Oscar-Nominierungen: Die Academy ist "frustriert", die Jury empört
Die Diskussionen um die "weißen" Oscar-Nominierungen schlagen in den USA immer höhere Wellen: Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs fühlt sich "frustriert", Mitglieder der Jury sind empört - und Donald Trump ergreift das Wort. Nur Oscar-Boykott-Initiator Spike Lee ist ganz entspannt.
Seit fast einer Woche sind die Oscar-Nominierungen bekannt. Seit einer Woche ist bekannt: Nur weiße Schauspieler sind 2016 für die größten Film-Auszeichnungen der Welt im Rennen. Aber erst jetzt kommt die Lawine der Empörung so richtig ins Rollen - die Vereinigten Staaten streiten um Integration und Rassismusvorwürfe. Alleine am Mittwoch haben sich Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong'o, Academy-Geschäftsführerin Dawn Hudson und diverse Jury-Mitglieder zu Wort gemeldet - und auch Donald Trump durfte natürlich nicht fehlen. Selbst ihn schien aber der Glaube an allzu einfache Parolen zu verlassen.
Sehr ernste Worte fand vor allem Hudson: "Ich war am Boden zerstört darüber, dass alle Nominierten weiß sind. Es gibt viele Künstler anderer Hautfarben, die wirklich gute Arbeit in mehr Filme als je zuvor gesteckt haben", schreibt sie in einem Gastbeitrag für das Magazin "Hollywood Reporter". "Es fühlt sich wie ein Wendepunkt an, wie eine echte Krise." Allerdings werde der Wandel Zeit benötigen: "Es ist kulturell, es ist institutionell, es ist unsere Gesellschaft im Ganzen." Bereits am Montag hatte Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs (66) gesagt, sie sei "frustriert" über den Ausgang. Die Academy wähle "dramatische Schritte" um die Lage zu ändern.
"Ich bin mir sicher, Michael Keaton ist auch frustriert"
Während die Chefs der einflussreichen Academy also Alarm schlagen, sehen einige ihrer Juroren die Sache etwas anders. Einer der Abstimmungsteilnehmer sagte dem "Hollywood Reporter" anonym, er sei "enorm beleidigt" über Rassismusvorwürfe: "Rassenzugehörigkeit war wirklich das letzte, worüber ich bei der Wahl nachgedacht habe." Schauspielerin und Academy-Mitglied Penelope Ann Miller (52) erklärte, es habe dieses Jahr eben starke Konkurrenz gegeben. "Es gab auch viele Beiträge von weißen Leuten, die links liegen gelassen wurden; enttäuschenderweise, wie ich finde. Ich bin mir sicher, auch Michael Keaton ist frustriert."
Frustriert ist auch Lupita Nyong'o ("12 Years A Slave"). Die 32-Jährige, die 2014 als bislang letzte dunkelhäutige Mimin einen Oscar gewonnen hatte, meldete sich am Mittwoch in einem Instagram-Post zu Wort. "Ich bin enttäuscht vom Mangel an Inklusion bei den diesjährigen Academy-Award-Nominierungen", schrieb sie. Und erklärte etwas gestelzt: "Ich stehe an der Seite meiner Kollegen, die einen Wandel hin zu einer größeren Spannbreite an erzählten Geschichten und mehr Anerkennung für die Leute, die sie erzählen fordern."
Donald Trump findet keine einfache Lösung - Spike Lee geht zum Basketball
Dann trat auch noch das Unvermeidliche ein: Donald Trump (69), Milliardär und Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, mischte sich in die Debatte ein. Der sonst selten taktvolle Neu-Politiker bemühte sich laut "Us Magazine" in der TV-Sendung "Fox & Friends", den Spieß umzudrehen - fand dabei aber ungewohnt diplomatische Worte. Weiße würden schließlich auch nicht für die BET-Awards, die Preise des Senders Black Entertainment Television nominiert, mokierte sich Trump zunächst. Dass umgekehrt dunkelhäutige Schauspieler dann und wann Oscars erhielten, sei aber "großartig", sagte er weiter - "dieses Jahr ist aber kein solches Jahr. Es ist eine schwierige Situation."
Während die halben Vereinigten Staaten nach einem besonders schnellen Weg zu umfassender Integration dunkelhäutiger Mitbürger suchen, wenigstens in der Filmbranche, nimmt ein anderer die Sache nun recht locker: Spike Lee (58, "Summer Of Sam") der den ganzen Rummel mit seiner Oscar-Absage erst in Gang gebracht hatte. Er habe nie das Wort "Boykott" benutzt, stellte Lee in einem Interview mit dem Sender ABC klar. "Alles was ich gesagt habe, war, dass meine schöne Frau Tonya und ich nicht kommen werden." Ansonsten könne "jeder tun, was er will". Was er am Oscar-Abend tun will, wisse er bereits. Basketballgucken nämlich: "Ich gehe zu einem Spiel der Knicks."