Ist Prinz Harrys Interview "eine späte Abrechnung mit Prinz Charles"?
Wie steht es wirklich um das Verhältnis zwischen Prinz Harry und seinem Vater Prinz Charles? Ist das Interview eine späte Abrechnung?
"Es gibt viel aufzuarbeiten. Ich fühle mich wirklich im Stich gelassen", schildert Prinz Harry (36) sein aktuelles Verhältnis zu seinem Vater Prinz Charles (72) im Interview mit Oprah Winfrey (67).
Mitten im Megxit-Wirbel habe sein Vater sogar aufgehört, seine Anrufe entgegenzunehmen. Auch sein früher so enges Verhältnis zu seinem Bruder Prinz William (38) hat sich verändert.
"Ich liebe William sehr. Er ist mein Bruder. Wir sind zusammen durch die Hölle gegangen. Aber weißt du, wir sind auf unterschiedlichen Pfaden", führt Harry gegenüber Winfrey aus.
Die wichtigsten Aussagen aus dem Interview:
- Prinz Harry über seine Rolle:
"Ich war ein Gefangener, bis ich Meghan traf." Und weiter: "Ich war gefangen, aber ich wusste nicht, dass ich gefangen bin." - Harry über seine finanziellen Mittel:
Vater Charles hätte ihn nach dem Megxit "buchstäblich finanziell abgeschnitten". Er selbst habe sich das alles nur leisten können, weil er Geld von seiner Mutter Diana geerbt habe. - Über das Verhältnis von Harry zu Charles gibt der 36-Jährige an:
Prinz Charles habe aufgehört, Anrufe von ihm entgegenzunehmen und spreche nicht mehr mit ihm. Er fühle sich im Stich gelassen, obwohl der Thronfolger ihn doch eigentlich verstehen müsse - eine klare Anspielung auf die Turbulenzen um seine Mutter Prinzessin Diana. - Über das Geschlecht des Babys:
"Es ist ein Mädchen. Ein Junge und ein Mädchen: Was kann man mehr wollen?" - Über die weitere Familienplanung:
"Wir vier. Das ist alles. Zwei reichen", so Harry. - Meghan über ihren Gesundheitszustand:
"Ich habe überhaupt keine Lösung mehr gesehen, bin nächtelang wach gelegen und habe nur noch geweint." - Die Herzogin über ihre Verzweiflung:
"Ich wollte nicht mehr am Leben sein. Es war ein klarer, realer und beängstigender Gedanke." Und weiter: "Ich dachte, es würde die Situation für alle lösen." - Meghan über ihre Versuche, sich professionelle Hilfe zu holen:
Das britische Königshaus habe ihr professionelle Hilfe verweigert. Meghan erklärte, dass sie zu einer Institution gegangen sei und dort sich Unterstützung holen wollte. Ihr sei aber vom Hofe gesagt worden, dass dadurch das Ansehen der Königsfamilie beschädigt werden könne. - Was Meghan bereut:
"Ich bereue eine Sache: Ihnen geglaubt zu haben, als sie sagten, dass ich beschützt werde." Nur der Megxit, also der Bruch mit der Familie und der Umzug nach Los Angeles, hätten das Schlimmste verhindert. - Über Rassismus am Königshaus:
"In den Monaten als ich schwanger war, erfuhr ich, dass er keinen Titel bekommen, keine Security und, dass man Angst habe, wie dunkel seine Haut wohl sein würde..." - Meghan über ihr Verhältnis zu Kate:
Es gab im Rahmen der Vorbereitungen zur Hochzeit von ihr und Harry Meinungsverschiedenheiten über die Kleider der Brautjungfern. Englische Zeitungen berichteten damals, dass Meghan Kate sogar zum Weinen gebracht habe. "Das Gegenteil ist der Fall", berichtet Meghan nun. Kate habe sich aber entschuldigt und sie sei eine gute Person. - Meghan über Interviews:
Meghan gesteht dazu: "Ja, ich wurde zum Schweigen gebracht." Die Herzogin war während ihrer Zeit in London angeblich nicht freiwillig so ruhig. Sie sei durch den Königshof zum Schweigen gebracht worden. Es seien Lügen über sie verbreitet worden, gegen die sie sich nicht habe wehren können, sagte Meghan. - Harry über Prinzessin Diana:
"Er sei sehr "erleichtert und glücklich", dass er hier mit seiner Frau an seiner Seite sprechen könne, so Harry, weil er sich nicht vorstellen könne, wie es für seine Mutter gewesen sein musste, "diesen Prozess vor all den Jahren alleine durchlaufen zu haben". Und er fügt hinzu: "Es war unglaublich schwer für uns beide, aber zumindest hatten wir uns." - Der Prinz über seine größte Befürchtung:
"Meine größte Sorge war, dass sich die Geschichte wiederholt." Damit bezieht er sich offenbar auf seine Mutter Diana, die 1997 im Alter von 36 Jahren bei einem Autounfall in Paris starb, als sie von Paparazzi verfolgt wurde. - Der Prinz über die Beziehung zu seiner verstorbenen Mutter:
Er habe die "Anwesenheit" seiner Mutter, Prinzessin Diana, während der Probleme mit seiner Familie gespürt. Es sei so gewesen, als habe sie seine Situation kommen sehen. - Prinz Harry über das Verhältnis zu seinem Bruder:
Mit seinem Bruder William hofft Harry auf eine Versöhnung. "Zeit heilt alle Wunden, hoffentlich", sagte er. - Harry und Meghan über ihre Hochzeit:
Sie hätten bereits drei Tage vor der weltweit übertragenen Traumhochzeit im ganz privaten Kreis geheiratet, erzählte Meghan.
"Da klaffen alte Wunden auf", fasst es Royal-Expertin Mareile Höppner (43) im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news zusammen. Harry habe oft gezeigt, dass er eine eigene Haltung zu Dingen hat. "Die kritische Sicht auf den Vater hat er lange verheimlicht. Es ist eine späte Abrechnung mit Prinz Charles."
Warum sind die Fronten zwischen Prinz Harry und seinem Vater Prinz Charles so verhärtet?
Mareile Höppner: Da klaffen alte Wunden auf. Und für diese Familie scheint zu gelten, was in vielen Familien passiert. Es scheint nicht genügend gesprochen worden zu sein. Oder zumindest hat das nicht geholfen, Harry verständlich zu machen, warum sein Vater gewisse Dinge im Leben eben so entschieden hat und nicht anders. Hier spricht das verletzte Kind aus Harry, der viel zu früh seine Mutter verloren hat und wer sollte ihn da nicht verstehen? Der Vater und der Palast entschieden damals, dass der Junge hinter dem Sarg der toten Mutter vorbei an Millionen Schaulustigen laufen muss, diesen Tag beschrieb Harry schon früher als einen der schlimmsten in seinem Leben. Und das lag nicht nur am Tod der Mutter, sondern auch an der Zurschaustellung der beiden Kinder. Harry ist oftmals aus der Reihe getanzt in seinem Leben. Er hat oft gezeigt, dass er eine eigene Haltung zu Dingen hat. Die kritische Sicht auf den Vater hat er lange verheimlicht. Es ist eine späte Abrechnung mit Prinz Charles. Solche Dinge kommen eben auch in den besten Familien vor.
Auch das Verhältnis zu seinem Bruder William ist angespannt. Sie seien "auf unterschiedlichen Wegen", beschreibt es Harry. Was genau meint er damit?
Höppner: Unterschiedlicher im Lebensmodel könnten die beiden Brüder wohl nicht sein. Der eine hat sich eng an die Verpflichtung der Krone gebunden und der andere begeht gerade den öffentlichen Ausverkauf. Ein absolutes Fehlverhalten zumindest in royalen Kreisen. William weiß das. Er hat sich immer streng an diese Verpflichtung gehalten. Wie sollte er jetzt dem Kurs des Bruders folgen? Doch beide sind eng verbunden, nicht nur über ihr gemeinsames Schicksal. Ich habe sie häufiger gemeinsam erleben können und habe immer wieder echte Wärme und verbindende Gesten und Ansprachen erlebt. Aber ihre Verbindung steht vor der wohl größten Herausforderung und die Rolle der beiden so sehr unterschiedlichen Ehefrauen ist da wohl maßgeblich entscheidend. Eine Zukunft der beiden Brüder wird es wohl eher beim gemeinsamen Bier geben als beim netten Spieleabend zu viert. Dafür ist zu viel passiert.
Für Harry sind sein Vater und Bruder weiter in einem System gefangen, das er hinter sich lassen konnte ...
Höppner: Das ist die Sicht von Harry und Meghan auf die royale Welt. Aus der die beiden fliehen konnten, weil sie nicht in der royalen Thronfolge oben stehen. Prinz Charles wäre wohl auch lieber nur Bio-Landwirt als ewiger Azubi auf den Thron. Harry kritisiert hier deutlich die engen Strukturen, die diese Aufgabe an das Leben jedes einzelnen stellt. Wenn man diese Frage größer spinnt, stellt er die Monarchie als solche, wie sie heute gelebt wird, in Frage. Zwei junge Menschen, die es beurteilen können, fragen hier wie zeitgemäß diese Art von Leben noch ist. Das ist ein ganz schönes Beben. Nicht nur für die privaten Banden in dieser Familie. Sondern für die Krone als Ganzes.
Glauben Sie, Prinz Harry kann ohne seine Familie und seine Pflichten, insbesondere ohne seine militärischen Titel, abseits der Heimat überhaupt glücklich werden?
Höppner: Dieses Interview hat gezeigt, wie tief der Riss ist, der durch diese Familie geht. In der aktuellen Situation ist es wohl das Beste, dass dieses junge Paar einen ganz eigenen Weg wählt. Aber ob Hollywood da der richtige Rahmen ist? Denn das, wovor beide geflohen sind, gibt es dort zuhauf. Allerdings wird der Marktwert der beiden durch dieses Interview steigen und das kann Meghans berufliche Pläne natürlich beflügeln. Ob das dann noch mit dem Plan zu vereinbaren ist, möglichst zurückgezogen zu leben, das kann man in Frage stellen. Einen ungünstigeren Ort hätte man da wohl nicht wählen können. Außer man möchte Karriere machen und Geld verdienen.