Kupplung geht auch ohne Computer
Vier Stunden nach dem GP Deutschland flogen die beiden Alfa-Autos aus den Punkten. Sie bekamen eine Strafe, die keiner versteht. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Formel 1 viel zu kompliziert geworden ist, meint Michael Schmidt.
Die schlechte Nachricht kam um 20.52 Uhr. Da brummten die vier Sportkommissare den beiden Alfa-Piloten Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi jeweils eine 30-Sekunden-Strafe auf. Das warf sie aus den Punkterängen.
Als die FIA die Urteilsbegründung verschickte, kratzten sich selbst die Techni-interessierten Berichterstatter am Kopf. Ich werde sie jetzt nicht mit Details belästigen, denn die versteht sowieso keiner. Und damit hat die Formel 1 schon etwas falsch gemacht.
Im Prinzip geht es darum, dass die Kupplung nicht schnell genug exakt das Drehmoment an den Antrieb weiterreichte, den die Piloten über den Kupplungshebel anforderten. Eigentlich sollte diese Übertragung im Maßstab 1:1 stattfinden, ohne irgendeine von der Software gesteuerte Modulation. Damit soll die Forderung erfüllt werden, dass der Fahrer sein Auto ganz allein und ohne technische Hilfe steuern soll.
Regeln geben Technikern zu viel Spielraum
So weit so gut. Dass die Kupplung bei dieser Vorgabe des Reglements dazuzählt, ist sicher sinnvoll. Wir wollen ja, dass der Mensch den Start vollzieht und nicht der Computer. Immer wenn der Pilot das Sagen hat und nicht der Computer, entsteht ein Unterscheidungsmerkmal und ein Überraschungsfaktor. Was jeder gute Sport halt so braucht.
Und hier geht das Dilemma schon los. Die Kupplung wird bei allen von der Standardelektronik kontrolliert. Trotzdem erlaubt die FIA den Teams ein Feintuning von gewissen Parametern in gewissen Bereichen. Zum Beispiel bei einem Wetterwechsel.
Dabei darf das Einrasten der Kupplung beim Start aber nicht dahingehend verändert werden, dass sich daraus Vorteile ergeben. Innerhalb von 70 Millisekunden muss das angeforderte Drehmoment dem tatsächlichen entsprechen. Bei den beiden Alfa Romeo betrug die Zeitspanne das Dreifache oder Vierfache der Obergrenze.
Liebe Leute, was soll dieser Unfug? Es geht hier gar nicht darum, ob Alfa Romeo zu Recht oder zu Unrecht bestraft wurde. Es geht darum, warum sie die FIA solche Fallen überhaupt stellt und dann ein ungläubiges Publikum zurücklässt, das diese Vorgänge gar nicht richtig nachvollziehen kann.
Strafe für Fans nicht nachvollziehbar
Für die Zuschauer sind die beiden Alfa-Piloten ein tolles Rennen gefahren. Und dann werden sie für etwas bestraft, das wegen der unnötigen Verkomplizierung der Technik nur auf Verständnislosigkeit stößt. Wenn die Erklärung für das Urteil sechs Absätze lang und nur einem studierten Ingenieur begreifbar zu machen ist, dann ist etwas faul im System.
Wozu erlaubt man den Teams überhaupt, in die Kupplungsmimik einzugreifen? Wenn es eine Standardkupplung gäbe, die ausschließlich über eine Standard-Software in dem von der FIA gewünschten Rahmen betätigt wird, hätten wir keine Probleme. Bei einem Wetterwechsel träfe es alle gleich hart.
Und warum muss überhaupt ein Computer die Kupplung steuern? Notfalls greifen wir auf Mechanik zurück. Dann würden wir uns viel Ärger ersparen. Und wenn deshalb mal ein Motor oder ein Getriebe kaputtgeht, na und? Wir wollen doch weg von der Berechenbarkeit.
Die Formel 1 gewinnt nichts, wenn sie bei der Kupplung Wettbewerb zulässt. Das geht wirklich mit einem Standard-Ausrüster. Es weiß sowieso kein Mensch, welche Kupplung in welchem Auto ist. Es interessiert auch keinen.
Aber jetzt fragen sich alle, warum Alfa Romeo die WM-Punkte verliert. Kein Problem, wenn das Auto zu leicht, zu breit oder sonst irgendwie illegal ist. Das versteht jeder. Aber bitte kommt mir nicht irgendwelchen Kupplungsparametern, die aus dem Ruder laufen!