist aber gut so, nimmt einen der nicht erst in gallo-römischer Zeit besiedelte Ort doch unweigerlich gefangen. "Und auch das römische Straßennetz lässt sich noch erkennen", erklärt die junge Lycie, die sich die Zeit für einen Bummel mit uns nimmt. "Den Cardo maximus, die Hauptachse also, finden wir in der Rue Beauvoisine, der Rue des Carmes und der Rue Grand-Pont, und auch die Kreuzung mit dem kleineren Decumanus nahe der Kathedrale ist noch erkennbar." Nicht zum letzten Mal auf dieser Reise wandeln wir auf historischen Pfaden.
Rouen ist eben pittoresk und somit gefährlich, haben wir doch eine gewaltige Runde vor uns, weshalb wir die nächsten Stationen eher zügig abhaken: Natürlich nehmen wir Schinken in Paris mit und in Cambrai eine Schachtel "Betises", die leckeren "Dummheiten" werden im Comic als "Backpfeifen" vorgestellt. In Reims muss es Champagner sein, während wir es in Metz bei einem Bummel durch die Altstadt belassen. Auch bei unseren Helden war Metz nur eine Durchgangsstation. Ja nun, sei’s drum. Stattdessen geht es stracks nach Süden, auch wenn das Gewirr der Straßen in Lyon Ortsfremde schon immer schockierte. Leider kommt uns kein Schönfix zu Hilfe, der am Ende auch noch Würste und Fleischklöße parat hat. Aber wir müssen ja auch keine Wette gewinnen.
Volle Straßen, kulinarische Highlights und Hommage an Pagnol
Egal, ab nach Nizza! Doch die Straßen sind voll, es ist Ferienzeit, und so können wir verstehen, dass auch unsere Vorbilder nur kurz für einen Salade Niçoise anhielten. Allerdings "leihen" wir uns nicht das Ruderboot eines bzw. jenes Touristen, der nur ungern von Obelix übers offene Meer gerudert wird, sondern bleiben brav auf der Straße, die in der Sommerhitze glüht. Der Kühlbox des VW California wiederum ist das schnurz, sie hält die wachsende Anzahl an Spezereien frisch, auf dass die Köstlichkeiten nicht dem Not-Verzehr anheimfallen. Denn die Versuchung, wie grauenvoll, wächst stetig!
Immerhin haben wir schon den nächsten Kulinarikgipfel vor der Nase – und nicht nur das. Denn das kommende Etappenziel ist auch ein Paradebeispiel für die Kreativität, mit der sich Goscinny und Uderzo so gerne vor anderen Kunstschaffenden verbeugten. In Marseille ist dies Marcel Pagnol, der wiederum die "Bar de la Marine" verewigt hat, und auch heute noch sollte man mit einem "Pastix" des großen Regisseurs gedenken.
Danach sind es nur ein paar Schritte rund ums Hafenbecken zum Miramar, hier ist die Bouillabaisse zu Hause. Natürlich kann man die überall "zum Mitnehmen" erwerben. Das Fischgericht indes vor Ort zu genießen, das hat noch eine ganz andere Qualität. Vor allem, wenn Küchenchef Christian Buffa für die herausragende Qualität des Gerichts bürgt, für das sein Haus berühmt ist. Wer nach dieser aus zumindest sechs verschiedenen Fischsorten zubereiteten Köstlichkeit – zu zweit muss man hier allerdings 138 Euro plus Getränke einkalkulieren – Bewegung braucht, der kann in Aubagne dem Gewimmel der Großstadt entfliehen.
Auch hier wird dem Filmpionier Pagnol gehuldigt, hier findet man sein Geburtshaus und auch die "Kleine Welt des Marcel Pagnol" mit diversen Dioramen und Figuren seiner Filme – und der Comicfan wird erfreut feststellen, wie eng sich das gallische Abenteuer an das cineastische Original hält. Ob nun die Schiffstaverne die Bar de la Marine mimt oder die Römer von einer Partie Pétanque aufgehalten werden – "werfen oder rollen" –, im Comic wie in Aubagne kommen Fans französischer Kinoklassiker auf ihre Kosten, zumal der Eintritt in die "Kleine Welt" frei ist. Hier findet sich zudem der ideale Campingplatz, um die Region zu entdecken. Der "Camping du Garlaban" liegt idyllisch im Pinienwald, wo die Zikaden um die Wette zirpen.
Aber der Wette wollen wir ja auch auf den Fersen bleiben! Also weiter nach Toulouse, wo auch wir Wurst kaufen, und dann zu den Pflaumen von Agen, die schon satt und reif an den Bäumen hängen. "Meist beginnen wir um den 20. August mit der Ernte", erklärt Pascal Roques, der im Jahr rund 70 Tonnen der seit dem 12. Jahrhundert bekannten Versuchungen verarbeitet. "Für ein Kilo Trockenpflaumen braucht man die dreifache Menge an frischen Früchten",sagt er, während er hingerissen in unserem deutschsprachigen Comic blättert und etwas abwesend "Le Prince Noir" in Sérignac-sur-Garonne für die Mittagsrast empfiehlt. Dort gebe es gerade ein Gericht aus Fleisch mit Trockenpflaumen. Ein wunderbares Beispiel kreativer französischer Küche, wie sich kurz darauf bestätigt.
Von der Weltkulturerbestadt ins gallische Dorf
Doch was wäre die Welt ohne einen Wein? Bordeaux, wir kommen! Diese Fluss- und Seehafenstadt hat sich in den letzten 20 Jahren grundlegend gemausert, ja regelrecht verjüngt. Noch zur Jahrtausendwende gab es statt einer Flusspromenade nur Docks, heute tummeln sich hier die Menschen, die den Wasserspiegel, den "Miroir d’eau", am Place de la Bourse ebenso genießen wie die oberleitungsfrei durch das fast vollständig erhaltene Innenstadtensemble verkehrende Straßenbahn. Mit dieser kamen auch wir für schmales Salär vom Campingplatz in 30 Minuten bis direkt an den auch im Cartoon thematisierten Place des Quinconces, wenn auch leider wegen einer Betriebsstörung zum Teil per Schienenersatzverkehr. Doch das ficht uns nicht an: Wir lassen uns treiben, während wir den Charme der großartigen Garonnestadt genießen, die ihren Status als Weltkulturerbe wahrlich verdient hat.
Während jedoch unsere gallischen Helden sich von einem Hinkelsteinfrachter bis nach Le Conquet mitnehmen lassen, greifen wir nach Osten und ins romantische Esse im Département Charente aus, um die Rekonstruktion eines gallischen Dorfes zu besuchen. Indes sind unsere Comic-Helden für den "Chef" des Dorfes, Patrick Boos, kein Thema, für ihn gelten nur historische Fakten, die er in Zusammenarbeit mit 50 Helfern zum Leben erweckt. "Hallische Hütten hatten überhaupt keine Kamine", betont er, während er in das reetgedeckte Haus des Häuptlings bittet, das vor handgefertigten Waffen nur so strotzt. Alles, was an Alltags- und Kriegsgerät in Coriobona zu finden ist, das wurde auch hier gefertigt, versichert "Eporenos". Rund 8000 Besucher besuchen jährlich die kleine gallische Welt des 1. Jahrhunderts, die (noch) ein echter Geheimtipp ist.
Der Stellplatz mitten in Le Conquet wiederum ist es nicht, auch mit einem kompakten Bulli sollte man zeitig anlanden. Denn die Region ist beliebt! Zu wild sind die Küsten, zu markant ist die Kultur, als dass man nicht berührt würde von jener Gegend, in der die Heimat von Asterix und Obelix verankert ist. Auch hat die Bretagne von Frühling bis Spätherbst Saison, sichere Wetterprognosen kann man hier ohnehin nicht machen.
Ehrwürdiger Abschluss am geschichtsträchtigen "Land am Meer"
Man muss eben flexibel sein, die Orte nehmen, wie sie sind. Ob man nun die alte Festungsstadt Fougères, das Tor zur Bretagne, besucht, bei St. Malo am weltersten Gezeitenkraftwerk den gewaltigen Tidenhub bewundert oder in Morlaix der berühmten Anne de Bretagne gedenkt, die als letzte unabhängige Herrscherin nacheinander zwei französische Könige heiratete, spielt dabei keine Rolle. Übrigens waren Annes Hochzeiten der Grundstein für die "Angliederung" der Bretagne ans französische Königreich im Jahr 1532, was viele Bretonen bis heute nicht verknusen können. Und auch Bretonisch wird noch gesprochen, viele sind der alten Sprache mächtig in dieser Gegend, die die Gallier einst Aremorica nannten: das "Land am Meer". Ans Meer wurde auch das Dorf der Comic-Gallier gelegt, alleine schon wegen des leichteren Reisens in den Abenteuern. Erquy soll als Vorlage gedient haben, und wenn man hier am Strand steht und sich das Wasser halbrund vor einem ausbreitet, dann kann man mehr als nur ein paar Ähnlichkeiten entdecken.
Den erfolgreichen Abschluss der Reise begehen wir allerdings nicht mit einem großen Fest in trauter Dorfrunde am Lagerfeuer, sondern still und würdig vor unserem VW California, der sich angesichts all der Spezereien zum rollenden Picknick-Wunder gemausert hat, aus dem nun Champagner und Toulouser Wurst, Dummheiten und eine Bouillabaisse, Pflaumen und Salat aus Nizza gekramt werden. Und dann stoßen wir an: Auf dieses wunderschöne Land, das seine vielen Sterne wahrlich verdient hat – und auf die tapferen Gallier, deren Spuren wir folgen durften. Was für eine Reise, beim Teutates!
Die "Tour de Gaule"
- Gefahrene Kilometer: Rund 4000 von und nach Erquy, ohne An- und Abreise (z.B. aus Frankfurt/Main 2100 km). Deutsche Urlauber können die Tour abkürzen und in Cambrai oder Lyon in die Route einsteigen.
- Reisezeit: Im Sommer wird es vor allem im Süden voll und heiß, also besser in die Nebensaison ausweichen, dann sind auch die Campingplätze günstiger. Und in Aremorica muss man ohnedies immer mit wechselhaftem Meeresklima rechnen.
- Ungefähre Mautkosten: Mautstraßen sind bequem, kosten aber im Falle eines VW California rund 250 Euro, größere Reisemobile liegen höher. Verbraucht haben wir insgesamt rund 260 Liter (VW T6 California Ocean Blue, 150 PS, DSG, Schnitt: 6,48 L/100 km). Allerdings liegt Diesel in Frankreich bei rund 1,50 Euro je Liter.
- Generell: Wer meint, Frankreich zu kennen, der wird auf dieser Tour eines Besseren belehrt und erfährt die Vielfalt dieses schönen Landes, das so viele grandiose Regionen vorzuweisen hat.
Die Tour feiert Geburtstag
Ein "Knirps, nicht mehr als ein Komma in der Landschaft". So stellte sich Goscinny 1959 seinen Asterix vor, und so setzte ihn Uderzo meisterhaft um, Obelix entstand gleich mit. Die "Tour de France" erschien 1970, seit 24. Oktober 2019 ist Band 38 im Handel; das Abenteuer um die kecke Adrenaline bringt das gallische Dorf ganz schön in Wallung. Die Comic-Abenteuer von Asterix und Obelix erscheinen bei Egmont Ehapa Media als Softcover und in der Egmont Comic Collection als Hardcover. Didier Conrad, Jean-Yves Ferri: Die Tochter des Vercingetorix, 48 Seiten, ISBN 978-3-7704-3638-5, 12 Euro (als Softcover im Zeitschriftenhandel 6,90 Euro).
Stellplatz-Tipps entlang der Tour de Gaule