Smarthome: Im Eigenbau das smarte Heim nachrüsten

Das Smartphone ist ein Alleskönner. Unter anderem lässt sich damit auch das eigene Heim fernsteuern. Die nötigen Geräte lassen sich leicht nachrüsten.
Dank immer energiesparender und günstigerer Funklösungen müssen Sie zum Nachrüsten ihrer Wohnung in ein sogenanntes Smarthome nicht einmal mehr Löcher bohren und Kabel verlegen. Zwar gibt es noch Inkompatiblitäten zwischen verschiedenen Herstellern, bei geschicktem Kauf spricht aber wenig gegen ein Funk-Home.
Verschiedene Herangehensweisen
Bei der Hausautomation gibt es verschiedene Herangehensweisen, beispielsweise über den Preis, den Leistungsumfang oder den Bedien- und Einrichtungskomfort. Allerdings gehen einfache Bedienung und fehlender Leistungsumfang oft einher. Komplexe Geräte zu niedrigen Preisen sparen hingegen oft am Benutzerkomfort. Das beginnt bereits bei der Kommunikation der Geräte untereinander. Besonders preiswerte Lösungen wie die FS20 von ELV arbeiten beispielsweise nur unidirektional - ein Sender sendet ein Steuersignal an einen Aktor, bekommt aber keine Rückmeldung, ob die Information überhaupt empfangen wurde. Umgekehrt sendet der Aktor eventuell gerade Steuerungsinformationen, ohne zu wissen, ob sie beim Sender, beispielsweise einem Thermostat, ankommen. Komfortabler und zuverlässiger funktioniert es mit den teureren bidirektional kommunizierenden Geräten.
Mit Internet oder ohne?
Smarthome kann mit oder ohne Netzwerk- oder Internetzugriff funktionieren. Wer sich mit Netzwerktechnik auskennt, wird auch vernetzte Geräte sicher einbinden können, am Komfort mangelt es dabei aber oft. Sollte aber das bereits angesprochene Smartphone für die Steuerung genutzt werden, sollten Sie auf Systeme mit internetfähigen Zentralen achten. Mit FHEM existiert zwar ein unter GPL lizenzierter Server, der viele Lösungen ansteuern kann und sich auf Fritzboxen oder Kleinrechnern wie dem Raspberry Pi installieren lässt, die Einrichtung ist aber nicht sehr benutzerfreundlich, kostet Zeit und erfordert einiges technisches Wissen.
Kompatibilität
Leider schafft fast jeder Anbieter von Smarthome-Geräten ein proprietäres System, das nicht kompatibel zu Geräten der Mitbewerber ist - obwohl die Hausautomation einen wahren Entwicklungssprung machen würde, sofern sich die Hersteller auf ein gemeinsames Protoll und gemeinsame Übertragungsstandards einigen könnten. Die Entscheidung für eine Produktreihe ist damit zumeist eine sehr endgültige. Selbst den Sprung von einer Produktgruppe zu einer anderen desselben Herstellers kann an Kompatibilitätsproblemen scheitern. So bietet der Hersteller eQ-3 gleich drei Lösungen an, die aber untereinander nicht miteinander kommunizieren können.
Steuern oder Automatisieren
Je mehr Sensoren und Aktoren eine Haussteuerung mitbringt, desto leistungsfähiger ist das Endergebnis - auch in Hinblick auf den Grad der Automatisierung. Die Temperatur der Heizung per Smartphone ändern oder das Licht von unterwegs einschalten ist eine Sache, die Frage ist aber, was sich letzten Endes alles automatisieren lässt. Knifflig wird es beispielsweise, wenn im Sommer bei bestimmten Temperaturen und viel Sonne die Rollläden automatisch heruntergefahren werden sollen. Denkbar sind auch das Schließen von Dachfenster-Rollläden bei Hagelschlag oder das Einfahren von Markisen bei starkem Wind als Einsatzziel der Hausautomation.
Funktechnik
Fast alle in Europa angebotenen Geräte nutzen eine Funkfrequenz von 968 Megahertz zur Kommunikation. Dabei handelt es sich um eines der gängigen ISM-Bänder, auf denen auch Babyphones, Garagensteuerungen oder Funkalarmanlagen arbeiten. Entsprechend kann es starke Störungen in der Funkqualität geben - da aber nur geringe Datenmengen übertragen werden müssen, ist das Ergebnis nicht so schlimm wie beispielsweise im 2,4-GHz-Funknetz, das durch zahlreiche WLAN-Geräte aber auch durch DECT-Telefone und Bluetooth massiv überlaufen ist. Einheitlichkeit gibt es bei der Datenübertragung leider nicht, auch wenn sich einige Hersteller zu Allianzen zusammengeschlossen haben. So gibt es von EnOcean eine Plattform. Eine deutsche Variante davon ist QVICON, initiiert von der Telekom. Mit an Bord sind dabei Hersteller wie eQ-3 mit Teilen des Homematic-Systems. Ebenfalls relevant ist Z-Wave mitsamt der Z-Wave Alliance.
Welche Systeme?
Fehlende Standards, viele Hersteller - der Markt ist unübersichtlich. Zumal einige Hersteller nur Teile entwickeln und dann über Schnittstellen die Anbindung diverser anderer Geräte ermöglichen. Das trifft beispielsweise auf HomePilot von Rademacher zu, deren Heizkörper-Stellmotoren aus Z-Wave-Komponenten bestehen, wie sie auch andere Hersteller nutzen. Zahlreiche Hersteller beschränken ihr Angebot auf die Bedienung von Steckdosen, Dimmern und Schaltern. Dazu gehören neben devolo auch iComfort, Home Easy oder Kopp Free Control. Ebenso wie bei den Angeboten einiger Energieversorger lohnt es sich zu schauen, was tatsächlich für ein System hinter den Geräten steckt. RWE Smarthome ist beispielsweise eine zwar sehr umfangreiche aber komplett geschlossene Lösung, die sich nicht mit anderen Produkten verbinden lässt.
Hier eine Übersicht der wichtigsten Systeme:
- Funkschaltsystem 20 FS20
Das FS20 ist der Pionier der Nachrüstsysteme und wurde vor allem von den beiden Elektronik-Händlern Conrad und ELV vertrieben. Es existiert ein recht großes Sortiment an Sensoren, Schaltern und Aktoren sowohl für den Innen- als auch den Außenbereich und es ist kompatibel zu den FHT-80-Heizkörper-Regelungen. Zudem kann es per Zentrale betrieben werden aber auch mit Fernbedienungen genutzt werden. Als Zubehör gibt es Repeater, Diagnose-Displays, Mehrkanal-Schaltmodule, Bewegungsmelder und Hygrostaten. Hauptvorteil des FS20 ist der günstige Preis, das System hat aber zwei große Nachteile: Es arbeitet nur unidirektional, also nicht zwingend komplett zuverlässig. Und die Anbindung an Server oder PC funktioniert nur über einen als Server zwischengeschalteten PC oder eine andere Plattform, auf der der FHEM-Server läuft. Sonderlich intuitiv ist die Einrichtung dann aber nicht mehr. - Homematic
Das bidirektional arbeitende System Homematic bietet ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis. Es ist leicht einzurichten, kann über eine netzwerkfähige Zentrale verwaltet werden und bietet eine Vielzahl an Aktoren, Sensoren und Fernbedienungen. Sogar ein automatisches Türschloss und Fensterantriebe zum automatischen Kippen von Flügelfenstern sind im Angebot. Das Mediola Gateway erlaubt auch die Bedienung von Unterhaltungselektronik und Fremdkomponenten. Ein spezieller Dongle (CUL genannt, CC1101 USB Lite ist die genaue Bezeichnung) erlaubt das Einbinden von FS20-Komponenten. Nachteile der Homematic-Anlage sind einerseits die nur mittelprächtigen Apps und die nicht wirklich edle Haptik der Komponenten. - Eaton xComfort
Mit hochwertigerer Verarbeitung erfreut das xComfort-System von Eaton zumindest schon einmal das Auge. Doch auch das Sortiment kann sich mit vielen Fernbedienungen, Zentralen, Aktoren und Sensoren sehen lassen. Einige Lösungen der Homematic-Systeme, beispielsweise einen Fensterantrieb, vermisst man aber bei Eaton. Größter Nachteil ist aber wohl der recht hohe Preis, alleine die Zentrale kostet rund 500 Euro. Zudem gibt es ein zentrales Bedienteil für die Wandmontage, das nicht wirklich für die eigene Programmierung vorgesehen ist und 1500 Euro kostet. Die Programmiereinheit für die eigene Programmierung kostet weitere 150 Euro. - Siemens Synco Living
Die Siemens-Lösung Synco Living gibt es sowohl als Variante mit Funktechnik als auch mit einer leitungsbasierten Steuerung (auf Basis des KNX-Standards). Die Auswahl an Aktoren und Sensoren ähnelt der von Eaton, vieles ist aber nur bedingt für die Selbstmontage geeignet. Dafür lässt sich auch die Steuerung einer Heizungsanlage komplett (vom Fachmann) integrieren.
Fazit
Mal schnell ein Hausautomation.-System gekauft und eingerichtet? So einfach ist es nicht, vor dem Kauf sollte eine Bedarfsanalyse durchgeführt werden. Auch damit im Anschluss die Preise nicht aus dem Ruder laufen oder wichtige Funktionen fehlen und nicht nachgerüstet werden können. Zudem sind je nach Ausbaugrad schnell bis zu 1000 Euro investiert. Auch der Arbeitsaufwand sollte eingerechnet werden - beispielsweise wenn Sie die Steckdosen und Schalter tauschen müssen, weil zur Smarthome-Steuerung gehörenden nicht zum Design passen.