Neue Blitzer-Regeln schützen Autofahrer
Ab dem 12. Juni 2025 gelten in Italien neue und landesweit einheitliche Vorgaben für die Nutzung von Geschwindigkeitsmessanlagen, sehr zum Vorteil für Autofahrer.
Die Verordnung, erlassen vom Ministerium für Infrastruktur und Verkehr und veröffentlicht im Amtsblatt vom 27. Mai 2024, soll nach offiziellen Angaben mehr Verkehrssicherheit, Transparenz und Fairness schaffen. Hintergrund sind jahrelange Kritik an teils zweifelhaften Blitzerstandorten und immer neuen Einnahmerekorden durch Verkehrsstrafen.
Mobile Blitzer müssen angekündigt werden
Künftig dürfen neue stationäre und mobile Blitzer (in Italien: "Autovelox") nur noch mit ausdrücklicher Genehmigung durch die Präfektur aufgestellt werden. Diese muss prüfen, ob der Standort aus Gründen der Verkehrssicherheit gerechtfertigt ist. Außerdem müssen Blitzer nun mindestens einen Kilometer vorher durch ein Verkehrsschild angekündigt werden. Auch der Einsatz an Orten mit plötzlichen und deutlich reduzierten Tempolimits wird eingeschränkt. Laut Verordnung ist der Einsatz von Autovelox künftig nur dort zulässig, wo das angeordnete Tempolimit höchstens 20 km/h unter der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit der jeweiligen Straße liegt. Auf Landstraßen mit regulär 90 km/h darf demnach bei einer Reduzierung auf 70 km/h wegen einer Gefahrenstelle oder Baustelle, weiterhin ein Blitzer aufgestellt werden. Wird das Tempolimit jedoch auf 50 km/h oder weniger gesenkt, etwa vor einer Schule oder scharfen Kurve, ist der Einsatz eines Blitzers an dieser Stelle nicht mehr erlaubt.
Zudem gelten Mindestabstände: Auf derselben Straße müssen innerorts mindestens 1 Kilometer, außerorts mindestens 4 Kilometer zwischen zwei festen Messanlagen liegen. Auch mobile Geräte unterliegen künftig strengen Vorgaben – sie müssen angekündigt, sichtbar und technisch genehmigt sein. Versteckte oder getarnte Blitzgeräte sind ausdrücklich untersagt.
Das Ministerium betont, dass es nicht um Einnahmen, sondern um Verkehrssicherheit gehe. In der Praxis dürfte die Reform jedoch auch eine Reaktion auf eine wachsende Zahl von Beschwerden und Rechtsstreitigkeiten sein – insbesondere durch ausländische Fahrer und Urlauber.
Ein extremer Fall als Symbol für die bisherige Praxis
Wie problematisch die bisherige Handhabung war, zeigt ein aktueller Fall aus dem Piemont: Der Supermarktmitarbeiter Andrea Ferretto aus Nizza Monferrato erhielt innerhalb von sechs Monaten Dutzende Bußgeldbescheide – ausgelöst durch denselben, kaum sichtbaren Blitzer auf seinem Arbeitsweg. Die Kamera war hinter einer Hecke und an einem Laternenmast installiert, unmittelbar nach einer Kurve. Die Gesamtsumme der Forderungen belief sich auf 28.000 Euro. Ferretto bestreitet nicht, zu schnell gefahren zu sein, kritisiert jedoch das System: "Die Anlage diente nicht der Verkehrssicherheit, sondern nur als Einnahmequelle", sagte er gegenüber La Stampa. Juristisch wehrt er sich nun gegen die Gesamthöhe der Forderungen.
Der Fall ist kein Einzelfall. Italien verfügt über mehr als 11.000 fest installierte Radarfallen – mehr als doppelt so viele wie Deutschland. Die Kontrolle ist lückenlos, die Strafen empfindlich, die Nachverfolgung auch über Landesgrenzen hinweg organisiert.
Rekordjahr 2024: 1,7 Milliarden Euro durch Verkehrsverstöße
Wie groß die Dimensionen sind, zeigt ein Blick in die Bilanz des Jahres 2024: Die italienischen Gemeinden nahmen durch Bußgelder über 1,7 Milliarden Euro ein – ein neuer Rekord, rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Allein Mailand verzeichnete Einnahmen von über 204 Millionen Euro, gefolgt von Rom mit 145,8 Millionen und Florenz mit 61,6 Millionen Euro.
Besonders auffällig: Auch Kleinstgemeinden mit wenigen Hundert Einwohnern erzielen teils sechsstellige Summen. So kassierte Carrodano in Ligurien mit nur 465 Einwohnern über 807.000 Euro, Colle Santa Lucia in den Dolomiten rund 671.000 Euro – jeweils durch einen einzigen Blitzerstandort.