Strompreis runter. Spritpreis rauf!
Die Autoindustrie strauchelt – wegen Corona und der Transformation zur Elektromobilität. Die Bundesregierung hilft mit viel Geld, aber mit wenig Verstand – und kaum Sinn für die CO2-Ziele.
Die sogenannte Schlüsselindustrie Deutschlands aus Autobauern und Zulieferern ist unter Druck. Zu den Auswirkungen der Pandemie, die manch andere Branche deutlich härter erwischt haben dürfte, kommt der Wandel zur Elektromobilität und die Digitalisierung, die denen, die zu lange auf Blech und Kolben fokussiert waren, besonders zu schaffen macht.
Die Politik muss ein großes Interesse am Wohlergehen der großen Arbeitgeber haben, hat sich aber gleichzeitig auf die Ziele des Pariser Klimabkommens verpflichtet und den Fokus stark auf CO2-Reduktion gerichtet. Mancher sieht da einen Zielkonflikt.
Drei Milliarden sind nicht viel
Die Bundesregierung will helfen sowie CO2-technisch vorankommen – und wirft mit Geld: Drei Milliarden Euro fließen, teils bis 2025. Gar nicht so viel, wenn man bedenkt, dass der chinesische Batteriehersteller zwei Milliarden in zwei Standorte zur Akku-Produktion im Saarland investieren wird – bis 2022.
Das Geld der Bundesregierung soll die Umweltprämie für E-Autos verlängern (bis 2025). Außerdem soll der Zombie aus der Abfederung der Finanzkrise, die Abwrackprämie, diesmal für viele neue Lkw sorgen und mehr Ladesäulen das Laden von E-Autos einfacher sowie das Fahren damit attraktiver machen. Letzteres ist sicher sinnvoll, überlässt die Bundesregierung aber einer freiwilligen Selbstverpflichtung ausgerechnet der Mineralölindustrie. Ob die der richtige Partner für "Strom-Tankstellen" ist, die letztlich dafür sorgen, dass die Benzin-Zapfstellen weniger ausgelastet sind, könnte manch einer bezweifeln.
Eine Abwrackprämie für Lkw fördert eines schon mal nicht: die Elektromobilität. Denn noch gibt es kaum elektrische Lkw, es ist nicht mal sicher, ob die überhaupt für alle Anwendungen sinnvoll ist, man denke nur an Ferntransporte.
Die E-Auto-Prämie ist für die Hersteller
Aber auch die Umweltprämie ist bei genauer Betrachtung eher Subvention für die Autobauer, denn Incentive für Autofahrer, obwohl die ja für die weite Verbreitung von E-Autos sorgen sollen. Was motiviert zum Fahren eines E-Autos? Die Kosten. Und von denen ist der Anschaffungspreis nur ein Teil. Total Cost of Ownership (TCO), also die Gesamtkosten sind das, was am Ende dem Autofahrer das Geld aus der Tasche zieht. Recht offensichtlicher Teil davon sind die Treibstoffkosten. Warum also nicht die Stromkosten für E-Autos senken? Wer zu Hause lädt – und das dürften die meisten am häufigsten nutzen – könnte für sein E-Auto doch vergünstigten Grün-Strom beziehen. Geht nicht? Bei Wärmepumpen für die Heizung schon – lange.
Und wer auf einfache und günstige Art zum Beispiel private Photovoltaik-Anlagen fördern will, müsste nur den Wahnsinn von Gewerbeanmeldung, Mehrwertsteuerrückerstattung und Gewinngegenrechnung ad acta legen – das brächte für Solaranlagen mehr Geld als die Förderung durch die Bundesländer und sparte sackweise Bürokratie.
Niedrige Strompreis helfen der Plug-in-Hybrid-Nutzung
Mit günstigem Strom könnten E-Autofahrer die ganze Zeit sparen, so wie bei den Wartungskosten, sich immer weiter absetzen von den Betriebskosten für Verbrenner. Selbst für die umstrittenen Plugin-Hybride wäre das sinnvoll – das elektrische Fahren mit dem Doppelantrieb würde erheblich attraktiver. Die Bundesregierung verlangt immerhin, dass die elektrische Reichweite förderfähiger PHEVs ab 2022 auf 60 Kilometer steigt. Klar, damit könnten die meisten Pendler klarkommen – aber Laden ist lästig und lohnt sich nur, wenn es eine spürbare Ersparnis bringt.
Billiger Strom dank teurem Sprit
Wer das dann wieder bezahlen soll? Vielleicht sogar die, die weniger elektrisch fahren – durch eine höhere Mineralölsteuer. Und bitte nicht einfach der durch die Pandemie ohnehin auf Jahrzehnte hoch verschuldete Staat. Klar, das ist politisch heikel, damit hat sich noch niemand beliebt gemacht. Vielleicht aber auch deswegen, weil es wenig Alternativen gab: Sprit war ein fester Posten im Monatsbudget der Haushalte, wenn sich der verteuert, lässt sich das schnell als Griff in die Tasche des Staatsbürgers interpretieren. Wer aber eine steuerbedingte Preiserhöhung kommen sieht und ein wenig Zeit hat, sich auf die Anschaffung eines PHEVs oder E-Autos einzustellen, könnte eher dazu bereit sein und die CO2-ärmere Technik begrüßen – vielleicht nicht überschwänglich emotional, sondern ganz nüchtern berechnend. Am Ergebnis würde das nichts ändern: Mehr elektrifizierte Autos. Wenn dadurch die Hersteller die notwendigen Preise für die neue, teurere Technik bekommen, wäre Ihnen auch geholfen.