VW setzt Produktion für Golf, Tiguan und E-Autos aus
Der Volkswagen-Konzern muss in der kommenden Woche die Produktion im Stammwerk Wolfsburg und in Zwickau wegen Chip-Mangels aussetzen. Betroffen sein werden zwei Verbrenner-Bestseller und die ersten E-Autos.
Nach Informationen der "Bild" wird die Fertigung des Golf am Mittwoch (29.10.2025) gestoppt. Kurz darauf folgt der Tiguan. Grund ist der Ausfall von Halbleiterlieferungen des niederländisch-chinesischen Herstellers Nexperia, dessen Chips für zentrale Fahrzeugsysteme benötigt werden.
Laut drei mit den Planungen vertrauten Personen bereitet das Management bereits einen schrittweisen Produktionsstopp in weiteren Werken vor. In Wolfsburg werden neben Golf und Tiguan auch Touran und Tayron gebaut. Während der Konzern am Dienstag (21.10.) noch betonte, die Bänder liefen weiter, heißt es inzwischen, dass die Fertigung "kurzfristig" beeinträchtigt werden könne. In einem internen Schreiben an die Beschäftigten warnte das Unternehmen vor einer "dynamischen Lage", die zu kurzfristigen Produktionsausfällen führen könne.
Als weitere Maßnahme soll das Werk in Zwickau, in dem derzeit rund 9.200 Beschäftigte arbeiten, ab dem kommenden Mittwoch in Kurzarbeit gehen. Dies wurde am Dienstag unter anderem bei einer Belegschaftsversammlung im Werk bekanntgegeben. Nach Angaben von Anwesenden reagierten viele Mitarbeiter mit Unmutsbekundungen, es kam zu lautstarken Wortgefechten zwischen Belegschaft und Werksleitung.
Im Zwickauer Volkswagen-Werk werden die Modelle VW ID.3, ID.4 und ID.5 sowie der Audi Q4 E-Tron, der Q4 Sportback E-Tron und der Cupra Born produziert.
Ursache: Fehlende Chips aus China
Der Produktionsstopp geht auf einen Lieferausfall von Nexperia-Chips zurück. Das Unternehmen mit Sitz im niederländischen Nijmegen steht im Zentrum eines Handelskonflikts zwischen China und den USA. Auf Druck der US-Regierung hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen, um den Einfluss des chinesischen Eigentümers Wingtech Technology zu begrenzen. Peking reagierte darauf mit einem Exportverbot für bestimmte Chips.
Ein Großteil dieser Halbleiter wird in China gefertigt. Da alternative Lieferanten fehlen und Ersatzchips erst getestet und zertifiziert werden müssten, verfügt Volkswagen derzeit über keine kurzfristige Lösung. Die betroffenen Bauteile werden für elektronische Steuer- und Sicherheitssysteme in den Fahrzeugen benötigt.
Auswirkungen auf Werke und Beschäftigte
Nach Informationen der "Bild" bereitet Volkswagen einen Fahrplan für den Stillstand vor. Dieser orientiert sich an der wirtschaftlichen Bedeutung der Modelle. Zunächst sollen Fabriken der Kernmarke VW betroffen sein, später auch Werke von Audi, Seat/Cupra und weiteren Konzernmarken.
Die Bestände an Halbleitern in Wolfsburg schrumpfen demnach rasch. Sollte sich die Lage nicht verbessern, werden auch die Werke in Emden, Hannover und Zwickau stillstehen. Lediglich die Produktion in Osnabrück soll vorerst fortgesetzt werden. Laut Konzernkreisen führt Volkswagen bereits Gespräche mit den Arbeitsagenturen über die Einführung von Kurzarbeit.
Von den Produktionsausfällen könnten letztlich zehntausende Beschäftigte betroffen sein. Der Konzern hatte zuvor versucht, die Fertigung mit internen Vorräten aufrechtzuerhalten, sieht sich nun aber gezwungen, einzelne Produktionslinien zu stoppen.
VW in der finanziellen Anspannung
Die Krise trifft Europas größten Autohersteller in einer wirtschaftlich angespannten Phase. Nach Angaben der "Bild" fehlen Volkswagen derzeit rund elf Milliarden Euro, um geplante Investitionen für das kommende Jahr zu finanzieren. Einen Teil dieser Summe wollte Konzernchef Oliver Blume über höhere Verkaufszahlen decken.
Durch den Chipmangel wird dieses Ziel zunehmend unrealistisch. "Wir wissen nicht, wann Nexperia wieder liefern wird", wird ein Manager aus dem Konzernumfeld zitiert. Der Ausfall der Halbleiter gefährdet damit zentrale Produktions- und Absatzplanungen. Volkswagen musste zuletzt in der Corona-Pandemie wegen Halbleitermangel die Produktion umstellen: Im Jahr 2021 waren beispielsweise Golf und ID.3 nicht bestellbar.
Auswirkungen auf die gesamte Branche
Laut "Bild" beobachten auch andere Hersteller wie BMW und Mercedes die Entwicklung aufmerksam. Noch laufen dort die Bänder, doch sollte die Knappheit anhalten, könnte sich der Engpass schnell auf die gesamte Branche ausweiten. Da Halbleiter wie die von Nexperia auch in anderen Industriezweigen verbaut werden, droht eine erneute Lieferkettenkrise.
Der VW-Konzern hatte sich nach der Chipflaute der Jahre 2021 bis 2023 nur langsam von den Engpässen erholt. Die aktuelle Situation verdeutlicht erneut, wie abhängig die europäische Autoindustrie von wenigen globalen Zulieferern bleibt.
In der Fotoshow sehen Sie den VW Golf GTI Edition 50.