BMW X5 xDrive 30d im Test
In der vierten Generation wird der BMW X5 nochmals größer und nimmt damit den Trend der Luxus-SUV auf: immer mächtiger und selbstbewusster aufzutreten.
Wir geben zu: Der neue BMW X5 fällt schon gehörig aus dem Rahmen. Also dem Rahmen der Modelle, die wir für gewöhnlich hier für Sie testen. Er ist eigentlich zu stark und vor allem viel zu teuer – ein echtes Luxusgeschöpf jenseits aller Bescheidenheit. Aber er folgt einem Trend, den wir Ihnen hier nicht vorenthalten wollen. Dem Trend, immer mehr auffallen zu wollen. Und da dürfte er sozusagen die Pole-Position einnehmen. Denn in Sachen Aufmerksamkeitheischen überbietet die riesige Niere im Kühlergrill sogar den Plakettenschlund des Audi Q7. Jener war den X5-Designern ein Dorn im Auge.
Nun sticht BMW zurück, und das betrifft nicht nur die Beachtung der Straße. Auch die Agilitätshoheit sollte zurückerobert werden – übrigens der zweite fragwürdige Trend in der Klasse der Luxus-SUV. Denn wahrer Luxus manifestiert sich im Auto- mobilbau eher in einem betont komfortablen Fahrverhalten. Glücklicherweise beherrscht der X5 – mit Einschränkungen – beides: Er resorbiert abgeklärt Bodenwellen in den Tiefen seiner Luftfederung. Und dank Akustikglas ist er gut gegen Windgeräusche gedämmt. Zudem bettet er Fahrer und Beifahrer auf herrlich bequeme Sitze, was insgesamt für einen wirklich guten Langstreckenkomfort sorgt. Andererseits vermag er es, seinen mächtigen Leib beeindruckend behände um Kurven zu wuchten und auf Landstraßen ein erstaunlich flottes Tempo zu erzielen.
Maßhalten ist nicht unbedingt gefragt
Das klingt zunächst ausschließlich positiv; dennoch fragen Sie zu Recht, was wir mit den Einschränkungen meinen. Erstens: Wenn Sie herausragenden Fahrkomfort erwarten, dann müssen Sie tief in die Tasche greifen. Also noch viel tiefer, denn auf den Grundpreis von 69.200 Euro kommen 2.100 Euro für die Luftfederung, 1.290 Euro für die Komfortsitze und 1.010 Euro für das Akustikglas. Damit sind wir allerdings noch längst nicht auf dem Niveau des Testwagens angekommen. Um die gepriesene Handlichkeit zu spüren, dürfen Sie beim Konfigurieren die Aktivlenkung für 1250 Euro nicht vergessen. Ebenso wenig die 21-Zoll-Räder für 3.600 Euro sowie das Offroad-Paket (2.950 Euro). Oder Sie entscheiden sich gleich für das M-Sportpaket für 7.100 Euro; das beinhaltet bereits vieles, was einem Riesen-SUV wie dem X5 erst Agilität verleiht.
Und wenn Sie einen wirklich praktischen Wagen suchen, dann führt kein Weg an der dritten Sitzreihe für 2.050 Euro sowie dem Gepäckraumpaket (650 Euro) und der Anhängerkupplung (1.200 Euro) vorbei. Gut möglich, dass Ihnen bei solchen Preisen schwindelig wird. Wobei wir uns immer noch an der Oberfläche der Möglichkeiten aufhalten. Maßhalten ist bei den Luxus-SUV nicht unbedingt gefragt. Wobei die Hersteller nur anbieten, was Kunden auch tatsächlich kaufen. Insofern kann man eine gewisse Völlerei innerhalb der Preisliste kaum tadeln. Sie entspricht schlicht und einfach dem Angebot, das die aktuelle Nachfrage befriedigt.
Viele Extras zum Thema Sportlichkeit
Bemerkenswert ist, wie häufig sich das Wort Sport in der Preisliste findet, etwa in Verbindung mit Abgasanlage, Getriebe, Differenzial, Fahrwerksabstimmung und Bremse. Hinweise auf eine besonders komfortable Auslegung der Federung sucht man dagegen vergebens; dabei liegt doch die Stärke eines Dickschiffs eindeutig im Reisen. Schließlich sollte es prinzipiell der Ehrgeiz eines Oberklassewagens sein, seine Fahrgäste gegen jegliche Beschwernisse abzuschotten. Was dem X5 zugegebenermaßen gelingt, sofern man die richtigen Optionen angekreuzt hat.
Dreidimensionales Vorstellungsvermögen wäre noch hilfreich, lässt sich allerdings nicht konfigurieren. Man muss es mitbringen, sofern man den Koloss durch die Stadt quetschen will. Die urbane Verdichtung samt enger Wohnstraßen und 80er-Jahre-Parkhäusern wird dem selbstbewussten Platzanspruch nämlich kaum gerecht. Bei reinen Stadtfahrten wird sich auch kaum der von uns ermittelte Durchschnittsverbrauch von 9,2 Litern Diesel auf 100 Kilometer erzielen lassen.
Harmonisch agierende Antriebseinheit
Wer seinen X5 auslastet, kommt auf 2,9 Tonnen Transportgewicht. Klar, dass da für den Vortrieb einige Newtonmeter gebraucht werden. 620 Nm stellt der Dreiliter-Sechszylinder-Diesel des BMW hierfür zur Verfügung und geht bei Lastanforderung engagiert zur Sache. Er zieht stämmig durch, ist drehwillig, läuft kultiviert und bildet mit dem Achtgang-Wandlergetriebe eine harmonische Einheit. Unharmonisch am Riesen-SUV ist nur sein abrupt eindrehendes Heck bei Lastwechseln – Folge einer zu ehrgeizig arbeitenden Hinterachslenkung. Möglicherweise ließe sich diese Schwäche bereits beheben, indem man auf diese Option verzichtet.