Wird Porsche zum Batterie-Zell-Hersteller?
Batteriespezialist Customcells steigt aus dem Joint-Venture Cellforce aus. Porsche übernimmt die Anteile im Gemeinschaftsunternehmen offenbar selbst und wird so zum Zell-Hersteller für etwa 200.000 Autos pro Jahr.
Ohne China geht es nicht. Beim Absatz, bei der Elektronik und bei der Batterietechnik. Dass Porsche zumindest bei der Batterie eine Ausnahme bildet, hat der Sportwagenbauer bereits 2021 gezeigt, als er zusammen mit dem norddeutschen Batteriespezialisten Customcells ein Joint Venture gründete, das Hochleistungszellen für den Autobauer entwickeln und später fertigen sollte.
Cellforce-Produktionskapazität steigt auf 20 GWh
Gestartet ist das eigens gegründete Unternehmen Cellforce im schwäbischen Reutlingen-Kirchentellinsfurt nahe Tübingen mit dem Ziel, 100 Megawatt Zellkapazität zu produzieren. Das hätte für etwa 1.000 Fahrzeuge gereicht. Im Oktober 2022 war bei Cellforce bereits die Rede von einer Gigawattstunde Jahresproduktion. Mittlerweile stehen Kapazitäten für Hochleistungszellen von bis zu 20 GWh im Raum, was entsprechend für 180.000 bis 200.000 Elektroautos ausreichen würde.
Doch Cellforce ist kein Gemeinschaftsunternehmen mehr. Joint-Venture-Partner Customcells erklärt gegenüber auto motor und sport, dass man sich aus dem Unternehmen zurückgezogen habe. Der Autobauer bestätigte, dass die Porsche AG die Anteile der Customcells Holding GmbH übernommen habe und seit dem 16. Mai Alleineigentümer der Cellforce Group sei. "Ziel ist es, mittelfristig den Zellherstellungsprozess zu skalieren – gegebenenfalls sogar an weiteren Standorten."
Laut Manager Magazin müsse Porsche noch über eine Milliarde Euro in die Zellfabrik investieren. Die Produktion selbst solle in sehr kleinen Volumina im Frühjahr 2024 starten, die Massenfertigung in zwei bis drei Jahren beginnen. Getrennte Wege gehen Customcells und Porsche allerdings nicht. "Über ihren Venture Capital-Arm bleibt die Porsche AG als Gesellschafter bei Customcells engagiert", heißt es aus Zuffenhausen.
Batterieexperte zu klein für Milliardeninvestition
Zum Ausscheiden des einstigen Cellforce-Gründers Customcells kam es laut dem Medienbericht aufgrund der Vervielfachung der geplanten Fertigungskapazitäten und der dafür notwendigen Investitionen. Ein Unternehmenssprecher von Customcells wollte sich zu den Details noch nicht äußern. Aber auch wenn Customcells zu den weltweit führenden Batterieexperten zählt, ist anzunehmen, dass dem Unternehmen aus Itzehoe für die nötige Milliardeninvestition in das Werk in Süddeutschland das Geld fehlte, um den Joint-Venture-Anteil von 27 Prozent weiter mitzufinanzieren. Für welchen Preis Porsche die Batterieentwickler herausgekauft hat, ist nicht bekannt.
Porsche wird Zellhersteller und -lieferant
Für Porsche ist das ein großer Schritt. Denn damit macht sich der Autobauer unabhängiger von Zulieferern. So kommen beispielsweise die Zellen des Porsche Taycan vom koreanischen Batteriehersteller LG. Mit der Kapazität von 20 GWh könnte Porsche eventuell sogar Zellen an andere Autobauer liefern. Andererseits will der Sportwagenbauer 2030 seinen Elektro-Anteil beim Neuwagenabsatz auf 80 Prozent gesteigert haben. 2022 haben die Zuffenhausener fast 310.000 Fahrzeuge verkauft – 80 Prozent davon wären 248.000 Stück.
Wo genau die Hochleistungszellen aus dem Werk bei Tübingen eingesetzt werden, ist noch nicht offiziell. Am Rande der Präsentation des neuen Hypercar-Konzepts Mission X war aber zu hören, dass die Batterie nicht unbedingt aus dem Joint-Venture stamme, aber "einen vergleichbaren Hintergrund" habe. Oben in der Galerie finden Sie Bilder von der Präsentation des Hypercars, das doppelt so schnell laden soll wie der Porsche Taycan Turbo S.
Aufgrund der Menge von 20 GWh, die Cellforce künftig produzieren soll, wäre zum Beispiel denkbar, dass Porsche die Akkus für den neuen Elektro-Cayman und -Boxster einsetzt, den das Unternehmen ab 2025 auf den Markt bringen will.