Gelten in der EU bald die laschen US-Abgasregeln?

Die EU und die USA stehen kurz vor dem Abschluss eines Handels-Deals. In der dazugehörigen Absichtserklärung gibt es einen interessanten Passus, der viel verändern könnte.
Ende Juli hatten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump eine grundsätzliche politische Einigung über einen neuen Handels-Deal erzielt, der vom 1. September 2025 an gelten soll. Beide Seiten wollen einen "fairen, ausgewogenen und für beide Seiten vorteilhaften" Rahmen für transatlantischen Handel und transatlantische Investitionen schaffen. Seit einigen Tagen existiert dazu ein Rahmenabkommen, das einige Aussichten im Hinblick auf abgeschaffte oder reduzierte Einfuhrzölle gewährt. In Bezug auf die Autoindustrie enthält es jedoch einen weiteren interessanten Passus.
"Normen gegenseitig anwenden"
Unter Punkt 8 heißt es darin wörtlich: "Im Automobilbereich beabsichtigen die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, die Normen der jeweils anderen Seite anzuerkennen und gegenseitig anzuwenden." Die Zusammenarbeit im Bereich der Normen spiele eine entscheidende Rolle bei der Stärkung des transatlantischen Marktes. Damit ergäbe sich für die Autoindustrie eine weitere grundlegende Änderung abseits der von 27,5 auf 15 Prozent reduzierten Einfuhrzölle auf Autos, die die USA kürzlich rückwirkend zum 1. August eingeführt hatten.
Allerdings ist der Satz sehr allgemein formuliert und noch ist nicht konkret klar, um welche Normen es geht. Naheliegend sind die Vorschriften im Bereich von Sicherheits- und Emissionsstandards, die sich in den USA und in der EU teils grundlegend unterscheiden. Einige Beobachter erkennen in diesem Abschnitt des Rahmenvertrages bereits das Potenzial für "einige der größten Veränderungen, die die Automobilindustrie in diesem Jahrhundert erlebt hat", wie das Fachblatt "Automotive News" schreibt.
Große Unterschiede bei den Abgasvorschriften
Ganz grundsätzlich fragt sich, wie die Regelung im Detail ausgestaltet werden soll. Was die Sicherheit angeht, sind die Standards dies- und jenseits des Atlantiks vergleichsweise ähnlich, auch wenn die exakten Regelungen, Grenzwerte und Testverfahren Unterschiede im Detail aufweisen. Andererseits sind in den Vereinigten Staaten Autos zulassungsfähig, die in der Europäischen Union nicht offiziell auf die Straße dürfen – Stichwort Tesla Cybertruck.
Deutlich höher erscheinen die Hürden bei den Abgasvorschriften. Die EU führt mit Euro 7 Ende November 2026 (für die Typgenehmigung neuer Pkw-Modelle, ein Jahr später für alle Neuzulassungen) eine neue Abgasvorschrift ein, die im Vergleich zur Vorgängerregelung Euro 6 die Zügel etwas stärker anzieht. Dagegen gibt es in den USA Bestrebungen, CO₂-Grenzwerte komplett abzuschaffen. Die Umweltbehörde EPA will den Ausstoß von Treibhausgasen durch Autos künftig nicht mehr regulieren und dafür das "Endangerment Finding"-Programm aus dem Jahr 2009 abschaffen. Gleichzeitig kämpft die Trump-Regierung gegen die strengen Abgasnormen und das geplante Verbrennerverbot des Bundesstaates Kalifornien, der sich allerdings dagegen wehrt.
Kommen gemeinsame Normen?
Wie soll diese Diskrepanz überwunden werden? Der Text des Rahmenabkommens zwischen den USA und der EU gibt dazu dezente Hinweise. "Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten verpflichten sich, die Möglichkeiten für die technische Zusammenarbeit zwischen in der EU und den USA ansässigen Normungsorganisationen zu verbessern, mit dem Ziel, Normen für den transatlantischen Markt in Schlüsselbereichen von gemeinsamem Interesse zu ermitteln und zu entwickeln."
In Bezug auf die Autoindustrie könnte das bedeuten, dass beide Seiten künftig gemeinsame Sicherheits- und Abgasvorschriften verabschieden könnten, sich in diesen Belangen also einander annähern. Für Europa könnte das mittel- und langfristig auf etwas laschere Emissionsregelungen als heute hinauslaufen. In den USA könnte die Abschaffung der CO₂-Vorgaben dagegen eine kurze Episode sein.