Xavier Naidoo verteidigt sich gegen Rechtspopulismus-Vorwurf

Politisch bis zum Anschlag: Xavier Naidoo ist nicht nur der Begründer des deutschen Soul, sondern auch ein eigenwilliger Bürger, der die Mächtigen in diesem Land grundsätzlich in Frage stellt. Wie er dabei zu seinen nur schwer nachvollziehbaren Ansichten kommt, die ihm den Vorwurf des Rechtspopulismus, der Homophobie und des religiösen Fanatismus eingebracht haben, erklärt der 43-Jährige im Interview...
So leicht seine Texte von Nächstenliebe, Gott und der Welt zu verstehen sind, so sperrig ist seine politische Einstellung, mit der der deutsche Soul-Star Xavier Naidoo (43, "Junge") immer wieder aneckt: Er tritt mit seiner Musik bei "Rock gegen Rechts" und in der Oper von Tel Aviv auf, spricht aber auch bei einer Veranstaltung der "Reichsbürger", die behaupten das "Deutsche Reich" bestehe fort. Daraufhin wirbt die NPD mit dem Söhne-Mannheims-Mitglied - ohne Gegenwehr. Denn wer Meinungsfreiheit propagiere, müsse sie auch "anderen Leuten zugestehen", rechtfertigt sich der 43-Jährige im aktuellen Interview mit dem "stern".
"Es kümmert mich nicht, was Leute von mir denken"
Außerdem sei sein Image schon immer etwas "verdreht": "Man bezeichnete mich als homophob, als esoterischen Spinner und als religiösen Fanatiker. All das bin ich genauso wenig wie rechtspopulistisch." Als Anhänger der Theorie, dass die Terroranschläge vom 11. September 2001 eine "kontrollierte Sprengung" gewesen sein könnten, kritisiert er das Land seiner großen Soul- und Hip-Hop-Idole scharf. Aber dass die Fans sich manchmal schwertun, diesen Eskapaden zu folgen, ist Naidoo egal: "Es kümmert mich nicht, was Leute von mir denken". Und auch auf die Gefahr hin, dass sie sich von ihm distanzieren, werde er seine Überzeugungen nicht ändern: "Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, ich bin ein Wahrheitssuchender."
Mit der Narrenfreiheit des Künstlers gegen die Macht
Er sieht sich als Künstler in der Pflicht, "die Dinge beim Namen" zu nennen. Wie bei seiner erfolglosen Strafanzeige 2010 gegen den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler wegen Hochverrats: Dieser hätte die Finanzkrise ab 2007 mitverschuldet, weil Deutschland der Währungsunion ohne verfassungsrechtliche Legitimation beigetreten sei. Hauptsache: "Immer gegen die Großen. Die katholische Kirche, die Politiker, die Banker. Gegen Menschen mit Macht." Ein Advokat des kleinen Mannes? Wenn dann einer mit "ein paar schönen Autos. Alte Daimler, alte Porsche, so manchen Oldtimer."
"Deutschland ist mir einfach superwichtig"
Der vielfach preisgekrönte Musiker präsentiert dieses Jahr zum zweiten Mal als Chef-Moderator die VOX-Musikshow "Sing meinen Song", die letzte Woche in Südafrika abgedreht wurde. Der Heimat seiner Eltern und der Ort eines schrecklichen Kindheitstraumas: Mit neun Jahren sei er dort von dem 50-jährigen Gärtner seiner Tante sexuell missbraucht worden: "In dieser Sekunde wurde ich erwachsen", sagt er nach der Schilderung der Vorgänge. Auch von seiner deutschen Kindheit im Schatten rassistischer Kleinstadt-Ignoranz erzählt der Pop-Star, der im Sommer wieder die Hallen in diesem Land füllen wird. Denn Deutschland, so sagt er am Ende des Interviews, "ist mir einfach superwichtig".