24h Nürburgring 2019 - Rennergebnis
Pierre Kaffer, Frank Stippler, Frédéric Vervisch und Dries Vanthoor bescheren Audi den fünften Gesamtsieg am Nürburgring. Porsche kontrollierte das Rennen und verbockte es sich durch eine Strafe. Viele Unfälle prägten die 24 Stunden.
Es war das klassische Ausscheidungsrennen. Ein 24-Stunden-Rennen der alten Schule. Mit Defekten, leichten und schweren Unfällen, zahlreichen Vergehen und Strafen. Ein Rennen, das eine verhältnismäßig ruhige Nacht erlebte, dafür aber einen hektischen Sonntagvormittag und einen spannenden Zieleinlauf.
Das 47. Rennen über Tag und Nacht auf der Nürburgring-Nordschleife hatte von allem etwas zu bieten. Es siegte ein Quartett, das lange unauffällig blieb, die Fehler minimierte und das größte Durchhaltevermögen hatte. Pierre Kaffer, Frank Stippler, Frédéric Vervisch und Dries Vanthoor bescherten Audi den fünften Gesamtsieg am Nürburgring.
Manthey dominiert, Phoenix-Audi gewinnt
Vergessen Sie die Balance of Performance. Sie hat das Rennen nicht entschieden. Die Einstufung der Fahrzeuge mag in diesem Jahr etwas verrutscht sein. Porsche und Mercedes mögen dadurch im Vorteil gewesen sein gegenüber Audi und BMW. „Wir haben deshalb gar nicht mit dem Sieg gerechnet. Die anderen waren schneller. Und es ist kein Geheimnis, dass unser Motor bei wärmeren Temperaturen mehr leidet. Unser Ziel waren die Top 5“, sagte Frank Stippler.
Doch am Ende des Tages kam es bei diesem 24-Stunden-Rennen, das das schnellste der Geschichte hätte werden sollen, es aber nicht wurde, nicht auf den ultimativen Speed an, sondern auf die Ausdauer. So wie früher, in einer Zeit als die Technik noch weit weg war von kugelsicher. „Kein Fahrfehler, kein Reifenschaden, kein mechanisches Problem und ein bisschen Glück. Das war der Schlüssel“ , fasste Frédéric Vervisch zusammen.
Der Manthey-Porsche von Earl Bamber, Kevin Estre, Michael Christensen und Laurens Vanthoor war vermutlich das schnellste Auto. Das Quartett führte über 16,5 Rennstunden oder 105 Runden. Estre hatte mit dem Überholmanöver des Rennens den Elfer mit der 911 an die Spitze gelenkt. Nach 5 Stunden und 16 Minuten vernaschte der Franzose mit einem tollkühnen Manöver Dirk Müller im Mercedes-AMG GT3 mit der Starnummer 2. Manche schüttelten den Kopf ob des Risikos, andere applaudierten.
Es sah nach einem souveränen Durchmarsch aus. Bis die Rennleitung drei Stunden vor Ende den Manthey-Porsche mit einer Strafe in Höhe von 5:32 Minuten belegte. In den Morgenstunden blitzten sie Laurens Vanthoor in einer 120er Zone mit 172 km/h. „ Ich habe den Flaggenposten übersehen. Dafür gibt es keine Ausrede“, erzählte ein enttäuschter Pilot. Eine halbe Stunde zuvor hatte Porsche mit dem Frikadelli-GT3 R (Startnummer 31) den Zweitplatzierten des Rennens verloren. Nach einem Reifenschaden touchierte der Elfer die Leitplanke im Karussell und rollte kurze Zeit später in der Quiddelbacher Höhe aus.
Offenes Visier bei Audi
Audi ließ seine Fahrer aufeinander los. Am Sonntagvormittag duellierten sich Christopher Haase im Land-R8 und Frank Stippler im später siegreichen Phoenix-R8. Die zwei Piloten kämpften im Zentimeterabstand, vermieden aber einen Zusammenstoß. Rund 140 Minuten vor Schluss riss ein Reifenschaden den Land-Audi aus dem Wettbewerb. Das zerfledderte Rad zerstörte unter anderem das hintere rechte Radhaus.
Der Phoenix-Audi hätte sich ohnehin im markeninternen Duell durchgesetzt. Bis zum Zeitpunkt des Ausfalls war man dem Schwesterauto etwa eine halbe Minute enteilt. In der Schlussphase profitierte Phoenix von einem späteren letzten Boxenstopp und einer damit verbundenen kürzeren Standzeit gegenüber dem Manthey-Porsche. Kevin Estre, der Fahrer des Rennens, drehte zwar noch eine schnellste Rennrunde in 8:17.745 Minuten, reizte jeden Millimeter Asphalt aus, verkürzte den Abstand, doch fand nicht mehr den Anschluss.
AMG schnell und mit Unfällen
Mercedes und BMW stolperten über die eigenen Füße. Der Black-Falcon-AMG GT3 mit der Startnummer 2, der von Pole-Position gestartet war, führte in den ersten fünf Rennstunden. Adam Christodoulou, Maro Engel, Manuel Metzger und Dirk Müller fanden über sieben Stunden die richtige Mischung aus Attacke und Zurückhaltung. Bis zur 50. Runde, als sie das Rennglück verließ.
In der ersten Kurve der Grand-Prix-Strecke kollidierte Christodoulou mit dem Toyota GR Supra (Startnummer 90). Der Mercedes-Pilot war auf der Innenspur, als Uwe Kleen in ihn hineinlenkte. Der Zusammenstoß beschädigte dem GT3-AMG die Lenkung. Dahin waren sie die Siegchancen.
In aussichtsreicher Position stolperte der HTP-Mercedes (Startnummer 48) am Sonntagvormittag. Raffaele Marciello war in der Dunlop-Kehre mit einem Porsche Cayman zusammengerumpelt. Wenig später krachte der Mercedes im Streckenbereich Hohe Acht in die Leitplanken. Was nach einem Fahrfehler aussah, war das Resultat einer angeschlagenen Lenkung. „Als ich über den Randstein innen gefahren bin, machte es einfach Klack“, berichtete Götz. Er landete auf der anderen Seite in der Streckenbegrenzung.
Es sollte nicht der letzte Unfall eines AMG bleiben. Zweieinhalb Stunden vor Rennende verlor Nico Bastian sein Auto im Streckenabschnitt Eschbach. In der Rechtskurve entgleiste der AMG GT3 und endete im Grünbereich. Das Auto mit der Startnummer 6 hätte womöglich um den Sieg kämpfen können in der Schlussphase.
BMW früh raus
BMW erlebte nach Le Mans das nächste Debakel. Schon nach viereinhalb Stunden hatten sich alle Hoffnungen auf ein gutes Rennergebnis zerschlagen. Zu diesem frühen Zeitpunkt kurvte nur noch der Falken-BMW um die Nürburgring-Nordschleife, der zur Ehrenrettung Sechster wurde.
Rowe beklagte einen kaputten vorderen rechten Radträger (Startnummer 99) und einen ramponierten Kühler (Startnummer 98) in Folge eines Auffahrunfalls. Das Schnitzer-Auto wurde in einen Zusammenprall in Brünnchen verwickelt. Die Sonne irritierte Hyundai-Fahrer Andreas Gülden, der in seinem i30 deshalb Timo Scheider auf seiner Seite übersah. Das schwarze Pferd des Rennes, der Walkenhorst-BMW mit den schwer einzuschätzenden Yokohama-Reifen (Startnummer 101), beraubte sich mit einem Unfall in Breidscheid aller Chancen. Das Auto war auf seiner eigenen Kühlflüssigkeit ausgerutscht.
BMW muss weiter seit 2010 auf seinen 20. Gesamtsieg am Nürburgring warten. Nach einem Rennen voller Nackenschläge werden in der Konzernzentrale und bei den Einsatzteams erst einmal die Wunden geleckt.
Ein paar schwere Unfälle
Bis kurz nach Mitternacht war Glickenhaus auf dem Weg zu einem Überraschungscoup. Bis ein Fahrfehler die Frontpartie des SCG003c kostete und ein Reparaturstopp von 16 Minuten das Team um zwei Runden zurückwarf.
Die Nordschleife erlebte ein paar heikle Momente. Am frühen Samstagabend fackelte der Ferrari 488 GT3 von Octane 126 auf der Grand-Prix-Strecke ab. Um kurz vor 22 Uhr krachte ein Porsche Cayman S (Startnummer 135) dem Nissan GT-R Nismo GT3 (Startnummer 38) in einer Gelbphase mit voller Wucht ins Heck und überschlug sich auf der Döttinger Höhe.
Für den Schreckmoment des Rennens sorgte Martin Pischinger*. Der Pilot überschlug sich ausgangs Fuchsröhre in seinem Seat Cupra TCR und landete kopfüber hinter der Leitplanke. Die Organisation meldete, Pischinger sei eigenständig aus seinem völlig ramponierten Auto geklettert und ansprechbar gewesen. Die Ärzte diagnostizierten eine gebrochene Hand und brachten den Unglücksfahrer zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus.
*in einer früheren Version hatten wir geschrieben, der Unfallfahrer sei Benedikt Gentgen gewesen. Dies bitten wir zu entschuldigen.