Durchschlafen statt Umparken

Ein Problem für viele E-Autofahrer: Sie müssen meist nach vier oder fünf Stunden aufstehen, um das Auto nachts von der Ladesäule wegzufahren. Andernfalls drohen Blockiergebühren. Nach den Berliner Stadtwerken denken nun auch andere Anbieter darüber nach, die Blockier-Regel auszusetzen.
Shell Recharge arbeitet an einer technischer Lösung. "Aktuell arbeiten wir an einer technischen Lösung, um eine sogenannte "free night shift" einzuführen", kündigt Shell-Sprecherin Cornelia Wolber für App und Ladekarte von Shell Recharge an. Voraussetzung: Der Roamingpartner oder Ladesäulenbetreiber macht mit. Shell selbst erhebt die Blockiergebühr von zehn Cent ab der 240. Minute (ähnlich wie Aral Pulse) an eigenen Ladepunkten nicht, sondern nur im Roaming. Also wenn der Strom aus konzernfremden Ladesäulen fließt. Und zahlt dabei meist sogar drauf: "Oft ist die uns berechnete Gebühr deutlich höher als das, was wir unseren Kunden in Rechnung stellen", so Wolber.
Maximal-Gebühr 12 Euro
Auf diesen Punkt weist auch Mainova hin – und hat die Gebühren deshalb wie Shell, EnBW und viele andere auch für die eigene App und Ladekarte auf 12 Euro pro Ladevorgang gedeckelt. Laut EnBW würde dieser Betrag nicht die "entgangenen Einnahmen von Ladevorgängen decken, die in dieser Zeit hätten durchgeführt werden können", so eine Sprecherin. Das EnBW-Netzwerk umfasst rund 800.000 Ladpunkte in 17 europäischen Ländern. Ab Beginn der fünften Stunde werden zehn Cent pro Minute fällig. An Gleichstrom-Ladern sind Blockiergebühren seltener, da die meisten Ladevorgänge in deutlich weniger als einer Stunde abgeschlossen sind. Gibt es sie doch, wird es meistens nach einer Dreiviertelstunde teurer.
Auch der Frankfurter Energieversorger Mainova prüft nach Auskunft einer Sprecherin "technische Möglichkeiten, künftig an seinen 640 Ladepunkten in und um Frankfurt auch zeitlich differenzierte Modelle beim Adhoc-Laden und beim Roaming anzubieten, sobald dies einheitlich umsetzbar ist." Die Berliner Stadtwerke haben ihre nächtliche Blockiergebühr zum 1. Juli abgeschafft – zumindest zwischen 20 und 6 Uhr. "Niemand möchte nachts noch mal raus, um das Auto umzuparken", heißt es in einer Erklärung. In der Hauptstadt ist es üblich, direkt mit Kreditkarte oder Paypal zu zahlen. Trotz Abschaffung berechnen die meisten Ladekartenanbieter in Berlin nach wie vor Blockiergebühren.
Ladesäulen sollen nicht als Parkplätze dienen
EnBW weist auf einen Zielkonflikt hin: "Den Kundenwunsch eine Blockiergebühr über Nacht auszusetzen, nehmen wir genauso wahr, wie den Wunsch nach verfügbaren Ladepunkten im gleichen Zeitraum." Dem Anbieter ist wichtig, dass Ladesäulen nicht als Parkplätze wahrgenommen werden. Man wolle "gewährleisten, dass Ladepunkte nach Beendigung eines Ladevorgangs für andere zur Verfügung stehen." E.ON teilt mit, zumindest an eigenen Wechselstrom-Säulen (AC) gar keine Blockiergebühr zu erheben. Bei Tesla sind es fünfzig Cent pro Minute, sobald das Auto voll ist und ein Supercharger mehr als zur Hälfte belegt ist. Sind am Supercharger alle Plätze voll, verdoppelt sich der Betrag auf einen Euro. An bestimmten Stationen wird auch zur Kasse gebeten, wer mehr als 80 Prozent SOC geladen hat (Überlastungsgebühr). Wird das Fahrzeug innerhalb von fünf Minuten entfernt, entfällt die Gebühr.
Aral pulse erhebt an den eigenen Ladesäulen keine Blockiergebühr, weder für eigene Kunden noch für andere Ladeanbieter, die ihren Kunden via Roaming Zugang zu Pulse-Säulen gewähren. "Ob andere Ladenetzanbieter ihren Kunden wiederum Blockiergebühren berechnen, können wir nicht beeinflussen", sagt ein Sprecher. Im weit verbreiteten ADAC e-Charge Tarif betrage die Blockiergebühr bei Fremdanbietern 15 Cent pro Minute. An AC-Ladepunkten wird sie ab 120 Minuten berechnet, bei DC-Ladepunkten ab 45 Minuten.