Nach Stress mit Millionen-Erbe: So steht es um die Kelly Family
Mit der Kelly Family verdiente er Millionen, nach dem Tod seines Vaters stand Jimmy Kelly aber vor dem Nichts. Wie er diese Krise gemeistert hat und warum es ihn zurück auf die großen Bühnen zieht, verrät er im Interview.
In den Neunzigerjahren verdiente Jimmy Kelly (46) mit der Kelly Family Millionen. Nach dem Tod des Vaters stand er allerdings vor dem Nichts, es gab Probleme mit dem Erbe. In seiner Not kehrte Jimmy Kelly zurück zu seinen Wurzeln und zog wieder als Straßenmusiker durchs Land. In "Streetkid: Fluch und Segen, ein Kelly zu sein" (Heyne) erzählt er nun davon, wie er aus dieser persönlichen Krise heraus zu sich selbst fand. Warum es ihn jetzt mit seinen Geschwistern zurück auf die große Bühne zieht, erklärt er im Interview mit spot on news.
Die Comeback-Konzerte mit der Kelly Family stehen an, 2018 dann die Tour. Haben Sie da noch Zeit, Ihre eigenen Projekte umzusetzen?
Jimmy Kelly: Das wird tatsächlich eine Herausforderung, aber ich will nichts aufgeben. Für meine Selbstständigkeit und meinen eigenen Weg habe ich lange gearbeitet. Das möchte ich nicht verlieren. Die Kelly Family ist für mich ein Plus, aber nicht meine Basis. Ich bin zuerst einmal Vater, Ehemann, als Künstler habe ich mein Street Orchestra und meine Projekte. Ich bin entweder auf der Straße unterwegs oder auf Kleinkunstbühnen. Davon lebe ich seit etwa acht Jahren und das will ich beibehalten. Das mit der Kelly Family ist eine wunderbare Sache, aber es soll mich nicht zu sehr einsaugen.
Sie hatten nach dem Tod Ihres Vaters finanzielle Probleme und haben wieder als Straßenmusiker gearbeitet. Einige Ihrer Geschwister sorgten sich deshalb um den Ruf der Familie. Was sagen die zu dem Buch?
Jimmy Kelly: Die meisten sind schwer begeistert. Mittlerweile haben sie großen Respekt vor dem, was ich tue. Am Anfang hatten sie tatsächlich Angst, es war sicher ein ungewöhnlicher Weg, den ich gegangen bin. Ich habe mich mitten in Deutschland bloßgestellt, in einer Zeit, in der die Kelly Family einen gewissen Status und ein Image hatte. Dann haben meine Geschwister aber gemerkt, dass das Ergebnis sehr positiv ist. Ich bin auch nicht einfach auf der Straße gelandet, sondern habe mir das selbst ausgesucht. Und ich habe meine Ziele erreicht: Selbstständigkeit, Freiheit, ich habe als Künstler meine eigene Identität, bin kreativ und von niemandem abhängig. Davor haben meine Geschwister Respekt. Schließlich kommen wir genau daher, das ist der Spirit der Kelly Family.
Sie haben in den 90ern auf den ganz großen Bühnen gespielt, Stars wie Eric Clapton, Bruce Springsteen und Tina Turner kennengelernt. Wie war das am ersten Tag, als Sie danach wieder in der Fußgängerzone gesungen haben?
Jimmy Kelly: Das war wie ein wunderschöner See, der vor einem liegt und in den man reinspringen will. Erst im Wasser merkt man dann aber, wie eiskalt es ist. Die Realität holt einen ein, ein Gefühl von Panik kommt auf. Da muss man durch. Es geht auch darum, sich selbst zu entwickeln und herauszufordern und natürlich auch um Stolz.
Wie sind Sie als Mensch an dieser Zeit gewachsen?
Jimmy Kelly: Sehr. Es ist mein größter Erfolg. Rein finanziell ist es eine wunderbare Sache, ich arbeite nicht mehr als 70, höchstens mal 100 Tage im Jahr. Die restliche Zeit bin ich zu Hause. Das Materielle ist aber nicht der wichtigste Punkt, warum ich als Straßenmusiker arbeite. Es gibt keinen besseren Ort, wo man als Mensch wachsen kann. Auf der Straße ist man ständig konfrontiert mit Menschen, mit schönen und schrecklichen Dingen. Ich habe mich dadurch gefunden. Bevor ich das gemacht habe, hatte ich wohl unbewusst Angst vor Menschen, das ist weg. Ich glaube an die Menschen und denke, der Mensch ist im Kern gut. Das erfährt man, wenn man Menschen trifft und zwar nicht durch das Internet, sondern im wahren Leben.
Das Verhältnis zu Ihren Geschwistern ist nach den Erbstreitigkeiten auch wieder gut, schreiben Sie. Ist in dieser Angelegenheit alles geregelt?
Jimmy Kelly: Es ist nicht alles geregelt, aber einiges. Das ist ein komplizierter Prozess, gerade bei so einer Großfamilie, die so viel eingenommen hat. Das braucht seine Zeit und manches wird sich vielleicht auch nie klären. Ich persönlich musste irgendwann einfach loslassen, damit ich funktionieren und etwas Neues aufbauen kann. Ich habe gemerkt, dass ich als Straßenmusiker klarkomme, auch wenn ich kein Millionär bin, ich kann meine Familie ernähren. Ich muss nicht alles mögen, was mein Bruder oder meine Schwester macht, aber ich habe sie trotzdem lieb. Wir haben verschiedene Vorstellungen davon, wie wir leben wollen und diese Unterschiede sind zum Teil sehr groß. Als Kelly Family waren wir uns immer auf allen Ebenen einig: was wir essen, was wir anziehen... Heute ist das anders. Trotzdem sind es meine Geschwister, uns verbinden die Musik und ein gemeinsames Ziel.
Sie waren gerade in der TV-Show von Florian Silbereisen, die Comeback-Konzerte geben Sie in der Westfalenhalle. Warum haben Sie sich entschieden, wieder auf die ganz großen Bühnen zu gehen?
Jimmy Kelly: In erster Linie habe ich mich entschieden, mit meinen Geschwistern zusammen aufzutreten. Als die Idee aufkam, habe ich sogar vorgeschlagen, dass wir das im kleinen Rahmen machen, in Hallen mit maximal 2.000 Leuten. Wir sind ja längst nicht mehr die Größten. Meine Geschwister und die Geschäftspartner haben aber daran geglaubt, dass es auch größer geht. Ich bin nicht der Chef, sondern ein Teil des Puzzles und respektiere die Mehrheit. Das Showbusiness ist nicht meine Welt, aber diese Shows wie bei Silbereisen sind nötig, damit die Leute wissen, dass wir wieder da sind.
Wie denken Sie heute über die Zeit Mitte der 90er Jahre, als Sie ein großer Star waren?
Jimmy Kelly: Großer Erfolg ist sehr gefährlich für das Ego. Und auch jetzt fürchte ich mein Ego. Ich muss vorsichtig sein, dass ich mich nicht verliere.
Ihre Comeback-Shows waren sofort ausverkauft...
Jimmy Kelly: Ja, unglaublich! Ich habe einen meiner Brüder angerufen und gefragt, ob das ein Marketing-Gag ist. Aber es ist tatsächlich wahr - ich habe wieder was dazugelernt, offenbar verstehe ich vom Showbusiness tatsächlich sehr wenig.