Wo das Tempolimit tatsächlich endet

Viele glauben: Nach der Auffahrt oder wenn die Anzeige ausgeht, ist das Tempolimit aufgehoben. Stimmt aber nicht.
Tempolimit: Warum Deutschland beim Autobahn-Tempo allein dasteht
130 km/h in Frankreich, 120 in Italien, 100 in den Niederlanden – fast überall in Europa gelten feste Tempolimits auf Autobahnen. Nur in Deutschland dürfen Autofahrer streckenweise selbst entscheiden, wie schnell sie fahren. Doch damit nicht genug: Auch die Frage, wann ein Tempolimit endet, ist hierzulande komplizierter als anderswo.
Denn wer glaubt, eine dunkle Schilderbrücke oder eine Autobahnauffahrt hebe automatisch ein Tempolimit auf, irrt. Laut Straßenverkehrsordnung gilt die Beschränkung so lange, bis sie explizit aufgehoben wird – entweder durch Zeichen 278 (ausgegraute Zahl) oder Zeichen 282 (fünf schwarze Querstreifen). Ein Tempolimit kann auch entfallen, wenn der Gefahrenbereich – etwa eine Baustelle – objektiv erkennbar endet. Doch gerade bei variablen Anzeigen oder fehlenden Wiederholungsschildern an Auffahrten bleibt das oft unklar.
Europäisch isoliert – und rechtlich verwirrend
Der ADAC kritisiert seit Jahren diese Unsicherheit. Wer beispielsweise mit 80 km/h auf die Autobahn auffährt und kein neues Schild sieht, muss davon ausgehen, dass das Limit weiter gilt. Gleichzeitig rauschen andere Fahrzeuge mit 180 km/h vorbei – ein Sicherheitsrisiko, das sich durch eindeutige Beschilderung leicht vermeiden ließe. Viele Länder setzen deshalb auf einheitliche Regeln: In Österreich oder Frankreich bedeutet eine ausgeschaltete Anzeige, dass automatisch das nationale Tempolimit greift.
Deutschland steht mit diesem System zunehmend allein da. Während andere EU-Staaten ihre Temporegelungen vereinfachen und digital absichern, verlässt sich Deutschland weiter auf klassische Verkehrsschilder und die Eigenverantwortung der Fahrer. Der Wunsch nach individueller Freiheit auf der linken Spur hat so seinen Preis: Verwirrung, Rechtsunsicherheit und im schlimmsten Fall Unfälle, die sich vermeiden ließen.