Mercedes GLC: Nachschub für SUV-Offensive
Mit dem neuen Mittelklasse-SUV setzt Mercedes-Benz seine SUV-Offensive fort. Chefdesigner Gorden Wagener gelang ein Gegenentwurf zum Vorgänger GLK.
Zufrieden dreht sich Mercedes.Designchef Gorden Wagener um und betrachtet sein jüngstes Werk, das eben den Journalisten aus aller Welt präsentiert wurde. Der schneeweiße GLC steht auf dem Dressurviereck im Innenhof des Hotel Haras in Straßburg, das einst ein französisches Gestüt war. "Ist uns ganz gut gelungen," stellt der Mittvierziger lakonisch fest. Was er genau damit meint? Wagener erklärt: "Wir haben es geschafft, unsere emotionale Designphilosophie mit mehr Funktionalität zu kombinieren. Schließlich war der Vorgänger auch kein schlechtes Auto".
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Ein erfolgreiches dazu. Mehr als 650.000 Exemplare des GLK hat Mercedes-Benz seit 2008 an die Kundschaft gebracht. SUV-Anhänger, die dessen Ecken und Kanten liebten. Gorden Wagener und sein Team dürften sie nicht verprellt haben. Die Linien des Nachfolgers sind weicher geworden, aber nicht weichgespült. Die Eigencharakteristik blieb erhalten, was sich schon allein darin äußert, dass der GLC ein Auto für den zweiten Blick ist. Eines, bei dem die Feinheiten auffällig unauffällig sind. Für den Designer ist eine solche Wahrnehmung Indiz genug, dass er einen guten Job gemacht hat.
Erst der GLE, jetzt der GLC, im Spätherbst der GLS als Nonplusultra der jetzt schon beachtlichen SUV-Flotte bei Mercedes. Es ist das Jahr der Sport Utility Vehicles in der langen Geschichte der schwäbischen Autobauer. Natürlich hat diese Produktoffensive einen guten Grund: Weltweit sind die Geländelimousinen auf dem Vormarsch, selbst auf dem in vergangenen Jahren eher zurückhaltenden chinesischen Markt. Da wittern auch die Premiumhersteller nicht nur gute Geschäfte, sie werden schon längst getätigt. "Im ersten Quartal 2015 haben wir bei den SUVs ein Drittel mehr Kunden gewonnen," bestätigt GLC-Baureihenleiter Michael Kelz den anhaltenden Trend. Frischer Nachschub in möglichst kurzen Abständen kommt da gerade recht.
Weniger Durst, weniger Gewicht und mit Rechtslenkung
Tatsächlich könnte der neue Mercedes-Benz GLC für einen Verkaufsschub sorgen, und es ist sicherlich Kalkül, dass er erstmals auch mit Rechtslenkung angeboten wird. Das macht ihn auch für Staaten wie Großbritannien, Südafrika, Indien oder Australien interessant. Zum Marktstart freilich sind die Motorisierungen noch übersichtlich: es gibt zwei Dieselvarianten mit 170 bzw. 204 PS und einen Benziner mit 211 PS. Mit dem 350 e soll Ende des Jahres ein Plug-in-Hybrid mit einer Systemleistung von 320 PS folgen. Was alle vier Modelle an Bord haben, ist der permanente Allradantrieb, bei Mercedes als 4matic bekannt. Weitere Gemeinsamkeiten nach Angaben der Stuttgarter: der Spritdurst soll sich um 19 Prozent reduziert haben, das Gewicht dank besonderer Aluminium-Stahl-Leichtbauweise um 80 Kilogramm.
Einen abgespeckten Eindruck machte der GLC 250 4matic, mit dem wir im Elsass unterwegs waren, keineswegs. Natürlich sitzt man bei Präsentationen in Autos, in denen alles verbaut wurde, was gut und teuer ist. Tatsächlich aber gibt es beim GLC weder außen noch innen Dinge, die einen billigen Eindruck erwecken. Schon gar nicht bei den Fahreigenschaften. Ob Comfort oder Sport plus - in jedem Fahrmodus passt sich das 9G-Tronic-Getriebe den elektronisch veränderten Umständen perfekt an. Und weil bei diesem Familienfahrzeug unangebracht, fehlen bei Betätigung der Lenkradschaltpaddles die künstlich erzeugten Soundgeräusche aus dem Auspuff, auf die Sportwagenhersteller mittlerweile nicht mehr verzichten wollen.
Der GLC vermittelt Souveränität in allen Kurvenlagen, und wer dabei etwas zu optimistisch unterwegs ist, wird von der Stabilitätskontrolle energisch darauf hingewiesen, dass im Zweifelsfall die Technik mehr drauf hat als durchschnittlich menschliches Fahrvermögen. Erst recht im Gelände, wo sich in der Offroad-Stellung fünf Fahrprogramme anbieten. Mit denen erklimmt der GLC Steigungen bis 70 Prozent so fix wie ein Freeclimber die Kletterwand, und mit der voreingestellten Geschwindigkeit geht es langsam, aber sehr sicher wieder runter.
Wer dann noch erlebt, wie es bei tiefsten Mulden mit abwechselnd in der Luft schwebenden Rädern dahingeht, muss sich vor dem nächsten Picknick mit der Liebsten in freier Wildbahn keine Sorgen machen. Gut zu wissen, dass es auch jenseits des Asphalts immer weitergeht. Wiewohl die Mehrzahl der SUV-Freunde dort niemals unterwegs ist und sich gerne flott vorwärtsbewegt. Das klappt schon mit unserem Benziner wunderbar: Null auf Hundert in sportlichen 7,3 Sekunden, und völlig ausreichende 223 km/h Spitze. Was da auf uns zurollt, wenn die Sechszylinder kommen (vermutlich nicht vor 2017), oder die Sportsfreunde von AMG nachschärfen, kann man sich leicht ausmalen.
Eigentlich schade: Zwar sind mit Collision Prevention Assist Plus (Vorbeugung von Kollisionen), Attention Assist (Aufmerksamkeits-Warner), Seitenwind- und Fahrlichtassistent wichtige elektronische Unterstützer serienmäßig mit an Bord. Warum ist aber eine so wunderbare Erfindung wie der Adaptive Fernlicht Assistent Plus nur in Verbindung mit dem LED Intelligent Light System für 1.725,50 Euro erhältlich?
Mercedes schreibt dazu selbst: "Rund 20 Prozent der Gesamtfahrstrecken in Deutschland werden bei Nacht absolviert. Hierbei geschehen aber 40 Prozent aller Unfälle." Vorteil adaptives Fernlicht: Man kann mit ihm permanent fahren, ohne Vorausfahrende oder den Gegenverkehr zu blenden. Die Lichtverteilung passt sich dem Verkehr an. Soviel Sicherheit sollte einem der Aufpreis wert sein. Zumal sich zum Grundpreis ab 44.500 Euro für den GLC das eine oder andere Extra garantiert addiert.
Technische Daten Mercedes GLC 250 4matic: Länge: 4,65 Meter, Breite: 1,89 Meter, Höhe: 1,63 Meter. Radstand: 2,87 Meter, Ladevolumen: 550 bis 1.600 Liter. Motor: 2-Liter-Turbobenziner, Leistung: 211 PS, Drehmoment: 350 Nm. Neungang-Automatikgetriebe 9G-Tronic, Vmax: 223 km/h, Beschleunigung: 0 - 100 km/h: 7,3 Sek, Durchschnittsverbrauch: ca. 7 l/100 km, CO2-Ausstoß: 152-166 g/km, Effizienzklasse: B, Preis: ab 44.250 Euro