Apple Watch und Co. zwingen Uhrenhersteller zum Umdisponieren

Zwar sind Smartwatches keine Konkurrenz für mechanische Luxusuhren. Klassische Uhrenmacher geraten durch die Verbreitung von Wearables wie die Apple Watch und Co. dennoch unter Druck.
Rund 20 Millionen Apple Watches sollen nach einer Prognose des Marktforschungsunternehmens IHS (Information Handling Services) in diesem Jahr über die Ladentheke gehen. Damit würden die Smartwatches von Apple glatt an die Exportzahlen in der Schweizer Uhrenindustrie heranreichen, die 2014 mit insgesamt 28,6 Millionen verkauften Uhren (22,2 Milliarden Franken. gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent zunahmen.
Von einem Aufmischen des traditionellen Uhrenmarktes kann indes nicht die Rede sein, denn nach Meinung der Uhrenhersteller bedienen die Gadgets ein ganz eigenes Segment. Sie nehmen an, dass Uhrenliebhaber ihren Marken treu bleiben werden, auch wenn die Kaufabsichten in Bezug auf die Apple Watch darüber hinausgehend wachsen könnten. Das belegt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Responsio, derzufolge Käufer von Markenuhren im Wert von 10.000 Euro eine doppelt so hohe Bereitschaft demonstrieren (16 %), sich zusätzlich eine Smartwatch zu holen, als Käufer, die für Uhren zwischen 1.000 bis 2.500 Euro auszugeben bereit sind (7 %).
Nick Hayek, der CEO der Schweizer Uhrenschmiede Swatch, betont in einem Artikel der Schweizer Handelszeitung außerdem, dass die Handgelenkcomputer eher eine Chance für die Schweizer Uhrenindustrie bedeuten würden. Swatch zumindest kann nicht klagen, der Verkauf von mechanischen Uhren sei dank des Hypes um die Apple Watch sogar angestiegen. Durch die Popularität der Apple Watch erscheint laut Hayek plötzlich ein Aufschwung für den Uhrenhandel auf schwierigen Märkten wie in den USA möglich.
Uhrmacher springen auf den Smartwatch-Zug auf
Luxusuhren von IWC, Rolex oder Omega werden auch zukünftig für Uhrenkäufer als Statussymbol und Beweis aufwendiger Handarbeit erhalten bleiben, heißt es in einem Magazinbeitrag auf Chrono24.de, einer internationalen Uhrenhandelsplattform. Die hervorragende Verarbeitung und Funktionalität und damit hohe Wertstabilität von Armbanduhren mache sich anders als bei der weniger langlebigen Apple Watch für Uhrenbesitzer weiterhin bezahlt. Viele angestammte Hersteller von Premiumuhren steigen trotzdem in das Geschäft mit der „wearable technology“ ein, um sich den Smartwatch-Trend zunutze zu machen.
Mit der „Touch Zero One“ (Swatch), der „TimeWalker Urban Speed e-Strap“ (Montblanc) , der „Helvetica No 1 Bold Smart“ (Mondaine), der „Horological Smartwatches“ (Frédérique Constant und Alpina), der „IWC Connect“ (IWC Schaffhausen) und der geplanten TAG Heuer mit Android Wear und Intel-Chip folgen unter anderem die ersten hybriden Uhren, die smarte Komponenten wie Fitnesstracker-Funktionen im Uhrengehäuse oder im Armband integrieren. Diese Smartwatches sollen nicht nur das Interesse von Uhrenfans wecken, sondern neue, digital affine Käufer für mechanische Uhren begeistern.
Andere Hersteller wiederum setzen lieber auf verbesserte Materialien anstatt auf intelligente Technologien. So ließ die Swatch-Schwestermarke Omega verlauten, an der Einführung eines neuen Qualitätszertifikats für alle mechanischen Uhrenmodellen mit magnetresistentem „Master-Co-Axial“-Werk zu arbeiten.
Aushängeschild Apple Watch
Die Apple Watch hat gleichwohl das Potenzial, auf dem Markt für Nobeluhren für erhöhten Wettbewerb zu sorgen. Erst kürzlich wurde die dritte limitierte Apple Watch in einer zwölf Seiten langen Anzeigenstrecke im US-Modemagazin „Vogue“ eindeutig als Luxusobjekt angepriesen. Die Apple Watch Edition ist im Apple Store in acht Modellen mit 18-karätigen Roségold- oder Gelbgold-Gehäuse zu Verkaufspreisen von 11.000 bis 18.000 Euro erhältlich. Sofern es Apple schafft, mit solchen Promo-Aktionen in den Markt der edlen Zeitmesser vorzudringen, könnte dies dazu führen, dass der bislang noch stärkste Kundenstamm aus China den Uhrenherstellern abtrünnig wird.
Elmar Mock, Miterfinder der Swatch-Uhr, betonte zudem in einem Interview mit der WirtschaftsWoche – und das deuteten schon die Ergebnisse der Responsio-Umfrage an – , dass vor allem im mittleren Preissegment mit Tissot, Festina, Fossil, Seiko oder Citizen eine Eiszeit von zwei bis drei Jahren anbrechen könnte. Zu rechnen sei seiner Ansicht nach mit einem Rückgang von zehn Prozent bei Uhren der Preisklasse von 500 bis 1.000 Franken.
Inwiefern sich diese Befürchtungen bewahrheiten könnten, bleibt abzuwarten. Zunächst muss die Apple Watch überhaupt zu einem echten Verkaufserfolg werden. Davon hängt nämlich die Entwicklung im bisher schwächelnden Smartwatch-Markt mit den direkten Apple-Rivalen wie Samsung Electronics, Sony, LG Electronics und Motorola ab. Dies dokumentierte eine Studie von Canalys bereits im Februar. Demnach konnten von den Android-Wear Smartwatches dieser Hersteller nur insgesamt 720.000 Exemplare weltweit im Jahr 2014 verkauft werden. Wie die IHS-Studie darlegt, kann der Durchbruch der Apple Watch verhindern, dass Smartwatches frühzeitig zu einem Auslaufmodell werden. Die beiden anderen Ausführungen Apple Watch und Apple Watch Sport sind seit dem offiziellen Verkaufsstart im April je nach Modell in einer Preisspanne von 399 bis 1.249 Euro zu haben.