Chinese fährt alle in Grund und Boden
Xiaomi setzt seine Rekordjagd auf dem Nürburgring fort. Nun fuhren die Chinesen mit einem Prototyp die drittschnellste Zeit ever auf der Nordschleife. Hier sehen Sie die Runde im Onboard-Video.
Xiaomi ist erst vor kurzer Zeit unter die Autohersteller gegangen. Doch dafür haben die Chinesen, bisher vor allem durch ihre Smartphones und Tablets bekannt, bereits ziemlich tiefe Spuren auf dem Asphalt der Nordschleife hinterlassen. Nun lassen sie mit einer Zeit aufhorchen, die keinen Rekord darstellt und dennoch extrem beeindruckt: Ein radikalisierter Prototyp des Modells SU7 Ultra umrundete die Grüne Hölle in nur 6:22.091 Minuten.
Nur echte Rennprototypen waren schneller
Das ist die drittschnellste Zeit, seit die Nürburgring GmbH derlei Rekorde offiziell erfasst. Flotter als der Xiaomi waren bislang nur der reinrassige Le-Mans-Rennwagen Porsche 919 Hybrid Evo (5:19.546 Minuten) und Volkswagens elektrischer Rekordjäger VW ID.R (6:05.336 Minuten). Hinzu kommt mit dem Porsche 956K von 1983 ein weiteres Le-Mans-Auto. Damals fuhr der unvergessene Stefan Bellof den Boliden im Abschlusstraining zum 1.000-Kilometer-Rennen in 6:11.13 Minuten zu einem Rekord, der erst 35 Jahre später von Timo Bernhard im legitimen Nachfolger unterboten wurde.
Andererseits ist der Chinese ziemlich genau sieben Sekunden schneller als der Mercedes-AMG One (6:29.090 Minuten). Dennoch behält das schwäbische Hypercar aufgrund der damals gefahrenen, komplett straßenzugelassenen Spezifikation seinen Status als schnellstes Serienauto auf der Nordschleife.
Diese ultraschnelle Runde fuhr Rennfahrer David Pittard bereits am 1. April 2025. Damit unterbot er seine bisherige, ebenfalls in einem Xiaomi SU7 Ultra Prototyp gefahrene Bestzeit (6:46.874 Minuten) vom Oktober 2024 um fast 25 Sekunden. Doch damit nicht genug der Nordschleifen-Ehren für den Xiaomi SU7 Ultra: Die Serienversion mit dem optionalen Track-Package hält inzwischen den Rekord für das schnellste Serien-Elektroauto auf der Eifel-Achterbahn – noch vor so illustren Modellen wie dem Rimac Nevera und dem Porsche Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket. Die Zeit von 7:04.957 Minuten wurde ebenfalls am 1. April erzielt, allerdings vom belgischen Rennfahrer Vincent Radermecker.
Überrollkäfig und viel Carbon
Was genau Xiaomi bei der Transformation vom Serienauto zum Prototyp geändert hat, ist nicht im Detail klar. Einige Hinweise liefert die zur Feier der fixen Nordschleifenrunde eigens aufgelegte Nürburgring Limited Edition des SU7 Ultra, mit der die elektrische Performance-Limousine in allen Bereichen nachgeschärft wird. Das geht bei der Karosserie los: Einige Anbauteile wie die Fronthaube, die nun zudem zwei Luftauslässe aufweist, Außenspiegel-Cover und Seitenschweller sowie der Heckflügel bestehen bei dieser Modellversion aus Carbon. Genau wie der großflächig geglättete Unterboden, der nur einige wenige Finnen aufweist, welche die Luftströmung kanalisieren. Dieser besitzt allerdings keine Straßenzulassung.
Noch kompromissloser ist der Xiaomi SU7 Ultra in der Nürburgring Limited Edition innen konzipiert. Er erhält Carbon-Schalensitze mit Sechspunkt-Renngurten; auch in anderen Bereichen des Cockpits kommt das Leichtbaumaterial umfassender als bisher zur Anwendung. Einen großen Effekt beim Gewicht dürfte der Verlust der Rücksitze haben, die einem Überrollkäfig aus Stahl weichen. Hinzu kommen eine exklusiv gestaltete Ambientebeleuchtung und eine Plakette, die auf den Sonderstatus des Modells hinweisen. Das wird nämlich insgesamt nur höchstens 100-mal gebaut; lediglich zehn dieser Autos entstehen im Verlauf des Modelljahres 2025.
Drei Motoren mit insgesamt 1.548 PS
Umso erstaunlicher ist die starke Nürburgring-Zeit vor dem Hintergrund, dass die fahrdynamischen Dreingaben denen des "normalen" SU7 Ultra mit Track-Package entsprechen. Das Bilstein-Evo-R-Fahrwerk mit höhenverstellbaren Stoßdämpfern stimmt ebenso überein wie die Bereifung, denn die auf 21-Zoll-Schmiedefelgen aufgezogenen Semi-Slicks vom Typ Pirelli P Zero Trofeo RS sind für das etwas langsamere Pendant ebenfalls erhältlich. Die High-Performance-Bremsbeläge, die aus Kohlefaser gefertigten Radlaufverbreiterungen hinten und das Carbon-Dach übernimmt die Nürburgring Limited Edition ebenfalls vom Track-Package-Ultra.
Unklar ist, ob Xiaomi vor dem Rekordversuch an der Leistungsschraube des SU7 Ultra gedreht hatte. Im Serienzustand verfügt das Modell über ein dreimotoriges Antriebs-Layout, das vorn auf einen und hinten auf zwei E-Maschinen setzt sowie in Kombination 1.548 PS bereitstellt. Die Qilin-2.0-LFP-Batterie von CATL liefert die nötige Energie. Und damit der Xiaomi SU7 Ultra nicht nur schnell fahren, sondern auch laden kann, verfügt er über eine 800-Volt-Architektur.
Rekordauto für nicht einmal 100.000 Euro
Preislich übertrifft die Nürburgring Limited Edition des Xiaomi SU7 Ultra die Modellbrüder deutlich. Der Hersteller bietet sie in China zum Preis von 814.900 Yuan an, was aktuell umgerechnet gut 97.000 Euro entspricht. Mit Track Package kostet die elektrische Sportlimousine nur 629.900 Yuan (etwas mehr als 75.000 Euro), wobei das Track Package als Einzeloption für 100.000 Yuan (knapp 12.000 Euro) zu haben ist. Bisher ist nicht ganz klar, ob Xiaomi die besonders sportlichen Modellversionen des SU7 Ultra auch in Europa anbieten wird – und zu welchen Preisen.