So lässt sich ein Shitstorm im Web stoppen

Wie verhält man sich, wenn man Ziel einer Empörungswelle im Netz wird? Hier lesen Sie fünf Tipps, wie Sie mit dieser Situation souverän umgehen können.
Für viele Unternehmen stellt sich heute die Frage, wie sie sich im Falle eines aufkommenden Shitstorms verhalten sollen. Schließlich können sich solche negativen Netzreaktionen erheblich auf die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auswirken. Hier kann sich der glücklich schätzen, der sich bereits im Vorfeld einer möglichen Empörungswelle vorbereitet hat. Im Idealfall sollte ein solcher Sturm aber gar nicht erst losbrechen.
Eines ist jedenfalls sicher: Im Prinzip kann jeder das Ziel eines solchen Shitstorms werden. Zwar mündet nicht gleich jede negative Äußerung eines Kunden auf Social-Media-Plattformen in eine Empörungswelle und selbst bei Auftreten eines Shitstorms sind die Umsätze häufig gar nicht betroffen. Dennoch ist der richtige Umgang mit der Empörungswelle entscheidend, damit es nicht zu Reputationsschäden kommt:
- Bereiten Sie sich vor
Das Tückische an einem Shitstorm ist, dass er häufig innerhalb weniger Stunden entsteht. Eine gute Vorbereitung ist deshalb besonders wichtig. Auf Blogs, Facebook und Twitter können sich böse Gerüchte schnell verbreiten, die Informationslage ist häufig unübersichtlich. Hasserfüllte und polemische Beiträge verbreiten sich wie ein Lauffeuer und beschädigen die Reputation. Häufig stecken hinter solchen Entwicklungen erfahrene Aktionisten, die die Social-Media-Mechanismen für sich zu nutzen wissen. In einigen Fällen sollen sogar schon Likes auf Negativ-Beiträge gekauft worden sein.
Für jedes Unternehmen gehört es daher heute zu den Hausaufgaben, im Rahmen einer Risikoanalyse jene Stellen zu finden, an denen man besonders angreifbar ist. Da die Bekämpfung einer Empörungswelle über die Kommunikationswege des Unternehmens erfolgt, muss genau festgelegt werden, wer was in welcher Form sagen darf, um den Shitstorm nicht noch weiter anzuheizen. Steht hierfür kein ausreichend qualifiziertes Personal im Unternehmen bereit, müssen externe Berater weiterhelfen. Eine Einarbeitung ist aufgrund der Zeitknappheit aber in der Regel nicht möglich, die Berater sollten das Unternehmen bereits gut kennen.
Gerade Twitter und Facebook sollten genutzt werden, um Gegenaktionen zu starten. Besonders treue Follower werden sich häufig auf Ihre Seite schlagen und Sie bei der Bekämpfung der Empörungswelle unterstützen. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, diese Follower in ruhigen Zeiten zu pflegen. Auch gute Kontakte zur Presse zahlen sich nun aus, da Sie hier Gegendarstellungen in sachlicher Form vornehmen können. - Üben Sie sich in täglichem Monitoring
Zur Empörungs-Prävention gehört es, die Gespräche Ihrer Kunden über Ihre Produkte stets genau im Blick zu haben. Die Art und Weise, wie die Kundschaft im Netz über ein Unternehmen spricht, ist mittlerweile ebenso wichtig wie aktuelle Umsatzzahlen. Hier sollten Sie sich fragen, auf welchen Meinungsplattformen besonders intensiv über Ihre Produkte diskutiert wird und welche Bewertungsportale für Ihre jeweilige Branche relevant sind. Gerade dort sollten Sie präsent sein und den aktiven Nutzern genau zuhören. Stellen Sie fest, wer die Meinungsführer sind und wer als Multiplikator genutzt werden könnte. Sind die Meinungsführer und Multiplikatoren auf Ihrer Seite oder berichten Sie kritisch über Ihr Unternehmen?
Für die Recherche lassen sich Tools wie etwa Facebook Search oder die Blogsuche von Google verwenden. Hiermit gelingt es Ihnen schnell, Erwähnungen Ihres Unternehmens überall im Netz aufzuspüren. Für die tägliche Analyse eignen sich Dienste wie Google Alerts, Bing Alerts und TweetBeep sowie viele andere mehr. Diese Dienste spielen Ihnen laufend Nachrichten zu und machen so den Austausch über Ihr Unternehmen sichtbar. Die entsprechenden Eingabemasken finden Sie online, die Dienste lassen sich sogar gänzlich kostenlos nutzen und sollten daher unbedingt bei Ihrer Risikoanalyse eingesetzt werden.
Noch besser ist es natürlich, wenn Ihnen die Automatisierung des gezielten Zuhörens gelingt. Tools wie etwa addictomatic.com sind auf die Beobachtung von Aktivitäten im Social Web spezialisiert und ermöglichen eine eingehende Analyse ohne großen Zeitaufwand. Hiermit decken Sie eine maximale Anzahl an Webseiten ab, auf denen Ihre Produkte Erwähnung finden, und verpassen so keine Veränderungen in der Konsumenteneinstellung zu Ihrem Unternehmen. Einige Dienstleister bieten ihre komplexen Monitoring-Instrumente auch kostenpflichtig an. - Kommentare sollten auf keinen Fall gelöscht werden
Bleiben Sie mit empörten Nutzern stets im Dialog, statt diese anzugreifen. Hier ist es besonders wichtig, dass negative Beiträge nicht einfach gelöscht werden, wenn es sich nicht um Verleumdungen oder Rechtsverstöße handelt. In einigen Fällen sind die Löschanträge ohnehin nutzlos, da der Portalbetreiber zu spät oder gar nicht reagiert.
Selbst wenn Sie per Rechtsbeschluss die Entfernung eines Kommentars zum Beispiel auf YouTube erwirken können, ist hiermit nichts gewonnen: Bis der Portalbetreiber reagiert, hat sich die negative Erwähnung längst im ganzen Netz weiterverbreitet. Negative Kritiken werden schnell geteilt und lassen sich dann nicht mehr einfangen.
Zudem sind gelöschte Kommentare für viele Nutzer ein echter Reizfaktor. Die Nutzer können sich dazu berufen fühlen, danach zu forschen, was Sie zu verbergen haben - und werden womöglich sogar fündig. - Eine schnelle Reaktion ist entscheidend
Bei einer aufkommenden Empörungswelle ist es entscheidend, dass Sie schnell und souverän reagieren. Stellen Sie möglichst viele Mitarbeiter ab, die sich um die Eindämmung kümmern und das auch am Wochenende. Nehmen Sie nach Möglichkeit direkt mit jenen Nutzern Kontakt auf, die die Welle losgetreten haben, um deren Zorn schnell zu besänftigen. Achten Sie bei Ihren Postings und Kommentaren zur Situation darauf, dass Textbausteine und allzu glatte, vorgefertigte Antworten häufig schlecht aufgenommen werden. Stattdessen müssen Sie sensibel und mit individuellen Lösungen auf die Probleme eingehen.
Grundsätzlich können Sie sich an die üblichen Regeln bei der Bearbeitung einer Reklamation halten. Nehmen Sie die Kritik also ernst und zeigen Sie Verständnis. Entschuldigen Sie sich bei den Kunden und sichern Sie zu, dass Sie nach einer Analyse des Vorfalls schnell Abhilfe schaffen und darauf hinwirken werden, dass sich ein entsprechender Vorfall nicht wiederholt.
Wenig sinnvoll ist dieses Vorgehen allerdings dann, wenn die Empörungswelle bereits zu stark angewachsen ist und Sie schlicht grob beleidigt werden. In diesem Fall sollten Sie sich an Ihre Rechtsabteilung wenden, denn auch Beleidigungen und Verleumdungen im Netz sind ein Strafrechtsbestand. Stimmen Sie sich bei Ihrem Vorgehen dabei stets mit dem Portalbetreiber ab. Zudem sollten Sie bei einem großen Shitstorm auch nach innen kommunizieren, um zum Beispiel bei Mitarbeitern oder Geschäftspartnern erst gar keine Unruhe aufkommen zu lassen. - Gießen Sie nicht unnötig Öl ins Feuer
Belegen Sie Ihre Aussagen im Umgang mit den Angreifern mit Zahlen und Fakten, geben Sie Ihre Fehler zu und reagieren Sie mit Bedacht. Wichtig ist vor allem, dass die Situation nicht eskaliert. Mit dem Rechtsanwalt sollten Sie daher besser nicht sofort drohen. Zudem ist es ratsam, Dementis knappzuhalten, damit nicht noch mehr zu dem Thema über die Suchmaschinen zu finden ist.
Statt Fehler zu leugnen, sollten Sie mit positiven Schlagzeilen über ein Produkt oder Ihr Unternehmen gegen die Empörungswelle anarbeiten. Passen Sie aber auf, dass Sie Ihre Kommentare und Werbung für Ihr Unternehmen nicht unter falschem Namen veröffentlichen: Werden solche "Fakes" aufgedeckt, ist der Schaden in der Regel immens.
Wenn Sie Glück haben und bei der Eindämmung der Empörungswelle geschickt agieren, nehmen die Nutzer in einigen Fällen ihre negativen Kommentare sogar wieder zurück. Besonders positiv wirken hier schlichte Entschuldigungen seitens des Unternehmens: Untersuchungen der Universitäten Bonn und Nottingham haben gezeigt, dass eine persönliche Entschuldigung in 45 Prozent der Fälle zu einer Entfernung der negativen Kritik geführt hat.