Kieler-Woche-Tatort: Borowski und das schwache Ende
Tatort Kiel: Letzter gemeinsamer Einsatz für Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli). © NDR/Christine Schroeder
Zweimal wurde dieser Tatort nach hinten verschoben, da andere Fälle aufgrund "ihrer thematischen Aktualität", wie es vom NDR heißt, in der Programmplanung vorgezogen wurden. "Borowski und das Fest des Nordens" ist damit der letzte Fall von Sibel Kekilli in ihrer Rolle als Kommissarin Sarah Brandt. Sie hätte einen besseren Abgang verdient gehabt.
Dabei ist die Ausgangssituation durchaus vielversprechend: Zum dritten Mal basiert der Kieler "Tatort" auf einer Vorlage von Krimi-Autor Henning Mankell. Als Kulisse dient die Kieler Woche, das größte Volksfest Nordeuropas und alljährliches Highlight im Kalender jedes Kielers. Doch schon in den ersten Minuten wünscht man sich, man läge mit einem Buch auf der Couch anstatt der schrillen Tonkulisse aus dem Fernseher lauschen zu müssen. Gemütlich muss ein "Tatort" natürlich nicht immer sein, doch wird der Zuschauer eher entfremdet als verstört. Hier zeichnet sich bereits ab, woran der Film scheitert: Die Stilmittel mühen sich redlich um Tiefgang, der im Endprodukt fehlt.
Ein Tatort abseits üblicher Strukturen
Während Kiel sich mit Hochdruck auf die Eröffnung der Kieler Woche vorbereitet, ermitteln Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) im Fall einer jungen Frau, die in einer leerstehenden Wohnung tränenüberströmt und erschlagen aufgefunden wird. Der Täter scheint vor nichts zurückzuschrecken, um die Polizei abzuschütteln, auch nicht vor weiteren Morden. Während Borowski und Brandt sich dem Täter auf sehr unterschiedliche Weise nähern und sich dabei immer mehr in die Haare kriegen, ist das größte Volksfest des Nordens in vollem Gang - was einen ungeheuerlichen Verdacht in den Ermittlern weckt.
Es ist immer interessant, wenn das klassische "whodunit" aufgebrochen wird, indem sich der Zuschauer ab der ersten Minute an die Fersen des Täters heften darf. Besonders dann, wenn ein charismatischer Schauspieler wie Misel Maticevic ihn spielt. Doch der Plan von Drehbuchautor Markus Busch und Regisseur Jan Bonny, ihn als enigmatisches, unberechenbares Gegenstück zu Borowski durch Kiel wüten zu lassen, geht nicht auf. Hysterische Frauen und Leichen pflastern seinen Weg, doch bleibt die Antwort auf Borowskis Frage "Wer bist du?" in Richtung unsichtbarer Täter am Ende eine ziemlich banale: ein cholerischer Taugenichts.
Kiel-Tatort lässt die Spannung verpuffen
Aus den vielen losen Enden wird in " Borowski und das Fest des Nordens" kein griffiger Erzählstrang mehr. Der Film brodelt vor sich hin, doch alles, was droht wie eine Sprengladung hochzugehen - Emotionen, Motive, Spannungsbögen - verpufft letztendlich im Nichts. Ebenso sang- und klanglos verläuft Kekillis Abgang. Sie habe sich bewusst gegen einen großen Abschied entschieden, wie die Schauspielerin über den NDR mitteilen ließ. Man müsse eine Geschichte nicht immer auserzählen.
So ähnlich scheinen es die Macher bei "Das Fest des Nordens" gehalten zu haben. Doch der Inhalt kann mit den Bildern und der ambitionierten Erzählstruktur leider nicht mithalten. Schade, denn somit wird nicht nur Sibel Kekilli alias Sarah Brandt etwas lieblos entlassen, sondern auch die Tatort-Staffel 2016/2017 nicht mit einem Kracher beendet. Borowski-Fans werden sicherlich Einiges finden, was gut gelungen ist, der eher konservative Tatort-Fan jedoch wird bisweilen den Kopf schütteln.