Killt Euro 7 wirklich Audis legendären 5-Zylinder?
Audi setzt seinen 5-Zylinder-Turbo aktuell im RS3 ein. Aber wohl nicht mehr lange, wie der Vorstandschef nun – so gut wie – bestätigte. Doch was ist der wahre Grund für das Aus?
Für Audi sind Fünfzylindermotoren ein wichtiges, weil mit viel Emotion und Tradition behaftetes Thema. Und ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Wer aktuell unbedingt ein neues Auto mit fünf Brennräumen haben möchte, hat keine andere Wahl, als zum Audi RS3 zu greifen (der auf 7.000 Exemplare limitierte und fast identisch motorisierte Cupra Formentor VZ5 ist längst ausverkauft, die Gerüchte über einen fünfzylindrigen VW Golf R haben sich als Luftnummer erwiesen). Im RS3 leistet der turbogeladene 2,5-Liter-Motor aktuell 400 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 500 Newtonmetern.
Döllners Aussage mit kleinem Hintertürchen
Doch es sieht ganz danach aus, als müssen sich Fünfzylinder-Freunde beeilen, um noch die Chance zu haben, sich einen Audi mit dem hochgeschätzten und fast schon legendären Triebwerk zuzulegen. Denn die Premiummarke aus dem VW-Konzern wird den Motor wohl bald aus dem Programm nehmen. "Nein, Stand jetzt wird der Fünfzylinder wahrscheinlich mit Euro 7 enden", sagte kein Geringerer als Audis Vorstandsboss Gernot Döllner am Rande der Münchner IAA laut "The Drive" zu australischen Medienvertretern.
Döllner hat in den Satz zwar eine kleine Hintertür eingebaut ("Stand jetzt"), doch ein derart hochrangiger Automanager würde wohl kaum eine solche Aussage treffen, wenn er sich nicht sicher wäre, dass der Motor perspektivisch tatsächlich ausläuft. Eine Audi-Sprecherin wollte sich auf konkrete Nachfrage "zu zukünftigen Technologien nicht äußern"; deshalb muss Döllners Aussage zum jetzigen Zeitpunkt noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen werden.
Ende November 2027 wäre Schluss
Vorausgesetzt, Döllners Zitat entspricht der Realität, dann ist der Zeitrahmen für das Fünfzylinder-Ende klar definiert: Ab Ende November 2027 dürfen Neuwagen in der EU nur noch dann zugelassen werden, wenn sie die Anforderungen der Euro-7-Abgasnorm erfüllen. Damit würde der RS3 in seiner jetzigen Form samt Fünfzylinder-Turbo in gut zwei Jahren aus Audis Angebot verschwinden. Das gilt offenbar ebenso für Exportmärkte, die gar nicht an die Euro-7-Vorgaben gebunden sind. Da Döllner die Aussage explizit gegenüber australischen Journalisten traf, liegt zumindest der Schluss nahe, dass für den RS3 und seinen Motor dann nicht nur in Europa, sondern global der Vorhang fällt.
Bevor es soweit ist, könnte zum Abschied aber noch eine besonders heiße RS3-Version auf den Markt kommen. Erste Erlkönig-Prototypen einer Final- oder Performance-Edition mit größeren Spoilern an Front und Heck sowie besonders sportlichen Rädern wurden bereits gesichtet. Spekulationen zufolge könnte der Fünfzylindermotor darin mit etwas mehr Leistung gesegnet sein als im Standardmodell. Er dürfte jedoch dann auch deutlich teurer sein als dieses, das derzeit mindestens 66.000 (Sportback) beziehungsweise 68.000 Euro (Limousine) kostet. Zudem ist eine Limitierung wahrscheinlich.
EU7-Anpassung? "Nicht schwierig"
Es ist übrigens nicht so, dass es technisch nicht möglich wäre, Audis Fünfzylinder an die EU7-Richtlinien anzupassen. "Nein, das ist nicht schwierig", ergänzte Döllner. Aus VW-Kreisen ist sogar zu hören, dass die Ingenieure den Motor bereits auf Einhaltung der Euro-7-Norm aktualisiert hätten. Deshalb schränkt auch Döllner ein: "Es ist eine Frage des Umfangs und der allgemeinen Marktnachfrage." Bedeutet: Audi-Modelle, die mit einem die Euro-7-Norm erfüllenden Fünfzylindermotor ausgerüstet werden könnten, würden sich derart tief in Nischensegmenten mit entsprechend geringem Absatzpotenzial befinden, dass es wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, den nötigen Aufwand zu betreiben.
Bleibt die Frage, welchen Verbrennungsmotor oder welches Antriebskonzept ein künftiger Audi RS3 erhalten beziehungsweise verfolgen würde. Etwa ein Vierzylinder-Turbo wie im VW Golf R? Döllner hält sich dazu bedeckt und sagt, dass er "nicht über die Zukunft bestimmter RS-Modelle spekulieren" möchte.
Sind die CO₂‑Flottenvorgaben der wahre Grund?
Doch erste Gedanken scheinen sie sich bei der Audi Sport GmbH in Neckarsulm darüber bereits zu machen. Die Sprecherin verweist auf die aktuellen RS-Modelle mit ihren mild hybridisierten oder komplett elektrischen (RS E-tron GT) Antrieben und sagt: "Im nächsten Schritt wird die Elektrifizierung konsequenterweise auch in die niedrigeren Segmente Einzug halten." Das soll wohl heißen: Der nächste Audi RS3 könnte mit Hybridantrieb kommen; für diesen Fall wäre die Integration eines Vierzylinder-Turbomotors die wahrscheinlichste Option. Das würde auch bei den nach 2027 sehr strengen CO₂‑Flottenvorgaben seitens der EU helfen. Hier dürfte ein elektrifizierter Vierzylinder in der Gesamtbilanz deutlich besser aussehen als ein vergleichsweise durstiger Fünfzylinder-Turbobenziner von klassischer Machart.
Hinweis: In der Fotoshow über dem Artikel stellen wir Ihnen einige weitere legendäre Autos mit Fünfzylindermotoren vor.