Gebrauchtwagenkauf: Hat der Händler ein Rücktrittsrecht?

Auch wer als Privatperson sein Fahrzeug an einen Autohändler verkauft, muss korrekte Angaben über etwaige Unfälle machen. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Händler die Möglichkeit hatte, das Kfz selbst zu begutachten, entschied nun das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem aktuellen Fall.
Unbekannter Unfallschaden./h4>
Ein Mann hatte seinen gebrauchten Nissan Juke über das Internet einem Autohändler angeboten. Bei der Abholung des Fahrzeugs unterschrieben beide den Kaufvertrag, wonach das Fahrzeug unfallfrei sei und ohne Nachlackierungen sein sollte. Nur ein winziger Kratzer an der Tür wurde als vorhandener Mangel angegeben.
Später stellte sich heraus, dass der Wagen wohl doch einen erheblichen Unfall gehabt hatte. Das war dem privaten Verkäufer wohl selbst nicht bekannt gewesen – er war schließlich nicht der erste Fahrzeugeigentümer. Außerdem meinte er, der ankaufende Händler hätte den Nissan ja selbst untersucht und dabei hätten dem Profi etwaige Mängel auffallen müssen.
Der Händler aber bestand auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages – kurz gesagt, er wollte das Auto an den Privatverkäufer zurückgeben und sein Geld wiederhaben. Ob er das tatsächlich verlangen kann oder nicht, musste daraufhin das OLG Hamm entscheiden.
Fahrzeug mit Mängeln
Laut einem vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten hatte das verkaufte Auto einen unfachmännisch reparierten Unfallschaden. Es wurden Passungenauigkeiten und unterschiedliche Lackdichten festgestellt, die auf eine Nachlackierung schließen ließen. Außerdem war das Fahrzeug laut Gutachten wegen Mängeln an der Karosserie gar nicht verkehrssicher.
Damit entsprach es nicht der Beschreibung im Kaufvertrag, die einen unfallfeien Wagen versprach. Eine vollständige Beseitigung der Mängel war nicht möglich, denn schließlich lässt sich ein Unfall nicht mehr ungeschehen machen. Selbst wenn das Fahrzeug repariert und wieder verkehrstüchtig gemacht würde, so bliebe es doch immer ein Unfallwagen, der im Zweifel einfach weniger wert ist.
Sichtkontrolle durch den Händler
Nun stellte sich allerdings noch die Frage, ob der Käufer den Zustand des Fahrzeugs nicht gekannt hat oder zumindest hätte kennen müssen. Dann nämlich wäre sein Rücktrittsrecht unter Umständen ausgeschlossen, denn wer einen Mangel kennt und den Kaufvertrag trotzdem abschließt, kann hinterher nicht deswegen zurücktreten. Immerhin hatte der ankaufende Fahrzeughändler hier die Möglichkeit gehabt, das Auto vor dem Kauf selbst zu begutachten.
Tatsächlich wurde der Wagen bei der Abholung aber nur einer oberflächlichen Sichtprüfung unterzogen. Auf diese Weise konnten die vorhandenen Mängel selbst von einem Fachmann übersehen werden, meinte der gerichtlich bestellte Gutachter. Der Abholer des Wagens war hingegen noch nicht einmal Fachmann.
Die Richter am OLG meinten, dem Käufer sei nichts vorzuwerfen. Auch wenn er gewerblicher Autohändler ist, darf er sich grundsätzlich auf die von einem privaten Verkäufer gemachten Angaben verlassen. Nur bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit hätte er das Fahrzeug eventuell genauer untersuchen müssen.
Solche Anhaltspunkte lagen hier aber nicht vor, da die Schäden laut Gutachten nicht derart offensichtlich waren. Nach dem Urteil musste der private Verkäufer den Wagen also zurücknehmen und dem Händler den erhaltenen Kaufpreis zurückzahlen.
Fazit:
Beim Gebrauchtwagenkauf wird oft geschummelt oder es werden Angaben „ins Blaue“ gemacht. Das kann den Käufer zum Rücktritt berechtigen – auch wenn er ein Autohändler und der Verkäufer eine Privatperson ist.
(OLG Hamm, Urteil v. 16.05.2017, Az.: 28 U 101/16)
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