So überwinden Sie Ihre Ängste

Millionen Deutsche leiden unter Angsterkrankungen. Sie haben Panik vorm Fliegen, vor Fahrstühlen, vorm Reden, vor Spinnen… Was hilft, wenn die Furcht das Leben prägt?
Angst hat wohl heute jeder: Vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und sozialer Not, vor Terrorangriffen, oder viele sicherlich gerade aufgrund der Entwicklungen mit der Corona-Pandemie.
Jedoch bei einigen Menschen überschattet die Angst das ganze Leben, lähmt die Betroffenen. Dann wird Angst zur Krankheit.
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Angst – wann wird sie gefährlich?
"Angst wird zur Erkrankung, wenn der betreffende so stark darunter leidet, dass dies mehr und mehr sein ganzes Lebensgefühl prägt", so Dipl.-Psychologe Roland Freudenthal.
"Zweitens ist typisch für krankhafte Angst, dass der Betroffene dadurch in seiner Aktivität und Lebensentfaltung deutlich eingeschränkt ist." Beispiele: Wenn jemand vor einem Referat oder Vortrag, den er halten muss, Lampenfieber hat, ist das normal. Aber wenn die Furcht so groß wird, dass er sich (oft unter abenteuerlichsten Ausreden) vor der öffentlichen Rede drückt und womöglich sein Studium schmeißt, ist eine Behandlung nötig.
Welche Angstformen gibt es?
Die spektakulärste Form von Angst sind die Panikattacken. Betroffene bekommen urplötzlich eine starke Angstreaktion, die den ganzen Körper erfasst.
Sie haben echte Todesangst, bekommen Schweißausbrüche. Das Herz beginnt zu rasen, der Atem geht kurz und stoßweise, manchen Kranken wird übel. Das löst noch mehr die Ausschüttung von Angst- und Stresshormonen aus und damit Paniksymptome. Ein Teufelskreis.
Kommt man da allein wieder raus?
Alleine schaffen es die Betroffenen meist gar nicht. Zunächst tun sie das, was jeder instinktiv tun würde: Sie versuchen, die Angst auslösende Situation zu vermeiden.
Wenn die Angstattacke z.B. in einem Kaufhaus auftrat, gehen sie nicht mehr in Kaufhäuser. Aber solche Panikängste breiten sich aus: Plötzlich treten sie auch in der U-Bahn, im Park oder am Arbeitsplatz auf – und die Angst zieht weite Kreise. Im Extremfall setzt der Kranke keinen Fuß mehr vor die Tür, wissen Psychologen.
Was hilft?
"Es gibt nur einen Weg: Die Kranken müssen gemeinsam mit einem Therapeuten lernen, die Angst auszuhalten. Es geht nicht anders", weiß Roland Freudenthal.
"Ein schwieriger Weg, der aber heilsam sein kann: Auf dem Scheitelpunkt der Angst macht der Kranke eine verblüffende, aber auch befreiende Erfahrung: Die Angst verschwindet." Von allein. Denn: Angst, die man aushält, wird schwächer und löst sich schließlich auf!
Funktioniert diese Methode immer?
"Ja, dieses Prinzip, auf Angst nicht mit Vermeidung zu reagieren, gilt generell", so der Experte. "Das gilt auch bei Phobien, also Ängste, die sich gegen Situationen oder Objekte richten.
Die Betroffenen haben z.B. panische Angst vor Kleintieren wie Spinnen oder Schnecken." Rund 11 % aller Deutschen haben irgendeine Phobie. Problematisch sind allerdings sogenannte "sozialen Phobien": Die panische Angst vor einem Rendezvous, vor dem Termin beim Chef oder vor einem anderen gesellschaftlichen Empfang.
Freudenthal: "Die Angst kann so schlimm werden, dass sich die Betroffenen völlig isolieren." Hier muss in einer speziellen Psychotherapie versucht werden, den Kranken wieder sozial zu integrieren. "Das Selbstwertgefühl muss aufgebaut, Versagensängste abgebaut werden."
Aber auch hier gilt letztlich: Die gefürchtete Situation muss durchgestanden werden, nur so besteht die Chance, die Angst auf Dauer zu besiegen.
Wie heilt man Flugangst?
Auch sie ist eine Phobie, die mit ähnlichen Methoden behandelt wird. Roland Freudenthal: "Hier steht vor allem die rationale Information am Anfang, wie extrem gering das Risiko einer Flugzeugkatastrophe ist.
Der Angst-Patient muss sich aber in den Flieger trauen – nur so merkt er: Die Angst verfliegt wirklich." Viele Airlines wie z.B. Lufthansa bieten seit Jahren spezielle Anti-Flugangst-Seminare an.
Helfen Medikamente gegen Angst?
"Viele Ängste sind mit einer Depression verbunden", so Psychologe Freudenthal. Oftmals stelle sich bei genauer Untersuchung heraus, dass die Angst nur ein Begleitsymptom einer Depression war – und die das eigentliche Problem.
Dann helfen moderne Antidepressiva, die die Menge des Nervenbotenstoffs Serotonin an den Andockstellen im Gehirn erhöhen.
Vor Angst dämpfenden Medikamenten ("Tranquilizern") warnen allerdings Neurologen und Psychologen. Denn: Sie beseitigen sie Angst nicht wirklich – lässt die Wirkung der Arznei nach, kommt die Angst zurück. Und das meist stärker als je zuvor.