Barkas B 1000-Umbau
Der Barkas B 1000 wurde schon vor über 40 Jahren elektrifiziert, konnte aber damals nicht mit dem Verbrennungsantrieb mithalten. Nun wird das Projekt von zwei jungen Reisenden wiederbelebt – inklusive Aufstelldach vom T2.
Bereits 1972 machte man sich in der Deutschen Demokratischen Republik Gedanken über den „sparsamen Umgang mit flüssigen Energieträgern“. An der Technischen Universität in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) forschte man deshalb an einer Elektrifizierung des „Bullis der DDR“, dem Barkas B 1000. Mit Gleichstrom-Motor und Blei-Akku sollte bei 50 km/h ein Aktionsradius von 100 Kilometern pro Ladung drin sein. Nur wenige Exemplare schafften es auf die Straße, denn beim damaligen Stand der Technologie mangelte es schlicht an realer Reichweite und Leistung. Der Barkas B 1000 war deshalb bis zum Produktionsende 1990 überwiegend mit Zweitaktmotor im Einsatz.
Ostalgie trifft auf Innovation
So auch das ocker-braune Exemplar von Konstantin Neumann, das auf den ersten Blick noch genauso aussieht wie bei seiner Geburt 1986 im Werk in Karl-Marx-Stadt. Vier Jahre vor Produktionsende gehörte ein orange-brauner Fransenteppich zur Innenausstattung. In Konstantins B 1000 erinnert er noch heute an die Glanzzeiten des ostdeutschen Autobaus.
Unter der Motorhaube – beim Barkas zwischen den beiden Sitzen im Innenraum gelegen – ist aber ab sofort Schluss mit der (N)Ostalgie. Hier schlummert nicht mehr der originale Einliter-Zweitakter mit strammen 46 PS. Denn der liegt inzwischen in einer Ecke in Marko Batovanjas Halle. Marko hat sich mit dem Unternehmen MSG Austria darauf spezialisiert, Oldtimern den Verbrennungsmotor aus- und sie stattdessen elektrisch anzutreiben. Im Falle des B 1000 mithilfe eines Engiro Elektromotors, der etwa die gleiche Dauerleistung wie sein Benzin und Öl verbrennender Vorgänger liefert. Allerdings liefert er deutlich mehr Drehmoment. Das Originalgetriebe blieb erhalten, der Barkas wird also nach wie vor von Hand geschaltet. Für diesen Umbau, der Konstantin schätzungsweise rund 50.000 Euro kostet, hat er den B 1000 extra nach Österreich in die Nähe von Salzburg gefahren und dem alten Zweitakter noch eine Abschiedstour bei über 30 Grad Außentemperatur gegönnt.
Elektro-Barkas mit Tesla-Akkus
Öl und Benzin wird er in Zukunft nicht mehr auffüllen, dafür spätestens nach 500 Kilometern eine Stromquelle ansteuern müssen – so groß soll die Reichweite des Elektro-Barkas sein. Die dafür nötige Energie speichern Akkus, die im Boden des Fahrzeugs „verlegt“ werden und über eine Kapazität von 90 kWh verfügen sollen. Die bestellten (und unten abgebildeten) Akkus waren dafür leider zu schwer, sodass neue Energiespeicher von Tesla geordert werden mussten. Die bezieht MSG Austria gebraucht, weshalb sie nochmals einer speziellen Prüfung unterzogen werden. Leider fiel die Hälfte der gelieferten Zellen durch. Ende August wird nun Ersatz erwartet.
Mit knapp 500 Kilogramm ist der Tesla-Energiespeicher im Verhältnis zur Kapazität ein echtes Leichtgewicht. Die ursprünglich vorgesehenen Akkus eines anderen Anbieters waren mit insgesamt 721 Kilogramm so schwer, dass sie die Nutzlast des B 1000 von einer Tonne zu beinahe drei Vierteln ausfüllten. Der geplante Camping-Ausbau wäre daher in akuter Gefahr gewesen. Dazu unten mehr.
50.000 Kilometer im Auftrag der Nachhaltigkeit
Konstantin und seine Verlobte Marina brechen voraussichtlich in diesem Herbst auf eine einjährige 50.000-Kilometer-Tour mit dem Barkas auf – einmal rund um Eurasien. „The Way We Go“ ( www.thewaywego.org) nennen die beiden dieses Projekt, mit dem sie die Themen Nachhaltigkeit und Innovation über die europäischen Grenzen hinaus transportieren wollen. Unterwegs sammeln sie Plastikmüll, halten an Schulen und Universitäten Vorträge über Nachhaltigkeit und wollen durch Begegnungen ein Netzwerk für Startups mit innovativen Ideen in diesem Bereich aufbauen. Alles mit dem Elektro-DDR-Bulli. Konstantin hat ihn übrigens ganz bewusst ausgewählt: Er selbst stammt wie der Barkas aus der Region um Chemnitz.
Solarzellen auf dem Dach
Da auf der Route auch Etappen durch wenig besiedelte Gebiete anstehen, gilt die größte Sorge der beiden der realen Reichweite. „ Bei kälteren Temperaturen können es auch mal nur 300 statt 500 Kilometer sein“, erinnert Umbauer Marko. Ohne zu wissen, wie weit die nächste Stromquelle entfernt ist, kann jede Fahrt irgendwo im Nirgendwo enden. Die Notlösung für diesen Fall kommt von oben und heißt Sonnenenergie. Solarzellen auf dem Dach des B 1000 speisen die Tesla-Akkus im Notfall. „Das ist zwar eine minimale Einspeisung, aber im Zeitraum von zum Beispiel einer Woche wäre eine ausreichende Ladung denkbar, um ein Stück weiterzufahren“, so Marko. Genaue Angaben über die Geschwindigkeit der Solar-Ladung kann er nicht geben. Konstantin ist aber optimistisch: „Im schlimmsten Fall muss ich dann eben schieben.“
Start bereits verschoben
Bei einem Gesamtgewicht von gut zwei Tonnen ist das wohl die schlechteste Lösung. Aber ein Schritt nach dem anderen: Zuerst muss der Elektro-Camping-Barkas fahrtüchtig sein. Der eigentlich für den 9. August geplante Start wurde bereits auf unbestimmte Zeit verschoben. Bis die Ersatzakkus geliefert werden, kann der Barkas die Werkstatt nicht aus eigener Kraft verlassen.
Technische Daten im Überblick
- Modell: Barkas B 1000 (1986)
- Motor original: 1000 ccm Zweitaktmotor (34 kW)
- Motor: Engiro Elektromotor (96 Volt, ca. 30 kW Dauerleistung)
- Akku: Tesla Module (16 Stück, Gesamtkapazität 90 kWh)
- Reichweite: schätzungsweise 500 Kilometer
Camping-Ausbau mit T2-Dach
In der Zwischenzeit treiben Konstantin und Marina allerdings den Camping-Ausbau ihres Schätzchens selbst voran. Der B 1000 bekam bereits ein Fenster verpasst und - ganz besonders - ein Aufstelldach vom VW T2. Das Dach musste rundum angepasst und gekürzt werden, ist aber nun dicht.
Vorderwagen und Laderaum sind zudem bereits neu isoliert und der Kücheneinbau geplant. Dafür müssen die neuen Tesla-Akkus aber erst samt Box integriert werden.