Motorrad-Mann wird Formel-1-Renndirektor
Alpine baut seine Führungsmannschaft um: Der französische Rennstall verpflichtet Davide Brivio als neuen Renndirektor. Der Italiener war zuvor mehr als 20 Jahre in der MotoGP tätig. Brivio gilt als einer, der effizient wirtschaftet. Das Experiment könnte unter dem neuen Budget Cap aufgehen.
Alpine vollzieht eine große Personalrochade rund zwei Monate vor dem geplanten Saisonstart der Formel 1. Team- und Sportchef Cyril Abiteboul nimmt seinen Hut. Der Pariser hatte den Wiedereinstieg von Renault als Werksteam 2016 vorbereitet und den Rennstall aus Enstone seither geleitet. Doch mit der Umbenennung des Rennstalls ist er seinen Posten los. Konzernchef Luca de Meo, seit letztem Jahr Oberhaupt der Alpine.Mutter Renault, verteilt die Last auf andere Schultern.
De Meo wildert dabei nicht bei anderen Teams, sondern holt einen Mann, der zuvor mehr als 20 Jahre in der Motorrad-Weltmeisterschaft aktiv war. Davide Brivio wechselt die Branche. Von der MotoGP in die Formel 1. Von zwei auf vier Räder. Der Italiener bekleidet künftig die Rolle als Renndirektor bei Alpine. Er wird an den neuen CEO der Marke, Laurent Rossi, berichten, der wiederum de Meo unterrichtet.
Quereinsteiger Brivio
Alpine machte Brivios Verpflichtung in einer zehnzeiligen Mitteilung publik. Seine genaue Rolle und seine Verantwortlichkeiten werde man in den kommenden Wochen bekanntgeben. Es macht ein bisschen den Eindruck, als ob die Franzosen selbst noch nicht so genau wissen, wer welche Aufgaben in der Führungsmannschaft übernimmt.
Auch über der Rolle von Technikchef Marcin Budkowski schweben Fragezeichen. Gerüchte bringen ihn als Nachfolger von Abiteboul als neuen Alpine.Teamchef ins Spiel. Die Personalie würde durchaus Sinn ergeben. Budkowski ist als ehemaliger FIA-Technikdirektor bestens in der Szene verdrahtet.
Brivio hingegen ist ein Quereinsteiger. Nicht zum ersten Mal. Der gelernte Programmierer wechselte 1989 in den Motorrad-Sport. Dort baute er sich ein Netzwerk auf. Das wird er auch in der Formel 1 tun müssen. Da macht eine Management-Aufgabe im Hintergrund mehr Sinn. Vor allem, wenn man sich Brivios Vita vor Augen hält. Der Italiener ist einer, der ein Unternehmen auf Effizienz trimmen kann. Das hat er als Teammanager bei Suzuki unter Beweis gestellt.
Mastermind der Vermarktung
Brivio übernahm 2012 die Verantwortung bei der japanischen Marke. Der Mailänder baute das MotoGP auf, und trieb es mit vergleichsweise geringem Budgets zu einer Weltmeistermannschaft. 2020 gewann Suzuki mit Fahrer Joan Mir den WM-Titel. Es heißt, Suzuki gebe im Jahr etwa die Hälfte dessen aus, was Werke wie Honda oder Ducati in die MotoGP investieren. Brivio habe bei Suzuki eine Infrastruktur geschaffen, die bei der Weiterentwicklung des Motorrads zuverlässig arbeitet und aus wenig viel mache.
Offensichtlich verspricht sich Alpine von der Verpflichtung, dass Brivio dieses effiziente Arbeiten auch dem Werksrennstall beibringt. Was in Zeiten der neu eingeführten Budgetobergrenze in der Formel 1 ein Schlüssel zum Erfolg wäre. Mittel- und langfristig wird in der Formel 1 der gewinnen, der die eingeschränkten Geldmittel am sinnvollsten einsetzt.
Wegbegleiter beschreiben Brivio als einen Mann, der es versteht, ein Rennteam zusammenzustellen. Als einen, der die richtigen Personen auf die richtigen Positionen setzt. Keiner, der intern Angst schürt, sondern einer, der aus einer freundschaftlichen Atmosphäre heraus arbeitet. Brivio ist ein vielseitiger Manager. Er gilt als der Kopf hinter der genialen Vermarktung von Motorrad-Superstar Valentino Rossi. Mit seinem Imperium aus Merchandise-Artikeln verdient Rossi inzwischen weit mehr als durch sein Fahrer-Salär. Die Zukunft wird zeigen, ob Brivio sein Konzept auch im Haifischbecken Formel 1 umsetzen kann.