Was bedeutet das für uns Autofahrer?
Das Europäische Parlament hat am Dienstag (21.10.2025) in Straßburg endgültig der Einführung eines EU-weiten Fahrverbots zugestimmt.
Damit können künftig Fahrverbote oder Führerscheinentzüge, die in einem Mitgliedstaat verhängt werden, in der gesamten Europäischen Union wirksam werden. Der Beschluss ist Teil der neuen EU-Führerscheinrichtlinie, die auch den digitalen Führerschein und neue Gewichtsklassen vorsieht.
Grenzüberschreitende Sanktionen werden vereinheitlicht
Ziel der Reform ist es, gefährliche Fahrer europaweit konsequent aus dem Verkehr zu ziehen. Bislang galt ein Fahrverbot nur in dem Land, in dem der Verstoß begangen wurde. Künftig soll verhindert werden, dass Verkehrssünder nach einem schweren Delikt in anderen EU-Staaten einfach weiterfahren können.
Nach der neuen Regelung übermittelt das Land, das ein Fahrverbot ausspricht, die Information künftig digital an das Ausstellungsland des Führerscheins. Dort wird geprüft, ob der Entzug anerkannt wird und damit EU-weit gilt. Der Datenaustausch erfolgt über das modernisierte Informationssystem EUCARIS 2.0, das Führerschein- und Verkehrsdelikte in allen Mitgliedstaaten verknüpft.
Die Behörden müssen innerhalb von zehn Tagen über den Eingang eines Fahrverbots informiert werden. Innerhalb weiterer 30 Tage entscheidet das Heimatland des Fahrers über die Anerkennung. Betroffene müssen schriftlich über den Vorgang unterrichtet werden.
Diese Verstöße führen zum EU-weiten Fahrverbot
Das neue System greift ausschließlich bei schweren Verkehrsdelikten, die europaweit einheitlich definiert sind. Dazu zählen:
- Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
- Geschwindigkeitsüberschreitungen von über 50 km/h
- fahrlässige Tötung oder schwere Körperverletzung im Straßenverkehr
- Fahrerflucht nach tödlichem Unfall
- Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis oder mit gesperrtem Führerschein
- illegale Autorennen und andere besonders gefährdende Fahrweisen
Für leichtere Verstöße – etwa Parken, Handy am Steuer oder kleinere Geschwindigkeitsüberschreitungen – bleibt die Vollstreckung wie bisher national geregelt.
Kein EU-weites Punktesystem
Ein europaweites Punktesystem nach deutschem Vorbild wird es weiterhin nicht geben. Jeder Mitgliedstaat behält seine eigenen Sanktionen und Verwarnsysteme. Einheitlich geregelt wird lediglich, bei welchen Delikten ein Fahrverbot grenzüberschreitend gilt und welche Verfahrensfristen einzuhalten sind.
Die EU hat dabei bewusst auf einen vollständigen Gleichschritt bei Bußgeldern verzichtet. Ein Verstoß in Italien oder Frankreich kann also weiterhin teurer sein als in Deutschland – die Konsequenzen für den Führerschein sind künftig aber dieselben.
Rechtsschutz und Ausnahmen
Das Heimatland kann die Anerkennung eines Fahrverbots ablehnen, wenn das ausländische Delikt im eigenen Land nicht als schwerwiegend eingestuft wird.
Diese sogenannte "Doppelbestrafungsklausel" soll sicherstellen, dass nationale Strafmaßstäbe gewahrt bleiben. Betroffene können in ihrem Heimatland Rechtsmittel einlegen.
Umsetzung bis Ende 2028
Die Regelung tritt 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben anschließend drei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht zu übernehmen, plus ein weiteres Jahr zur technischen Vorbereitung. Damit soll das System spätestens Ende 2028 europaweit funktionieren.
Der italienische Europaabgeordnete Matteo Ricci (S&D), Berichterstatter des Parlaments, erklärte nach der Abstimmung:"Ein Führerscheinentzug wegen Alkohol, Drogen oder tödlicher Unfälle darf nicht an der Grenze enden. Nur ein EU-weites Fahrverbot kann Verkehrssicherheit wirklich gewährleisten." Auch die deutsche Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus betonte "Die gegenseitige Anerkennung von Fahrverboten ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu sichereren Straßen und zur Vision Zero 2050."
Bedeutung und Autofahrer
Wer künftig in einem EU-Land den Führerschein verliert, darf in keinem anderen Mitgliedstaat mehr fahren – unabhängig davon, ob es sich um Urlaub, Geschäftsreise oder Wohnsitzwechsel handelt. Damit entfällt der bisherige "Schlupfwinkel", bei dem Fahrer mit ausländischem Führerschein trotz schwerer Verstöße weiterhin im Ausland unterwegs sein konnten.
Auch für deutsche Autofahrer gilt: Wird im Ausland ein schwerer Verstoß festgestellt, kann der Führerscheinentzug in Deutschland automatisch vollstreckt werden.
