Urlaubsabgeltung trotz bestehendem Arbeitsverhältnis möglich?
Wer regelmäßig einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, muss sich irgendwann auch mal erholen. Ansonsten kann Arbeit wortwörtlich krankmachen. Aus diesem Grund hat jeder Beschäftigte nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf Urlaub.
Wird das Arbeitsverhältnis allerdings beendet, kann der Urlaub logischerweise nicht mehr genommen werden. Er ist daher abzugelten. Doch ist eine solche Urlaubsabgeltung auch schon vorher – also während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses – möglich?
Beschäftigte ist dauerhaft arbeitsunfähig
Eine Diplom-Pharma-Ingenieurin (FH) war seit 2009 in einer Apotheke angestellt. Sie erkrankte jedoch ab Mitte 2013 und konnte ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. Weil sie ab diesem Zeitpunkt auch keinen Urlaub mehr nehmen konnte, verlangte sie im Jahr 2015 von ihrem Arbeitgeber die Abgeltung ihres (Rest)Urlaubs aus den Jahren 2013 und 2014.
Der lehnte jedoch ab – schließlich komme eine Urlaubsabgeltung nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Die Diplom-Pharma-Ingenieurin (FH) sei aber nach wie vor bei ihm angestellt. Daraufhin zog die Frau vor Gericht.
Urlaubsabgeltung – nicht bei bestehendem Arbeitsverhältnis
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg wies sämtliche Ansprüche der Angestellten ab. Sie konnte keine Urlaubsabgeltung verlangen.
Urlaub kann nicht genommen werden – was nun?
Urlaub dient der Erholung des Beschäftigten von seiner Arbeit. Er ist daher in dem Kalenderjahr zu nehmen, in dem er entstanden ist und soll nicht angesammelt werden. So muss also z. B. der Urlaub aus dem Jahr 2016 auch vollständig im Jahr 2016 genommen werden – ansonsten erlischt er, vgl. § 7 III BUrlG. Ausnahmsweise ist eine Übertragung auf die ersten drei Monate des nächsten Kalenderjahrs möglich, wenn der Beschäftigte aus betrieblichen oder personenbedingten Gründen den Urlaub nicht nehmen konnte, z. B. bei vielen Aufträgen vor Jahresende oder der Dauerkrankheit des Beschäftigten.
Übrigens: Der Urlaubsanspruch erlischt auch, wenn der Arbeitgeber spätestens nach Ablauf dieser Zeit grundlos immer noch keinen Urlaub gewährt hat. Stattdessen kann der Beschäftigte jedoch Schadenersatz verlangen – allerdings nicht in Form von Geld. Vielmehr kann er Arbeitsbefreiung in Höhe der verfallenen Urlaubstage fordern.
Urlaubsabgeltung nur bei beendetem Arbeitsverhältnis
Eine Abgeltung des Urlaubs soll in der Regel verhindert werden. Ansonsten könnten Arbeitnehmer auf die Idee kommen, ihren Urlaub nicht in natura zu nehmen, sondern lieber das Geld dafür einzustecken. Das ist aber nicht Sinn und Zweck des gesetzlich vorgeschriebenen Erholungsurlaubs. Aus diesem Grund ist eine Urlaubsabgeltung nach § 7 IV BUrlG nur möglich, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde – und der nunmehr ehemalige Arbeitgeber keinen Urlaub mehr gewähren kann.
Allerdings ist es nach § 13 I 1 BUrlG möglich, in einem Tarifvertrag eine Abgeltungsmöglichkeit für nicht genommenen Urlaub zu regeln.
Von einer solchen tarifvertraglichen Regelung war vorliegend aber nichts ersichtlich. Weil sich die Diplom-Pharma-Ingenieurin (FH) im Übrigen noch immer in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Apothekeninhaber befand, konnte sie auch keine Urlaubsabgeltung verlangen.
Daran änderte auch ihre Dauererkrankung nichts. Vielmehr gilt auch bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit, dass der Urlaubsanspruch nach spätestens 15 Monaten erlischt. Somit war ihr Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 2013 mit Ablauf des 31.03.2015 und der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2014 mit dem Ablauf des 31.03.2016 mittlerweile längst verfallen.
(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 09.06.2016, Az.: 5 Sa 2310/15)
Haben Sie Fragen zum Thema Urlaubsabgeltung? Bei anwalt.de wird Ihnen geholfen!