Jaguar XE Facelift (2019) im Fahrbericht
Vier Jahre streift der Jaguar XE nun schon auf seiner Aluplattform durch die Mittelklasse. Zeit also, um die Limousine aufzufrischen – in diesem Fall sogar ganz gehörig. Beim Jaguar-Händler steht das Facelift ab Mai.
Stoßstangen, Rückleuchten, Scheinwerfer: Alt raus, Neu rein. Innen haben die Briten den Qualitätseindruck etwa mit höherwertigeren Türverkleidungen und weicheren Materialien an Mittelkonsole und Armaturenbrett aufgewertet. Rausgeflogen ist außerdem der Getriebe-Drehschalter, den nun der F-Type-Schalthebel ersetzt. Und wo das Lager gerade auf ist: bitte auch Lenkrad und Touch Pro Duo aus dem I-Pace mitbringen.
Das Duo besteht aus dem aktuellen Touchscreen-System der Marke plus einem Fünf-Zoll-Monitor darunter, auf dem Teile der Klimabedienung oder etwa die Musiksteuerung dargestellt werden kann. Ein cooles Feature sind die an den Seiten des kleinen Bildschirms montierten Drehregler, in denen hochauflösende Minidisplays sitzen. Über Ziehen und Drücken des Drehrads kann die aktuelle Funktion (Temperatur, Lüfterstärke) geändert werden. Weitere Klimafunktionen sind nur über den Touchscreen zu erreichen; das Infotainment verzichtet weiterhin auf bedienergonomisch sinnvolle Elemente wie einen Drehdrücksteller oder physische Direktwahltasten.
Als erster Jaguar hat das XE-Facelift eine induktive Ladestation für Smartphones, zudem wurde der Innenrückspiegel mit Kamerafunktion aus dem Range Rover Evoque übernommen. Der ClearSight-Spiegel ist zunächst ein herkömmlicher Spiegel, der auf Knopfdruck das Bildsignal der Dachantennenkamera darstellt. Das ist etwa dann sinnvoll, wenn die Rückbank besetzt ist oder ein größerer Blickwinkel nach hinten gebraucht wird. Allerdings wird der tatsächlich vorhandene Mehrwert vermutlich nur in den beschriebenen Situationen genutzt. Denn zum einen fokussiert das Auge die Bilddarstellung nicht übergangsfrei, wie es beim normalen Spiegel der Fall ist. Zum anderen flimmert damit ständig ein Videobild im peripheren Blickfeld.
Neu sortiertes Motorenangebot
Zur Produktpflege wurde zugleich die Motorenpalette geändert: Die V6-Benziner flogen bereits früher aus dem Programm, der Kompressor-V8 aus dem Project 8 war wegen der auf 300 Exemplare limitierten Produktion ohnehin nur eingeschränkt relevant. Jetzt verabschieden sich zudem zwei Dieselmotoren (163, 240 PS) und ein Benziner (200 PS). Die verbleibenden Zweiliter-Vierzylinder-Modelle erhalten zudem geänderte Kürzel nach dem neuen Konzernschema: der 20d heißt nun D180, aus 25t wird P250. Die 250-PS-Variante kostet nun mindestens 44.390 Euro, also 1.910 Euro mehr als zuvor.
Im Gegenzug wurde die Serienausstattung mit Extras aufgepumpt, die für das Vorfacelift-Modell ein Investment von über 4000 Euro bedeutet hätten: 18- statt 17-Zoll-Räder, LED- statt Halogenscheinwerfer, Leder- statt Stoffsitze, DAB-Radioempfang, Rückfahrkamera, Ambientebeleuchtung, Spurhalteassistent sowie Smartphone-Unterstützung via Apple CarPlay und Android Auto.
Testfahrt im Jaguar XE mit 300 PS
Los geht‘s im XE P300 R-Dynamic S in Richtung französischer Bergwelt. Unfassbar, wie grandios Straßen sein können – man muss sie halt nur über ein anständiges Gebirge laufen lassen. Zwischen Flughafen und Querdynamikspielplatz liegen dann aber doch noch einige Geradeausstrecken: Nutzen wir die doch, um alltäglichere Dinge zu besprechen.
Wenn’s um Federungskomfort geht, braucht man eigentlich ein Referenzfahrzeug oder zumindest die vertrauten Fahrbahndefekte, damit ein aussagekräftiger Eindruck zustande kommt. Doch egal, wie viele Zickzacks du dir zusammenfährst, damit auch ja keine Unebenheit unüberfahren bleibt: Federvorgänge, die als unkomfortabel zu beschreiben wären, kommen auf unserer 250-Kilometer-Route schlicht nicht vor.
Trotz der 20-Zoll-Reifen (235 vorne, 265 hinten) gibt’s kein Sitzgehoppel, kein Gerumpel, kein hartes Anfedern. Im Dynamikmodus sind die Dämpfer etwas angespannter, zusätzlich wird der recht öde Vierzylinder-Sound unaufdringlich über die Lautsprecher angefettet, die Gaspedalkennlinie angespitzt und die Lenkunterstützung reduziert. Dabei bleibt das sorgfältig abgestimmte Fahrwerk geschmeidig, zudem funktioniert es hervorragend mit dem heckbetonten Allradantrieb sowie den reichlich griffigen Pirelli P-Zero.
Saubere Fahrdynamik
Selbst hoch gewählte Einlenkgeschwindigkeiten setzt der XE sauber um, im Kurvenverlauf hält er ausdauernd eine ausgeglichene Balance. Nur wenn du durch Wechselkurven fetzt, zwackt die ausgewogene Fahrwerksabstimmung eine Ecke Präzision ab. Wenn’s den Pirellis zu bunt wird, drückt der Jaguar sanft nach außen, worüber die Lenkung rechtzeitig informiert.
Im Sportmodus lässt die Traktionskontrolle dich walten, wie du das für richtig hältst. Gleiches gilt für den manuellen Modus der treffsicheren ZF8-Automatik, die am Drehzahlbegrenzer nicht automatisch hochschaltet: Das ist bei handelsüblichen Mittelklasselimousinen genauso wenig selbstverständlich wie die außergewöhnlich hochwertigen Aluminiumschaltwippen, die für lenkradmontierte Schalter eine stattliche Größe haben. Das merkst du eben auch an solchen Details, wie wichtig den Engländern das Selbstfahren ist – und der Spaß daran.