Hamilton stoppt Verstappen
Es bahnt sich ein Zweikampf der Giganten in dieser Saison an. Am Rennsonntag von Bahrain duellierten sich Mercedes und Red Bull über die Taktik und Lewis Hamilton und Max Verstappen auf der Rennstrecke. Das bessere Ende hatte der Weltmeister für sich. Hamilton zeigte einmal mehr seine Extraklasse.
In der Qualifikation dominierte Red Bull. Mit leerem Tank und maximaler Leistung des Motors entwischte Max Verstappen seinem ersten Verfolger um vier Zehntelsekunden. Doch der Grand Prix von Bahrain verdeutlichte, dass Qualifikation und Rennen zwei unterschiedliche Disziplinen in der Formel 1 sind.
Mit vollen Tanks und gedrosselter Leistung glichen sich die beiden schnellsten Autos im Feld an. Red Bulls Vorteil schwand, war aber noch in gewissen Maß vorhanden. Lewis Hamilton./span> hatte dennoch die Chance, den Saisonauftakt für sich zu entscheiden. Und er machte es. Weil er wieder einmal schnell war, als er schnell sein musste, die harten Reifen über einen Stint von 28 Runden streichelte und sein Team den Erzrivalen taktisch ausmanövrierte. An diesem Rennsonntag von Bahrain erinnerte der Weltmeister seine Kritiker daran, dass er auch Rennen gewinnen kann, wenn er nicht im schnellsten Auto sitzt. "Es bieten sich immer Gelegenheiten, den Leuten das Gegenteil zu beweisen. Heute war so ein Tag dazu", meinte der Weltmeister genüsslich.
Mercedes W12 im Rennen neutraler
Eigentlich hätten die tiefen Temperaturen von um die 20 Grad Celsius und Windböen von rund 20 km/h Red Bull weiter begünstigen müssen. Doch der Wind blies wenigstens aus einer günstigen Richtung für die Mercedes. So hatten die Fahrer über die Distanz ein berechenbareres Auto in den Händen. Im Rennen ist ohnehin eine andere Gangart gefragt. Die Fahrer müssen auf die Reifen schauen, das Auto wird mit mehr Benzin im Tank träger. "Wir wissen, dass unser Auto auf eine Runde stärker abfällt", sagte Mercedes.Teamchef Toto Wolff. "Doch im Renntempo beruhigte sich die Balance. Das Auto war wesentlich neutraler."
Das Duell der großen Titelfavoriten entzündete sich am Kommandostand und wurde auf der Rennstrecke in den letzten fünf Runden Mann gegen Mann ausgefochten. Die Mercedes.Ingenieure hatten ihren Superstar bereits in der Frühphase am Red Bull von Max Verstappen vorbeigelotst. Das Team um Chefstratege James Vowles nutzte die erste Gelegenheit zum frühen Reifen.echsel. Sie bestückten Hamiltons Auto bereits in der 13. Runde mit frischen harten Reifen.
Damit war Red Bull schon einmal in die Defensive gedrängt. Verstappens Vorsprung von 1,7 Sekunden war nicht groß genug, um mit einem unmittelbaren Konter die Führung zu halten. Man musste in Bahrain schon drei Sekunden voraus sein, um einen Undercut abzuwehren. Hamilton ermöglichte überhaupt erst den Taktikgriff, indem er dem Red Bull wie einem Schatten folgte. Verstappen haderte mit seinem Auto. Das Differential verteilte an der Hinterachse die Momente nicht so, wie er es wollte. Das kostete ihn vor allem im ersten Streckenabschnitt. Da konnte der Red Bull sein Potenzial nicht ausschöpfen.
Das Schachspiel auf der Rennstrecke setzte sich im zweiten Rennteil fort. Red Bulls Speerspitze verkürzte den Rückstand nach seinem Boxenstopp innerhalb von neun Runden von 6,6 auf zwei Sekunden. Auf den Mediumreifen pirschte sich der 23-Jährige an den Weltmeister heran. Mercedes zog die Reißleine. Zur Halbzeit wurde Hamilton zum zweiten Mal zum Reifen.ausch gerufen. Der siebenfache Titelträger fürchtete, dass der Zeitpunkt dafür zu früh war. "Ich dachte nicht, dass wir das schaffen. Ich hatte im Hinterkopf, dass mir in den letzten zehn bis 15 Runden die Reifen eingehen werden."
Verstappen eigentlich schon vorbei
Den Strategen hatten wieder einmal recht. Ihnen blieb auch keine andere Wahl. "Verstappen lag in unserem Undercut-Fenster. Wenn wir nicht gestoppt hätten, hätte es Red Bull gemacht. Dann wären wir die Spitze losgewesen", erklärte Mercedes.Teamchef Wolff. Es war eine riskante Strategie, die Hamilton aber einen großen Vorteil zuschanzte. Er musste mit einem etwas langsameren Auto vor Verstappen fahren. In Bahrain gibt es zwar lange Geraden. Doch unter fast gleichwertigen Autos ist Überholen trotzdem schwer. Es sei denn, man kann mit frischeren Reifen angreifen.
Deshalb ließ Red Bull seinen Hoffnungsträger bis zur 39. Runde auf den Mediums ausharren. Damit Verstappen im Finale mit harten Reifen, die elf Umläufe weniger auf der Lauffläche haben, Hamilton doch noch niederringen würde können. Das Mercedes.Strategieprogramm prognostizierte einen Zusammenschluss in der 51. Runde. Es sollte genau richtig liegen. Da tauchte Verstappen erstmals im DRS-Fenster Hamiltons auf. Ein Vorsprung von über acht Sekunden war aufgebraucht.
Ein kurzer Hoffnungsschimmer verpuffte. "Für einen Moment konnte ich dieselben Rundenzeiten wie Max fahren. Doch dann sind mir die Reifen zu stark eingegangen. Ich habe mich wie ein wehrloses Opfer gefühlt." Vier Umläufe vor dem Ziel schien das Rennen für Mercedes bereits verloren. Verstappen nutzte DRS und Windschatten und überholte außen herum in Kurve vier.
Hamilton wird nervös
Allerdings nicht legal. Die Rennleitung ermahnte. Red Bull reagierte. Verstappen wurde aufgefordert, den Platz wieder abzutreten. "Am Ausgang von Kurve acht kam der Funkspruch. Da machst du aber nicht Platz. Die erste Möglichkeit dazu ergab sich nach Kurve zehn. Dort habe ich den Gasfuß gelupft und Lewis wieder vorbeigelassen", berichtete der spätere Zweitplatzierte. Ein Quersteher drei Kurven später kostete den Kontakt zum neuen, alten Spitzenreiter.
Verstappens Vorteil der frischeren Reifen war aufgebraucht. Und Hamilton brachte den fünften Sieg der Karriere in Bahrain und den 96. Erfolg überhaupt ins Ziel. Der Weltmeister schwitzte auf den letzten Metern. Das Duell gegen den wilden Verstappen wühlte selbst den Rekordsieger auf. "So richtig dran geglaubt habe ich erst in der letzten Runde. Nach Turn 4 war ich in einer guten Position. Es blieben Max kaum Möglichkeiten mehr. In Kurve zehn hatte ich dann Übersteuern. In Kurve elf hat mich die Nervosität gepackt, in Kurve 13 übersteuerte das Auto wieder."
Blieb noch die leidige Diskussion über Track Limits, die die Formel 1 immer wieder einholt. Im Training und in der Qualifikation wurde den Fahrern die Runde aberkannt, wenn sie über den Randstein der vierten Kurve hinausräuberten. Im Rennen war es dagegen erlaubt, auszuholen. Dieses Mal hat Hamilton genau die Papiere der FIA studiert. "Es gab keine Ansage, die eine weitere Linie im Rennen untersagte." Red Bull rechnete vor, dass Mercedes dadurch zwei Zehntelsekunden pro Runde gewann.
Der Herausforderer fragte nach, die Rennleitung korrigierte. Kurz nach Rennhalbzeit sprach sie plötzlich Verwarnungen aus. Auch an Hamilton. "Das hat mich gewundert, mir aber nicht geschadet. Im Gegenteil. Durch die engere Linie wurde ich langsamer. Das hat die Reifen besser geschont." Dass Verstappen seinen gewonnenen Platz direkt wieder abtreten musste, daran gab es keinen Zweifel. Die Ansage hatte vor dem Rennen gelautet: Wer beim Überholen die Track Limits missachtet und dadurch eine Position gewinnt, muss sie wieder zurückgeben.